Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 49.) 191 
Stimmen auf sich vereinigt haben, auf die engere Wahl. Haben mehr als zwei Personen 
die höchste oder zweithöchste Stimmenzahl in der Weise erhalten, daß gleich viele Stimmen 
für sie abgegeben worden sind, so entscheidet das durch die Hand des Vorsitzenden zu 
ziehende Los darüber, wer auf die engere Wahl zu bringen ist. Bei der engeren Wahl 
entscheidet einfache Stimmenmehrheit und bei Stimmengleichheit das Los. Die Wahl- 
protokolle sind vom Wahlvorstande zu unterzeichnen. Die Gewählten sind durch den 
Vorsitzenden von der auf sie gefallenen Wahl mit der Aufforderung in Kenntnis zu 
setzen, sich längstens binnen einer Woche über die Annahme oder Ablehnung der Wahl 
zu erklären. Wer sich nicht erklärt, gilt als ablehnend.1 
Die hannöversche Landgemeindeordnung enthält auch über diese Wahlen nur all- 
gemeine Vorschriften. Entscheidend soll sein die absolute Majorität. Ergiebt sich eine 
solche bei der ersten Abstimmung nicht, so ist die Wahl in der Art zu wiederholen, daß 
nur die bei derselben Benannten wählbar bleiben, und derjenige von ihnen ausscheidet, 
auf welchen die geringste Stimmenzahl gefallen ist. Kann auf diese Weise keine absolute 
Majorität erreicht werden, so wählt der Landrat unter den beiden zuletzt übrig bleibenden 
Kandidaten. 
IV. Die Wahlperiode des Gemeindevorstehers und der Schöffen, Beigeordneten oder 
Stellvertreter ist in Hannover durch Gemeindebeschluß auf mindestens sechs und auf 
höchstens zwölf Jahre festzusetzen. In den übrigen Provinzen beträgt sie nach gesetz- 
licher Vorschrift sechs Jahre; jedoch kann der Gemeindevorsteher nach dreijähriger Dienst- 
zeit in Westfalen auf zwölf, in den östlichen Provinzen und in Schleswig- 
Holstein auf weitere neun Jahre gewählt werden.) Die besoldeten Gemeindevorsteher 
in den beiden letztgedachten Rechtsgebieten sind auf zwölf Jahre zu wählen. 
V. Die gewählten Gemeindevorsteher und Schöffen, Beigeordneten oder Stell- 
vertreter bedürfen der Bestätigung des Landrats, welcher vor Erteilung derselben den 
Amtsvorsteher (Bürgermeister, Distriktskommissarius) mit seinem Gutachten zu hören hat. 
Die Bestätigung kann nur unter Zustimmung des Kreisausschusses versagt werden. Wird 
sie versagt, so ist eine Neuwahl anzuordnen. Erhält auch diese die Bestätigung nicht, 
so ernennt der Landrat, in der Rheinprovinz auf Vorschlag des Bürgermeisters, 
unter Zuziehung des Kreisausschusses einen Stellvertreter auf so lange, bis eine erneuerte 
Wahl die Bestätigung erlangt hat. 
kommt. 
Dasselbe findet statt, wenn keine Wahl zu stande 
  
1 Uber die Gültigkeit der Wahlen der Ge- 
meindevorsteber und Schöffen ist nicht in dem 
Einspruchs= bezw. Verwaltungsstreitverfahren 
der §§. 27, 28 des Zust. G. zu entscheiden. Die 
Prüfung der Wahlen hat durch die Aussichts- 
behörde zu erfolgen, zu deren Kognition sie 
zecke Bestätigung gelangen. O. V. G., XIV, 
184. 
2 L. G. O. ö. u. schlesw.--holst., §. 75; w., 
#538; Kr. O. rh., §. 23, Abs. 1; M. Bek. zur 
L. G. O. hann., §. 29. 
* Im allgemeinen vgl. über die Bestätigung 
oben S. 127. Betreffs Hannovers ist noch 
zu bemerken, daß hier die Bestätigung nur ver- 
sagt werden soll, wenn gesetzliche Gründe (Fehlen 
der notwendigen Eigenschaften zur Wähldbarkeit 
oder der nötigen Befähigung) vorliegen, oder 
wenn der Gewählte wegen eines Verbrechens be- 
straft oder mit Gemeindebeamten nahe verwandt 
ist. L. G. O. hann., §§. 26, 27, und Ges. v. 
5. Sept. 1848 (bann. G. S., S. 261), §. 20, 
Abs. 2. L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., S. 84. 
Kr. O. w., §. 25; rh., §. 23, Abs. 3—6; hann., 
#. 31. — Die Zustimmung des Kr. A. ist auch 
dann notwendig, wenn die Bestätigung wegen 
formaler Mängel des Verfahrens versagt werden 
soll (§. 84, cit., Abs. 3). Erteilt der Kr. A. nicht 
  
seine Zustimmung zur Versagung der Bestätigung, 
so ist der Landrat nicht wie der Regierungs- 
präsident gegenüber einem gleichartigen Beschluß 
des Bez. A. (oben S. 127 unter e, 1) in der Lage, 
auf Ergänzung dieser Zustimmung bei einer vor- 
gesetzten Behörde anzutragen. Auch die früher 
für Schleswig-Holstein geltende Vorschrift, 
daß solche Zustimmung auf Antrag des Landrates 
durch Beschluß des Bez. A. ergänzt werden 
kann (Kr. O. schlesw.-holst., §. 22, Abs. 6), ist 
durch die L. G. O. schlesw.--holst., §. 146, Abs. 1 
aufgehoben und in §. 84 daselbst nicht wieder 
aufgenommen. Der Beschluß des Kr. A. ist 
daher für den Landrat endgültig, sofern er 
ihn nicht gemäß §. 126 L. V. G. mit der 
Klage beim O. V. G. anfechten kann. Voraus- 
setzung hierfür ist, daß der Beschluß das be- 
stehende Recht verletzt. Dies ist aber, da ja 
Erteilung und Versagung der Bestätigung in 
das freie Ermessen des Bestätigenden gestellt 
sind, nur dann der Fall, wenn der Kr. A. seine 
Zustimmung zur Versagung der Bestätigung 
einer Person ablehnt, welche nach den gesetzlichen 
Vorschriften nicht wählbar ist. Der Verwaltungs- 
richter hat in diesem Streitverfahren nur zu 
prüfen, ob der die Zustimmung versagende Be- 
schluß des Kr. A. rechtlich zulässig, nicht, ob
	        
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