Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 54.) 
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vorsteher die ihm vom Staate übertragenen Landesangelegenheiten zu besorgen!, in den 
westlichen Provinzen tritt jedoch der Bürgermeister bezw. der Amtmann an seine 
Stelle.? 
2) Zu den einzelnen staatlichen Verwaltungsangelegenheiten, welche hier erwähnt 
werden könnten, gehören neben zahlreichen unbedeutenderen? die Standesamts-, die Amts- 
anwaltsgeschäfte und die Verwaltung der Ortspolizei.“ In allen Gemeinden, welche für 
sich einen Standesamtsbezirk bilden, hat der Gemeindevorsteher die Personenstandsregister 
zu führen, sofern nicht der Oberpräsident oder die Gemeindebehörde einen besonderen 
Standesbeamten bestellt hat.“ 
Die Verrichtungen eines Amtsanwaltes, eines Hilfs- 
beamten der gerichtlichen Polizei? und die Handhabung der Ortspolizei liegen einer 
Gemeindebehörde als unmittelbarem Staatsorgan in allen denjenigen Städten ob, in 
welchen keine königliche Polizeibehörde eingerichtet ist. 
Zur Führung dieser Geschäfte 
  
der allgemeinen Landesverwaltung, und die Ma- 
gisträte sind verpflichtet, ihn zu unterstützen, wie 
die Gemeindevorsteher auf dem Lande. O. 
hann., §§. 27, 119. Vgl. auch v. Brauchitsch, 
Erzzbe. f. Hannover, S. 110. Anm. 64. 
G. O. kurh., §. 61; G. G. nass., §§. 18, 23; 
Hann. L. Verf. Ges. v. 6. Aug. 1840 (hann. 
G. S., S. 141), §. 58 in der Fassung des §. 5 
der Bdg. v. 1. Aug. 1855 (hann. G. S., S. 165), 
abgedruckt bei v. Brauchitsch, Ergzbd. f. Han- 
nover, S. 15. 
: L. G. O. w., §. 74; rh., §. 108. 
3 Einige solche nennt Leidig, S. 446—447. 
* Bgl. die in Anm. 10 der vorigen Seite 
citierten §§. sowie Leidig, S. 447—464, 476 
— 478; Steffenhagen, SS§. 77, 79, 80; 
Schmit, 8§. 24—29, 30, 32, 76; v. Möller, 
St., §§. 113—116; L., §§. 92—100. 
5 F. 4 des Personenstandsgesetzes v. 6. Febr. 
1875 (R. G. Bl., S. 23). Der Gemeindevor- 
steher kann mit Genehmigung des Oberpräsi- 
denten die Standesamtsgeschäfte einem anderen 
Gemeindebeamten widerruflich übertragen, auch 
kann die Gemeinde beschließen, besondere Stan- 
desbeamte zu bestellen Die Ernennung dieser 
besonderen Standesbeamten, welche Gemeinde- 
beamte sind und von der Gemeinde besoldet 
werden, sowie ihrer Stellvertreter erfolgt unter 
Genehmigung des Oberpräsidenten durch den 
Gemeindevorstand, d. h., wo ein kollegialischer 
besteht, durch diesen, sonst durch den Gemeinde- 
vorsteher. Die sächlichen Kosten tragen stets die 
Gemeinden (§. 8, a. a. O.). UÜber die Ernen- 
nung der Standesbeamten in zusammengesetzten 
Standesamtsbezirken vgl. §#8. 6, 7 a. a. O. und 
Zust. G., §. 154. 
* Das preuß. Ausf. G. zum Ger. Verf. G. 
v. 24. April 1878 (G. S., S. 230) bestimmt in 
8. 64 bezüglich der Amtsanwälte, welche zufolge 
8. 143 des Ger. Verf. G. v. 27. Jan. 1877 an die 
Stelle der Polizeianwälte getreten sind, Folgen- 
des: Die Gemeindevorstebher am Sitze eines 
Amtegerichtes sind zur libernahme der Amts- 
anwaltsgeschäfte verpflichtet, sofern keine könig- 
liche Ortspolizeibehörde besteht. Diese Verpflch- 
tung des Vorstehers fällt jedoch weg, sobald die 
Gemeindebehörde eine andere geeignete und zur 
bernahme der Geschäfte bereite Person in Vor- 
schlag bringt. Ebenso muß auf Antrag der 
Gemeindebehörde eine besondere Person zur 
Stellvertretung des Amtsanwaltes neben dem 
  
Gemeindevorsteher bestellt werden. Die aus der 
ührung der Amtsanwaltsgeschäfte erwachsenden 
osten hat stets der Staat zu tragen. §. 65 des 
preuß. Ausf. G. « 
7 Die Beamten des Volizei= und Sicherheits- 
dienstes sind nach §. 153 des Ger. Verf. G. v. 
27. Jan. 1877 Hilfsbeamte der Staatsanwalt- 
schaft und in dieser Eigenschaft verpflichtet, den 
Anordnungen der Staatsanwälte beim Landge- 
richte ihres Bezirkes Folge zu leisten. Der Erlaß 
der Minister der Justiz und des Innern vom 
15. Sept. 1879 (V. M. Bl., S. 265), welcher in 
Erfüllung des Abs. 2 des §. 153 Ger. Verf. G. 
die hierher gehörigen Beamtenklassen aufzählt, 
nennt zu b) den Bürgermeister oder das an 
dessen Stelle mit Führung der Polizeiverwaltung 
beauftragte Magistratsmitglied, also sind auch 
diese Personen Hilfsbeamte der Staatsanwalt= 
schaft und ihr untergeordnet. Ein fernerer 
Erlaß derselben Minister vom 20. Dez. 1879 
(V. M. Bl. 1880, S. 28) hat jedoch bestimmt, 
daß der Bürgermeister oder das ihn vertretende 
Ratsmitglied in den einen Stadtkreis bildenden 
Städten nicht zu den Hilfsbeamten der Staats- 
anwaltschaft gebören, und daß ausnahmsweise 
auch in anderen größeren Städten der städtische 
Polizeidirigent von der Stellung eines Hilfs- 
beamten entbunden werden kann. Diejenigen 
Bürgermeister und Magistratsmitglieder, welche 
Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft sind, find 
gemäß §§. 80, 81 des preuß. Ausf. G. zum 
Ger. Verf. G. v. 24. April 1878 der Aufsicht 
und Disziplin der letzteren unterworfen. Die 
Staatsanwaltschaft kann die ordnungswidrige 
Ausführung eines Amtsgeschäftes rügen, gegen 
ibre Hilfsbeamten auch Ordnungsstrafen bis zu 
100 Mark verhängen. Der Festsetzung der Strafe 
muß die Androhung vorausgehen. Gegen Beamte, 
welche ihr Amt als Ehrenamt versehen, hat die 
Staatsanwaltschaft kein Ordnungsstrafrecht. Auch 
sonst soll sie von demselben erst dann Gebrauch 
machen, wenn die den betr. Beamten im Haupt- 
amte vorgesetzten Behörden vergeblich um Ab- 
hilfe angegangen worden sind. M. Erl. vom 
7. Okt. 1879 (V. M. Bl. 1880, S. 2). 
s Uber die Voraussetzungen, unter welchen 
in Städten königliche Polizeibehörden eingerichtet 
werden können, vgl. für die alten Provinzen 
Ges. v. 11. März 1850 (G. S., S. 265), §. 2; 
für die neuerworbenen Landesteile Vdg. vom 
20. Sept. 1867 (G. S., S. 1529), §. 2, und
	        
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