Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 41.) 165
Wird bei einer solchen Umkommunalisierung eine leistungsunfähige Gemeinde einem
leistungsfähigen Gutsbezirke zugelegt, so muß letzterer, sofern der Gutsbesitzer dies be-
antragt, als solcher bestehen bleiben 1, und er nimmt dann die Landgemeinde unter Fort-
fall ihrer Gemeindeverfaffung in sich auf; es soll aber auch, sofern nicht das öffentliche
Interesse entgegensteht, einem etwaigen Wunsche des Gutsbesitzers, aus seinem bisher
selbständigen Gutsbezirke und der zuzuschlagenden Landgemeinde eine neue Landgemeinde
zu bilden, Folge gegeben werden.
b) In der westfälischen Landgemeindeordnung ist ein besonderes Verfahren zur
Ersetzung der mangelnden Zustimmung der Beteiligten nicht vorgesehen. Beim Wider-
spruche derselben können hier Umkommunalisierungen ganzer Gemeinden und Guts-
bezirke nur unter besonderen Umständen auf Grund der alten Vorschrift des §. 189,
Teil II, Titel 6 des Allgemeinen Landrechts — wonach der Staat befugt ist, eine
Korporation aufzuheben, wenn der im Grundvertrage vorgeschriebene Zweck derselben
ferner nicht erreicht werden kann oder gänzlich hinwegfällt — durch Auflösung des be-
treffenden Kommunalbezirkes und Eingemeindung der hierdurch bezirksfrei gewordenen
Grundstücke erfolgen.“
3) Die Abtrennung einzelner Teile von einem Gemeinde= und Gutsbezirke und
deren Vereinigung mit einem anderen Gemeinde= und Gutsbezirke kann, wenn sowohl
die beteiligten Gemeinden und Gutsbesitzer wie die Besitzer der betreffenden Grundstücke
einwilligen, stets durch Beschluß des Kreisausschusses erfolgen. Beim Widerspruche
Beteiligter kann:
a) in den östlichen Provinzen und Schleswig-Holstein der Kreisausschuß
diese Maßnahmen nur beschließen, wenn das öffentliche Interesse in dem auf voran-
gehender Seite unter ag— festgestellten Sinne es erheischt; und zwar findet hier
gegen jeden Beschluß des Kreisausschusses — mag Einverständnis vorgelegen haben oder
nicht — die Beschwerde in dem eben dargestellten Instanzenzuge statt!“;
b) in Westfalen dagegen dürfen beim Widerspruche Beteiligter gedachte Bezirks-
veränderungen nur durch den König angeordnet werden, und zwar nur unter der Voraus-
setzung, daß dieselben im öffentlichen Interesse, dessen Begriff hier aber nicht näher
definiert ist, dringend notwendig erscheinen, und die Beteiligten wie der Kreisausschuß
gehört worden sind.
Soll aus den abgetrennten Grundstücken ein neuer Gemeinde= oder Gutsbezirk
gebildet werden, so ist hierzu überall die königliche Genehmigung nach vorgängiger An-
hörung der Beteiligten und des Kreisausschusses einzuholen.“
In allen vorstehend unter 2 und 3 gedachten, der königlichen Genehmigung unter-
liegenden Fällen ist vor deren Erwirkung der Beschluß des Kreisausschusses, des Bezirks-
ausschusses, des Provinzialrates oder des Staatsministeriums, auf Grund dessen sie erholt
werden soll, den Beteiligten mitzuteilen.?
Jede Bezirksveränderung ist durch das Regierungsamtsblatt zu veröffentlichen.
III. Wird infolge einer stattgehabten Bezirksveränderung eine Auseinandersetzung
zwischen den Beteiligten notwendig, so beschließt über sie der Kreisausschuß, vorbehalt-
1 L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., §. 2, Z. 3, 5 L. G. O. w., 8. 6, Abs. 3
Abs. 2. „ L. G. O. ö. u. schlesw. * 8. 2, Z. 4,
2 Ausf. Anw. II zu beiden L. G. Ordngn. zu letzter Satz; w. 8. 6, Abs. 4
s. 2, Nr. 5, litt. a, Abf. 3. ? L. G. O. J. u. schlesw.-holst., §. 2, Z. 7;
* Diese Vorschrift war bis zur Emanation
der neuen L. G. O. auch für die östlichen
Provinzen der einzige Rechtstitel, auf Grund
dessen bei Widerspruch der Beteiligten ganze
Gemeinden und Gutsbezirke mit anderen ver-
eint werden konnten. 2% ist er für diese
Provinzen durch L. G. O., . 2, Z. 2 ersetzt
und durch Z. 3 B rh3. Über seine
uUnzulänglichkeit für eine zweckmäßige Umge-
staltung der ländlichen Kommunalbezirksverhält-
nisse vol. Begründung zu §. 2 der L. G. O. ö.,
Abs. 7
" ". G. O. ö. u. schlesw.-holst., §. 2, Z. 4.
w., §. S. Auch Beschlüsse, welche keiner An!
fechtung unterliegen, der Beschluß des Kr. A.,
welcher auf Grund der Übereinstimmun der
Beteiligten (s. 2 a. a. O., Z. 3) gefaßt ist, der
für die Beteiligten unanfechrbare Beschluß des
Provinzialrates und der des Staatsministeriums
sind zuzustellen.
s L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., §. 2, Z. 8;
w., §. 10; rh., §. 10. Auch ist dem Präsidenten
des zuständigen Landgerichts von jeder Bezirks-
veränderung Mitteilung zu gedn M. Erl. v.
2. Juli 1889 (V. M. Bl., S. 127).