Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 46.) 179
übrigen Rechtsgebieten können sämtliche stimmberechtigte männliche Gemeindemitglieder
gewählt werden 1, ausgenommen nur?:
1) diejenigen Beamten und die vom Staate ernannten? Mitglieder derjenigen Be-
hörden, durch welche die Aufsicht des Staates über die Gemeinden ausgeübt wird:
2) die besoldeten Gemeindebeamten";
3) die richterlichen Beamten;
4) die Beamten der Staatsanwaltschaft und die Polizeiexekutivbeamten s;
5) Geistliche, Kirchendiener und Volksschullehrer 5;
6) Vater und Sohn, in den westlichen Provinzen auch Brüder 7, dürfen nicht
zugleich Mitglieder einer Gemeindevertretung sein. Sind sie gleichzeitig gewählt, so
wird nur der ältere von ihnen zugelassen.
Keine Anwendung finden die unter 1—5 gedachten Ausschließungsgründe auf die
virilstimmberechtigten Grundbesitzer der Rheinprovinz, diese gehören auch dann zur
Gemeindevertretung, wenn sie unter die bezeichneten Personenkategorien fallen. Aber
auch von ihnen darf nur einer der unter 6 bezeichneten Verwandten in die Gemeinde-
versammlung eintreten. Beim Mangel gütlicher Einigung entscheidet das höhere Alter
und bei gleichem Alter das Los.3
Jedes wählbare Gemeindemitglied muß die es treffende Wahl annehmen, sofern
ihm nicht einer der gesetzlichen Ablehnungsgründe zur Seite steht.
b) Das Wahlsystem. 10
I. In Hannover soll die Wahl der Gemeindeverordneten in der Regel nach
Abteilungen geschehen, für welche die in der Gemeinde bestehenden Stimmrechtsklassen
als Anhalt dienen, und zwar in der Weise, daß das Stimmverhältnis im Ausschuß
dem in der Gemeinde bestehenden thunlichst entspricht. Um dieses zu erreichen, muß
die Zahl der Ausschußmitglieder auf die verschiedenen Hauptklassen der Stimmberechtigten
angemessen verteilt werden. 11
II. In den übrigen Provinzen haben die Wahlen nach dem Dreiklassensystem
stattzufinden.
Sämtliche Stimmberechtigte werden zum Zwecke derselben nach Maßgabe
1 Nach L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., §. 50,
Abs. 3 auch die das Stimmrecht nur als Stell-
vertreter ausübenden Personen. Sie können aber
nur so lange Gemeindeverordnete sein, als die
Stellvertretung dauert. Vgl. Stenogr. Ber. des
A. H. v. 21. April 1891, S. 1889.
2 L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., §. 53; w.,
§. 30;z rh., §. 51; Ges. v. 15. Mai 1856, Art. 14,
Abs. 4 u. 5. Die obigen Angaben unter Z. 1—5
find nach der L. G. O. ö. gemacht, Abweichungen
der anderen L. G. Ordugn. sind in den folgen-
den Anmerkungen angegeben.
* Die Worte „vom Staate ernannten“ fehlen
in der L. G. O. w. u. rh. Daraus folgt aber
nicht, daß die gewählten Mitglieder des Kr. A.
von der Mitgliedschaft in der Gemeindevertretung
ausgeschlossen sind, denn der Kr. A. ist gar keine
Aufsichtsinstanz über die Landgemeinden. Auf-
sichtsbehörde ist allein der Landrat. O. V. G.,
XIX. S. 132.
4 Die L. G. O. w. nimmt aus „die nicht
zum Gemeindevorstande gehörenden Gemeinde-
beamten“, die L. G. O. rh. „die Gemeinde-
beamten mit Ausnahme der Beigeordneten“;
letztere gehören nach L. G. O. ö. u. schlesw.-olst.
schon kraft Gesetzes zur Gemeindevertretung. —
Uber den Begriff der besoldeten Gemeinde-
beamten und den Grund des Ausschlusses der-
selben vgl. oben S. 104, Anm. 3.
* Dieser Ausdruck wurde in der L. G. O. ö.
u. schlesw.-bolst. an Stelle des in den anderen
Gesetzen befindlichen Ausdruckes „Polizeibeamte“
gewählt, um den Amtsvorsteher nicht von der
Mitgliedschaft in der Gemeindevertretung aus-
zuschließen (Stenogr. Ber. des A. H. v. 13. April
1891, S. 1728). Dasselbe Prinzip verfolgt die
L. G. O. w., wenn sie sagt „die Polizeibeamten
mit Ausnahme der Amtmänner“. Uber die
Frage, wer zu den Polizeiexekutivbeamten zu
rechnen ist, vgl. O. V. G., XXV, S. 127;
darüber, daß gleich dem Amtmann auch dessen
Stellvertreter Gemeindeverordneter sein kann,
O. V. G., XX, S. 73.
(ÜUber diese drei Begriffe vgl. unten §. 80.
7 Betreffs der Erwägungen, welche dazu führ-
ten, in den beiden neuen L. G. Ordugn. die
Erwähnung der Brüder hier zu beseitigen, vgl.
Stenogr. Ber. des A. H. v. 13. April 1891,
S. 1728.
s L. G. O. rh., §. 51, Abs. 4. Ges. v. 15. Mai
1856, Art. 14.
* Betreffs der Annahme solcher Wahlen seitens
der Staatsbeamten und Militärpersonen vgl. oben
S. 104 u. 105, Anm. 1; betreffs der Folgen un-
gerechtfertigter Weigerung der Annahme derselben
vgl. oben S. 172 unter V.
lo v. Möller, L., §. 22; Grotefend, a. a. O.
11 L. G. O. hann., §. 53.
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