Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 41.) 163
treffenden Gemeindeordnung zu ihm gehörten, sofern nicht später durch öffentlichen
Rechtsakt eine anderweite Begrenzung festgestellt ist.! Er kann aus einer oder aus
mehreren Ortschaften bestehen?, die ihrerseits wieder in räumlichem Zusammenhange
liegen oder voneinander getrennt sich als Exklaven oder Enklaven anderer Gemeinden
darstellen können.
Streitigkeiten über die bestehenden Grenzen der ländlichen Gemeindebezirke ent-
scheidet der Kreisausschuß im Verwaltungsstreirverfahren; bis zur rechtskräftigen Ent-
scheidung kann er die Grenzen vorläufig durch Beschluß feststellen, sofern das öffentliche
Interesse es erheischt. "#
II. Veränderungen der Grenzen des Landgemeindebezirkes s erfolgen in der Rhein-
provinzz, sofern es sich nicht um die durch den Kreisausschuß anzuordnende Verbindung
bisher kommunalfreier Grundstücke mit einer Gemeinde handelt, nur mit landesherrlicher
Genehmigung." In Hannover ist zu allen Bezirksveränderungen der Kreisausschuß
kompetent; nur wenn dabei die Vereinigung einer ganzen Landgemeinde mit einer anderen
in Frage kommt, hat der Oberpräsident zu entscheiden.' In Westfalen, in Schles-
wig-Holstein und in den östlichen Provinzen gelten folgende eingehendere Vor-
schriften:
1) Grundstücke, welche bisher noch keinem Gemeinde= oder Gutsbezirke angehört
haben, sind, sofern nicht ihre Eingemeindung in einen Stadtbezirk oder ihre Erhebung
zu einem besonderen Gemeinde= oder Gutsbezirke s angezeigt erscheint, nach Vernehmung
der Beteiligten durch Beschluß des Kreisausschusses mit einer Landgemeinde oder einem
Gutsbezirke zu vereinigen.?
2) Ganze Landgemeinden und Gutsbezirke können mit anderen Gemeinde= und
Gutsbezirken nach Anhörung der beteiligten Gemeinden und Gutsbesitzer sowie des Kreis-
ausschusses mit königlicher Genehmigung vereinigt werden, wenn die Beteiligten hiermit
einverstanden sind.0 Ist dieses Einverständnis der Beteiligten nicht zu erreichen, so“
bieten sich
L. G. O. ö., schlesw.--holst. u. w., §. 2,
1;zrh., §. 3; M. Bek. z. L. G. O. hann.,
1
Abs.
8. 18.
2 r. . O. ö. u. schlesw.-holst., 8. 51, Abs. 2;
Ges. v. 15. Mai 1856, Art. 14, Abs. 3. Vgl.
auch G. G. kurh., §. 7.
L. G. O. J. u. schlesw. holst., §. 4; Zust. G.,
#§. 26. Die Entscheidung auf Grund' dieser 88.
ergeht nicht nur inter partes, sondern inter
omnes, vgl. oben S. 78, Anm. 6.
4" An dem Sreeitverfahren sind die Besitzer
derjenigen Grundstücke, deren kommunale Zu-
gehörigkeit durch dasselbe festgestellt werden soll,
durch Beiladung gemäß §. 70 des L. V. G. zu
beteiligen, und die Nichtbeachtung dieser Vor-
schrift ist nach O. V. G., X, S. 92, und XII,
S. 183, als ein wesentlicher Mangel des Ver-
fahrens im Sinne des §. 94 des L. V. G. an-
zuseben.
* Wird durch die Veränderung eines L. G.
Bezirkes ein St. G. Bezirk berührt, so kommen
die Vorschriften über Beränderung der Grenzen
der St. G. Bezirke zur Anwendung, vgl. oben
S. 78 ff.
* L. G. O. rh., §§. 4, 6; ebenso G. O. kurh.,
§. 4. Abs. 3; L. G. O. hech., §S. 1.
7 Wie Bek. z. L. G. O. hann., §. 18; hann.
L. Verf. G. v. 1840, §. 54.
s Dann kommen die Vorschriften über die
Neubildung von Landgemeinden und Gutsbezirken
zur Anwendung.
* Diese sogen. kommunal= oder bezirksfreien
Grundstücke hatten schon nach der älteren Gesetz:
•1
4
gebung keine Existenzberechtigung mehr, sondern
sollten entweder zu selbständigen Gemeinwesen
erhoben oder solchen angeschloßen werden (§. 8
des Ges. über die Armenpflege v. 31. Dez. 1842
[G. S. 1843, S. 81, §. 1 des Ges. betr. die
kandgemeindeverfassungenr v. 14. April 1856
[G. S., S. 359s, §. 4 des ünternübungewobn-
sitzges. v. 6. Juni 1870 (B. G. Bl., S. 360|);
allein die bei den Vorarbeiten für die neue
L. G. O. ö. angestellten Ermittelungen ergaben,
daß noch immer eine große Zahl von Grund-
stücken vorhanden war, die bisher meist als
selbständige Gutsbezirke behandelt wurden, wäb-
rend ihnen nach der Rechtsprechung des O. V. G.
diese Eigenschaft nicht zukam, denen aber auch
irgendwelche kommunale Zugehörigkeit nicht
beiwohnte. Um diese Unklarheiten in den kom-
munalen Verhältnissen definitiv zu beseitigen,
ist obige Vorschrift in die neuen L. G. Ordugn.
wieder ausgenommen (5. u. schlesw.-bolst., §. 2,
Z. 1) und gleichzeitig sind die Landräte ange-
wiesen (Anweis. II, 1, zu beiden L. G. Ordugn.),
sorgfältig zu prüfen, ob und wo sich Grund-
stücke ohne kommunale Zugehörigkeit noch vor-
finden, und die Regelung des kommunalen Ver-
bältnisses derselben in die Wege zu leiten.
Streitigkeiten über die etwaige Kommunalfrei-
beit eines Grundstücks sind nach Zust. G., 8* 26,
und den entsprechenden §#§. 4 der L. G. O. ö.
u. schlesw.-bolst. zu entscheiden. — L. G. O. w.,
§. 6, Abs. 1.
10 L. G. O. ö. u. schlesw. bolst., 8. 2, Z. 3;
w., §. 6, Abf. 2.
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