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Zweiter Abschnitt. (8. 38.)
II. Der Beamte ist der Stadt gegenüber zu einer besonderen Treue verbunden, und
verpflichtet,
über alle ihm vermöge seines Amtes bekannt gewordenen Angelegenheiten,
deren Geheimhaltung ihrer Natur nach erforderlich oder vom Vorgesetzten angeordnet ist,
Amtsverschwiegenheit zu beobachten.
III. Die städtischen Berufsbeamten dürfen ohne Genehmigung ihrer vorgesetzten
Behörde keine Nebenämter führen, keine Nebenbeschäftigungen, mit welchen fortlaufende
Remunerationen verbunden sind, übernehmen und kein Gewerbe betreiben, sofern ein
solches nicht mit der Bewirtschaftung eines ihnen gehörigen ländlichen Grundstückes ver-
bunden ist.)
ziehen, dann aber auch in Fällen, in welchen
die Erfüllung staatsbürgerlicher Pflichten (Mili-
tärpflicht, Gestellung zur Kontrollversammlung,
bungen) mit der Dienstpflicht derartig kolli-
diert, daß die letztere der ersteren zu weichen
hat. Auch zum Eintritt in den Landtag be-
dürfen die Kommunalbeamten keines Urlaubs,
da sie als mittelbare Staatsbeamte den un-
mittelbaren in allen wesentlichen Beziehungen
gleichstehen. Verf. Urk., Art. 78; Arndts Komm.
z. Verf. Urk., Anm. ö zu Art. 78; G. Meyer,
St. R., S. 275; v. Rönne, Pr. St. N., I,
S. 244. — In' allen diesen Fällen tritt an
Stelle des Urlaubsgesuchs die Anzeige von dem
Eintritt der betreffenden Berhinderung. O. V. G.,
XVI. S. 400.
* Die Vernachlässigung dieser Pflichten hat
das Digsziplinargesetz v. 21. Juli 1852 (G. S.,
S. 465) mit besonderen Nachteilen bezw. Strafen
bedroht, §§. 8S—11. Danach geht ein Beamter,
welcher sich ohne den vorschriftsmäßigen Urlaub
von seinem Amte entfernt hält oder den er-
teilten Urlaub überschreitet, wenn ihm nicht be-
sondere Entschuldigungsgründe zur Seite stehen,
für die Zeit der unerlaubten Entfernung seines
Diensteinkommens verlustig. Über den Eintritt
dieses Nachteiles hat diejenige Behörde zu ent-
scheiden, welche den Urlaub zu erteilen hat. Im
Faul des Widerspruches findet das ordentliche
isziplinarverfahren statt. Vgl. unten S. 158.
Hält der Beamte sich ohne Urlaub länger als
acht Wochen vom Amte fern, so hat er die
Dienstentlassung verwirkt. Ist er dienstlich auf-
gesordert, in sein Amt zurückzukehren, so tritt
die Strafe der Dienstentlassung schon nach
fruchtlosem Ablauf von vier Wochen seit der
ergangenen Aufforderung ein. Auf die Dienst-
entlassung ist stets im förmlichen Disziplinar=
* zu erkennen.
1 Ortel, S. 304, Anm. Ga.
: Absolut ausgeschlossen von gewissen Ge-
werbebetrieben sind die Bürgermeister in den
alten Provinzen und in Kurhessen (pgl.
oben S. 123) und der Gemeindceinnehmer in
Nassau, welcher niemals Wirtschaftsgewerbe
oder Spezereihandel treiben darf. G. G. nass.,
§. 62. Nach dem M. Reskr. v. 29. Juni 1854
(V. M. Bl., S. 145) dürfen ferner von Magistrats-
mitgliedern, welchen die Handhabung der Polizei
obliegt, nicht Versicherungsagenturen, die gesetz-
lich polizeilicher Aufsicht unterliegen, übernom-
men werden. Im übrigen ist den Gemeinde-
beamten die Führung von Nebengeschäften nicht
verboten, sie bedürfen nur ebenso wie unmittel-
bare Staatsbeamte zur libernahme solcher
Nebenämter und #Hgeschäfte der Genehmigung
ihrer vorgesetzten Behörde, als welche für die
Magistratsmitglieder der Regierungspräsident,
für die anderen städtischen Beamten der Stadt-
vorstand erscheint (M. Reskr. v. 31. Dez. 1845
[V. M. Bl. 1846. S. 3)). Diese hat vor Erteilung
der Genehmigung zu prüfen, ob die Fübrung
des beabsichtigten Nebenamtes mit der ihres Kom-
munalamtes vereinbar ist. M. Reskr. v. 21. Jan.
1882 (V. M. Bl., S. 47). Mit Genebmigung
der vorgesetzten Behörde dürsen Gemeindebe-
amte auch in den Vorstand, Aufsichts= oder
Verwaltungsrat einer Erwerbsgesellschaft ein-
treten, wenn mit der Stelle eine Remuneration
verbunden ist, denn das Ges. v. 10. Juli 1874
(G. S., S. 244) findet nur auf unmittelbare
Staatsbeamte Anwendung. Derselben Erlaub-
nis wie der Beamte selbst bedürfen auch seine
Ehefrau, die in seiner Gewalt stehenden Kinder,
seine Dienstboten und die anderen Mitglieder
seines Hausstandes. Preuß. Gew. O. v. 17. Jan.
1845 (G. S., S. 41), §. 19; R. Gew. O., §. 12;
Kgl. Bdg. v. 23. Sept. 1867 (G. S., S. 1619),
§. 1, Z. 5). Betreffs des Erfordernisses der
Genehmigung zur Führung der Vormundschaft
ogl. Vormundschaftsordnung v. 5. Juli 1875,
§. 22; betreffs der Frage, ob einem Beamten
bei der Anstellung die Bedingung gestellt wer-
den darf, daß er kein Mandat zur Volksver-
tretung annehme, vgl. Ortel. S. 176, Anm.
Abs. 3.
Die St. O. hann. enthält einige hierher ge-
hörige Sondervorschriften. Nach 8. 57 derselben
i. Verb. m. 88. 5, 38 des hann. Ges. v. 24. Juni
1858 (bann. G. S., S. 1858) bedürfen Sena-
toren, Stadtsekretäre und Kämmerer zum Ge-
werbebetriebe, zur Berrichtung von Nebengeschäf-
ten oder Annahme von Staatsämtern außer
der Genehmigung ihrer vorgesetzten Bebörde
(Regierungspräsidenten) noch der Zustimmung
des Magistrats und der Stadtverordneten. Be-
treffs der übrigen Beamten hat das Ortsstatut
zu bestimmen, inwiefern ihnen ein Nebenerwerb
zu gestatten ist; dadurch wird aber die Ver-
pflichtung des betreffenden Beamten, zu dem
Beginn eines solchen Nebenerwerbes jedesmal
noch die Genehmigung des Magistrats einzu-
bolen, ebensowenig aufgehoben, wie die Berech-
tigung des letzteren, die Erlaubnis aus jedem
beliebigen Grunde zu versagen. Das Orts-
statut soll nur angeben die Beamten, welchen,
und die Nebenerwerbe, zu welchen die Erlaub-
nis überhaupt erteilt werden darf.