Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

188 Zweiter Abschnitt. 
(S. 48.) 
ortsstatutarischer Bestimmung für den Gemeindevorsteher („Lehnsmann") bloß ein „Stell- 
vertreter“ zu bestellen ist. Letztere Vorschrift gilt ausnahmslos für die beiden west- 
lichen Provinzen. Sie bildet auch die Regel für Hannover, jedoch können hier 
größere Gemeinden mehrere Beigeordnete und sogar mehrere Vorsteher haben, in welchem 
Falle die Geschäfte der einzelnen näher zu bestimmen sind. 
III. Die Mitglieder des Gemeindevorstandes sind öffentliche Beamte. Damit ist ihre 
rechtliche Stellung bestimmt. Zu erwähnen ist hier nur, daß prinzipiell alle ihr Amt 
als Ehrenamt zu verwalten haben. Die Schöffen und Stellvertreter erhalten nur den 
Ersatz barer Auslagen, welche ihnen bei der Verwaltung ihres Amtes erwachsen sind, 
die Gemeindevorsteher noch eine mit ihrer amtlichen Mühewaltung in billigem Verhält- 
nisse stehende Entschädigung. Über das Vorhandensein eines solchen Ersatz= oder Ent- 
schädigungsanspruches, wie über die Höhe desselben beschließt der Kreisausschuß.? In 
Hannover soll den Gemeindebeamten außer dem selbstverständlichen Ersatz barer Aus- 
lagen nur für nötige Wege außerhalb des Gemeindebezirkes eine angemessenc Vergütung 
gewährt werden, welche durch Gemeindebeschluß in die Form einer laufenden mäßigen 
Besoldung gebracht werden kann. 
Die ausnahmsweise Anstellung eines besoldeten Gemeindevorstehers haben nur die 
beiden neuen Landgemeindeordnungen vorgesehen. Dieselbe ist zulässig in den östlichen 
Provinzen in Gemeinden mit mehr als 3000, in Schleswig-Holstein in solchen 
mit mehr als 2000 Einwohnern und in den Koogsgemeinden des Kreises Tondern, wenn 
anzunehmen ist, daß der Umfang der Verwaltung der betreffenden Gemeinde die Kräfte 
einer ehrenamtlichen Thätigkeit übersteigt und die Anstellung eines Berufsbeamten un- 
entbehrlich macht.“ 5 
  
1 L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., S. 74; nach 
ersterer ist in Gemeinden, wo nur zwei Schöffen 
bestehen, noch ein Stellvertreter zu bestellen, 
welcher in Behinderungsfällen eines der beiden 
Schöffen für diesen eintritt. Zu beachten ist, 
daß in den östlichen Provinzen jede Ver- 
megrung der Schöffen nach §. 49, Abs. 2 der 
L. G. O. auch eine Vermehrung der Zahl der 
Gemeindeverordneten nach sich zieht. Die Ver- 
tretung des Gemeindevorstehers erfolgt in der 
Regel durch den dem Dienstalter nach, bei 
gleichem Dienstalter durch den dem Lebensalter 
nach ältesten Schöffen. Ausf. Anw., IIIA, 
Nr. III, 2, Abs. 2. L. G. O. w., s. 38; rh., §. 72, 
u. Art. 20 des Ges. v. 15. Mai 1856; hann., 
§. 22, U. M. Bek., §. 30. Der Gemeindebeschluß 
betreffs Bestellung mehrerer Vorsteher und Bei- 
geordneter bedarf keiner Genehmigung des Kr. A. 
(Zust. G., §. 32, Z. 3), da die L. G. O. hann. 
keine Beschlußfassung der Aufsichtsbehörde vor- 
schreibt. 
1 L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., §. 86, Abs. 1 
2 u. 7, u. §. 87. Der Kr. A A. hat hier zu be- 
schließen „auf Antrag der Beteiligten“, 
d. h. des betr. Beamten oder der Gemeinde. 
Eine dissentierende Minderheit hat keine Legiti- 
mation zum Antrage. O. V. G., IV, S. 93 ff. 
Über die Frage, worauf der Antrag sich richten. 
kann (nicht nur auf Feststellung der Höhe der 
Entschädigung, sondern auf Feststellung des Vor- 
handenseins eines Anspruchs überhaupt) vgl. 
O. V. G., VII, S. 168, und über die Frage, 
inwieweit der Kr. A. bei seiner Festsetzung an 
die bestehende Ortsverfassung gebunden ist, 
O. V. G., IV, S. 103. Abmachungen zwischen 
  
dem Gemeindevorsteher und der Gemeinde über 
den Ersatz der baren Auslagen und die Ent- 
hädnigung sind nigt notwendig unzulässig. 
O. V. G., IV, S. 97. — L. G. O. w., §. 
rh., 8. 75; Zust. G., § 32, Z. 4. Nach beiden 
Gemeindegesetzen ist dem Gemeindevorsteher nur 
für „Dienstunkosten“ (darüber, daß der Begriff 
„Dienstunkosten“ enger ist als der der „Entschädi- 
gung für Mühewaltung“ vgl. Stenogr. Ber. der 
Sitzg. des A. H. v. 15. April 1891, S. 1783) 
eine Entschädigung zu gewähren, und zwar darf 
diese in der Rheinprovinz in der Regel nicht 
mehr als 10 Pf. pro Kopf der Bevölkerung be- 
tragen. Die Festsetzung erfolgt hier durch den 
Kr. A. nach Anhörung der Gemeindeversamm- 
lung (Gemeindevertretung). 
* L. G. O. hann., §§. 35, 36. Eine Ge- 
nehmigung des Gemeindebeschlusses durch den 
Kr. A. (Zust. G., §. 32, Z. 4) ist hier nicht not- 
wendig, sie tritt nur da ein, wo früher eine 
Beschlußfassung der Aufsichtsbehörde stattzufinden 
hatte, was nach der L. G. O. hann. nicht der 
Fall war. 
* L. G. O. ö. u. schlesw.-Bholst., §. 75, Abs. 2; 
Ausf. Anw., III A, Nr. III, 4; Anm. zu §. 75, 
Abs. 2, in v. Brauchitf ch, Ergzbb. f. Schles- 
wig-Holstein. 
* Betreffs des Wegfalles der fortlaufenden 
Geld= und Naturalbeiträge der Gutsherren zur 
Remuneration der Gemeindevorsteher und der 
Landdotationen, welche in den östlichen Pro- 
vinzen früher zur Verwaltung des Schulzen- 
ates ausgewiesen sind, vgl. L. G. O. ö., §. 86, 
Abs. 3—6. 
 
	        
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