Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

204 Zweiter Abschnitt. 
G. 54.) 
Eine besondere Thätigkeit der Gemeinden beansprucht endlich die Verwaltung der 
örtlichen Stiftungen. In den Städteordnungen ist ihrer meistens besonders gedacht, 
in der hannöverschen hat sie sogar eine eingehendere Regelung gefunden 1: die Ver- 
waltung der Stiftungen ist eine verschiedene, je nachdem sie juristische Persönlichkeit haben 
oder nicht. Ersteren Falls ist allein der im Statut niedergelegte Wille des Stifters 
für die verwaltende Thätigkeit der städtischen Organe maßgebend, letzteren Falls dagegen, 
wenn lediglich ein mit einer Zweckbestimmung belastetes Vermögen der Stadt über- 
wiesen ist, wird dieses nach den allgemeinen für Objekte des Stadtvermögens geltenden 
Grundsätzen zu verwalten sein. In Hannover hat der Mazistrat selbst oder ein 
von ihm besonders bestellter Ausschuß unter Mitwirkung der Bürgervorsteher dieses 
städtische Sondervermögen zu verwalten. Die Bürgervorsteher nehmen zunächst die 
Stiftungsrechnungen ebenso wie die Gemeinderechnungen ab und sind außerdem, sofern 
ihre Mitwirkung durch Ortsstatut nicht noch weiter ausgedehnt ist, bei Anleihen, 
welche den Schuldenbestand vergrößern, bei Veränderung der Verwaltungsgrundsätze, bei 
Substanzveränderungen, Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken zuzuziehen. 
Zu gewissen Verwaltungsakten, nämlich bei Erlaß oder Abänderung von Verwaltungs- 
ordnungen, bei freiwilligen Veräußerungen von Grundstücken und Gerechtigkeiten, bei 
Anleihen, welche den Schuldenbestand vergrößern, und bei Feststellung des Maßes der 
außer den gewöhnlichen Gemeindeabgaben etwa zu leistenden Beiträge zur Stadt- 
verwaltung ist die vorgängige Genehmigung des Bezirksausschusses erforderlich. Die 
Aufsicht endlich über die Stiftungsverwaltung führt der Regierungspräsident; er hat auf 
die Erhaltung des Vermögens, die stiftungsmäßige Verwendung der Einkünfte zu achten, 
kann die Rechnungen einsehen und entscheidet die Beschwerden über die Verwaltung. 
2) In der staatlichen Steuerverwaltung kommen den Gemeinden nur untergeordnete 
Funktionen zu.) Durch die neueste Gesetzgebung sind diese gegen früher noch nach 
zwei Richtungen hin beschränkt: Nach Überweisung der Realsteuern an die Gemeinden 
werden diese bei der Veranlagung und Erhebung der Grund-, Gebäude= und Gewerbe- 
steuern nicht mehr im Interesse der staatlichen, sondern nur noch im Interesse der 
eigenen Finanzverwaltung thätig.¾ Bei der Verwaltung der persönlichen direkten Staats- 
steuern, Einkommen= und Ergänzungssteuer, nehmen die Gemeinden mit Ausnahme der 
Stadtkreise an der Veranlagung selbst überhaupt keinen Anteil mehr.“ Das neue 
Einkommensteuergesetz überträgt dem Gemeindevorstande nur die ersten Vorarbeiten für 
das Einschätzungsverfahren, die jährliche Aufnahme des Personenstandes, die Einziehung 
von Nachrichten und Sammlung von Merkmalen über die Besitz-, Vermögens= und 
sonstigen Einkommensverhältnisse der Steuerpflichtigen und den Vorsitz in der für den 
Gemeindebezirk zu bestellenden Voreinschätzungskommission, deren Mitglieder nur teilweise 
von der Gemeinde gewählt werden.¾ Die Erhebung der Einkommen= und Ergänzungs- 
  
wesen dadurch gewahrt, daß die Mitglieder dieses 
Verwaltungsansschusses nicht von den städtischen 
Behörden frei bestellt, sondern von der Regie- 
rung teils ernannt, teils wenigstens bestätigt 
werden müssen. Im Grunde sind alle öffent- 
lichen Schulen staatliche Anstalten; die Regie- 
rung beschließt nach freiem Ermessen über ihre 
Errichtung, die Abgrenzung und Veränderung 
ihrer Bezirke — den politischen Gemeinden steht 
gegen solche Verfügungen, auch wenn sie die 
Schullasten tragen, kein ordentliches Rechts- 
mittel zu. Reg. Instr. v. 23. Otr 1817, bes. 
6 18; Zust. G., §. 49, Abs. 3; O. V. G., 1, 
. 194: III, S. 139. 
1 St. O. ö. u. wiesb., S. 4, Abs. 2, 5§)6 
Abs. 4, §. 56, Z. 3; w., ".. 4, Ke 2, §.48, * 
rh., 8. 4, Abs. 2, 8. 46, Abs. 5; frkf., 8. 59; schlesw. 
holst., §§. 5, 20, Abs. 2; hann., §§. 125—128; 
G. O. kurh., §. 71, Z. 1; Leidig, S. 456. 
2 Leidig, S. 426 ff.; v. Möller, St., 
5. 146, L., §. 128; Steffenhagen, S. 120; 
Schmiy, 88. 60—71. 
  
2 Ges. w. Aufbeb. dir. Staatssteuern vom 
rv Juli 1893 (G. S., S. 119), 8§. 11 u. 15, 
- bestand der Einschätzungsausschuß 
für die Klassensteuer aus dem Gemeindevorstande 
und von der Gemeindeversammlung bezw. Ge- 
meindevertretung gewählten Mitgliedern. §. 10 
des Eink. St. G. v. 1. Mai 1851, in der Fassung 
des Ges. v. 3. Mai 1873. Nach dem neuen 
Eink. St. G. v. 24. Juni 1891 (G. S., S. 175), 
§§. 74 ff. wirkt die Gemeinde durch ibre Ver- 
tretung in der Voreinschätzungskommission nur 
bei der fingierten Veranlagung der Personen mit 
Einkommen von nicht mehr als 900 Mark mit. 
* Eink. St. G. v. 1891, s§. 21 ff. u. 31. Für 
die Besorgung der ihnen bei der Vorbereitung 
der Veranlagung übertragenen Geschäfte erhal- 
ten die Gemeinden keine Vergütung. Ges. w. 
Aufheb. dir. St., §. 16, Abs. 1. Dadurch ist 
8. 73, Abs. 1 des Eink. St. G. von 1891 auf- 
geboben.
	        
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