132 Zweiter Abschnitt. (8. 33.)
In Hannover können sowohl besondere wie gemeinsame Sitzungen beider städti-
schen Kollegien stattfinden. Zu letzteren werden die Bürgervorsteher vom Magistrat
durch Vermittelung ihres Wortführers berufen.! Der Bürgermeister leitet die gemein-
schaftlichen Verhandlungen und „Magistratsseitig“ wird das Protokoll geführt.) Die
Beratung ist gemeinschaftlich; es kann jedoch auf Anordnung des Vorsitzenden oder auf
Antrag des Wortführers oder auf Antrag dreier Bürgervorsteher der gemeinschaftlichen
noch eine gesonderte Beratung beider Kollegien folgen. Die Abstimmung selbst ist stets
eine gesonderte und im einzelnen der in Schleswig-Holstein analog. Ist der Beschluß
des Magistrats abweichend von dem der Bürgervorsteher und eine Einigung auch durch
eine weitere, jedoch nicht an demselben Tage vorzunehmende Verhandlung nicht zu
erwirken, so tritt auf Antrag die Entscheidung des Bezirksausschusses ein.
Die gemeinschaftlichen Versammlungen sind öffentlich, jedoch kann die Offentlichkeit
durch besonderen in geheimer Sitzung zu fassenden Beschluß, und zwar in Hannover
schon durch den eines Kollegiums, ausgeschlossen werden.“ Beschlußfähig sind die Ver-
sammlungen, wenn bei vorschriftsmäßiger Ladung der Mitglieder beider Kollegien in
Schleswig-Holstein mindestens, in Hannover mehr als die Hälfte der Mitglieder
jedes Kollegiums zugegen sind. Der Anwesenheit dieser Mitgliederzahl bedarf es nicht,
wenn die Mitglieder der Kollegien, zum zweitenmal zur Verhandlung über denselben
Gegenstand zusammenberufen, abermals nicht in genügender Anzahl erschienen sind, und
in Hannover kann sogar der Magistrat allein verbindlich beschließen, wenn auf die
zweite Berufung kein Bürgervorsteher erschienen ist. Auf diese Bestimmungen muß bei
der zweiten Einladung, die in Hannover vom Magistrat direkt an die einzelnen
Bürgervorsteher zu ergehen hat, besonders hingewiesen werden.
Für die gemeinschaftlichen Beratungen kann durch Gemeindebeschluß eine Geschäfts-
ordnung festgestellt werden, welche in Schleswig-Holstein Zuwiderhandlungen der
Mitglieder der Kollegien gegen die zur Aufrechterhaltung der Ordnung gegebenen Vor-
schriften mit Strafen belegen darf. Letztere können in Geldbußen bis zu 15 Mark
und bei mehrmals wiederholten Zuwiderhandlungen von Stadtverordneten in der auf
eine gewisse Zeit oder für die Dauer der Wahlperiode zu verhängenden Ausschließung
aus der Versammlung bestehen. . 7
II. In Nassau ist der Bürgermeister Vorsitzender des Bürgerausschusses; der
Gemeinderat muß allen Sitzungen desselben beiwohnen und mit seinen Ausführungen
gehört werden; eine gemeinschaftliche Beratung beider Kollegien findet prinzipiell nicht
statt. Sie kann aber dadurch herbeigeführt werden, daß die Mitglieder des Gemeinde-
rats, was hier zulässig ist, gleichzeitig in den Bürgerausschuß gewählt werden. Trifft
dies bei allen zu, dann sind beide Kollegien zu einem verschmolzen, der Gemeinderat
stellt sich als ein Ausschuß des Bürgerausschusses dar.33
Ein ähnliches Verhältnis kann allerdings auch in Kurhessen eintreten, indem
auch hier die Mitglieder des Gemeinderates gleichzeitig Mitglieder des Gemeindeausschusses
sein können. Allein von einer Verschmelzung beider Kollegien kann nicht die Rede sein.
Der Bürgermeister darf nie dem Gemeindeausschuß angehören — dieser hat seinen
besonderen Vorsitzenden im Ausschußvorsteher — und jedes Mitglied des Gemeinde-
ausschusses, welches gleichzeitig Magistratsmitglied ist, ist nicht in seiner letzteren Eigen-
schaft, sondern nur als Ausschußmitglied anwesend, weil die Anwesenheit des Magistrats
in der Ausschußversammlung nicht vorgeschrieben ist.
1 Eine bestimmte Frist für die Berufung ist
nicht vorgeschrieben, dieselbe erfolgt durch Um-
laufschreiben. St. O. hann., 88. 101, 104 u. 105.
2 St. O. hann., §. 106.
* St. O. bann., §. 107. Berechtigt zum Antrag
ist jetzt die Stadtverordnetenversammlung ebenso
wie der Magistrat Vgl. unten S. 139, Anm. 1,
daselbst im Text auch Näheres über die Beschluß-
fassung des Bez. A.
St. O. schlesw.-holst., §. 56; hann., §. 110.
5 St. O. schlesw.-holft., §. 52; hann., 8§. 102,
104.
* St. O. schlesw.-holst., §. 57.
7 In Hohenzollern tritt regelmäßig die
Gemeindevertretung mit dem Gemeinderat auf
Berufung des Bürgermeisters zu gemeinschaft-
licher Beratung und Beschlußfassung zusammen.
Ist ein übereinstimmender Beschluß beider Kol-
legien nicht zu erzielen, so entscheidet in Sig-
maringen auf Antrag der Bezirksausschuß,
in Hechingen wird die Sache vor die Bürger-
versammlung gebracht.
8 G. G. nass., §. 28.
*G. O. kurh., §. 39, Abs. 1.