210 Zweiter Abschnitt. (8. 56.)
II. Die einzelnen Finanzgaquellen.
A. Die ordentlichen privatrechtlichen Einnahmen.
1) Das Gemeindevermögen.
8. 56.
a) Begriff und Arten des Gemeindevermögens.
1. Das Gemeindevermögen? im weitesten Sinne umfaßt einerseits die unbeweglichen
Gemeindegüter, bewegliche Sachen, ausstehende Forderungen und nutzbare Rechte, und
andererseits als passiven Bestandteil auch die Gemeindeschulden. Von diesen ist unten
besonders zu handeln, hier haben wir es nur mit dem aktiven Gemeindevermögen zu
thun. Dieses zerfällt:
1) in das Gemeindevermögen im engeren Sinne, in den Städten Kämmerei-
vermögen genannt, an welchem die Gemeinde als solche nicht nur Eigentum, sondern
auch Nutzungsrecht hat, und dessen Ertrag zur Bestreitung der Kosten der Gemeinde=
verwaltung bestimmt ist, und
2) in das Gemeindegliedervermögen, in den Städten Bürgervermögen
genannt, an dem die Gemeinde als solche nur Eigentum hat, während die Nutzungen
desselben den einzelnen Gemeindegliedern als solchen zukommen.
Das Gemeindevermögen im engeren Sinne ist wieder entweder Verwaltungs-
(Gebrauchs-) oder werbendes (Finanz-)Vermögen, je nachdem es dazu bestimmt ist, un-
mittelbar den Aufgaben der Verwaltung zu dienen oder durch Gewährung eines Ertrages
Finanzmittel zur Führung des Gemeindehaushaltes zu liefern. Zu ersterem gehören
vorzüglich die öffentlichen Sachen, wie Straßen, Plätze, Parks, Gemeindehäuser u. s. w.,
welche lediglich den öffentlichen Zwecken der Gemeinde gewidmet sind und regelmäßig
keinen Gewinn abwerfen, zu letzterem gehören fruchttragende Grundstücke der Ge-
meinden, namentlich Gemeindeforsten, Aktivkapitalien der Gemeinden und Anlagen,
welche zwar im öffentlichen Interesse erforderlich sind, deren Benutzung aber nur gegen
Entgelt gestattet ist. Diese Scheidung zwischen Verwaltungs= und werbendem Vermögen
ist jedoch keine ausschließende. Es giebt einerseits Gegenstände, welche zunächst wohl
dem öffentlichen Zwecke der Gemeinde dienen sollen, gleichzeitig aber Erträge abwerfen,
wie die Markthallen, Schlachthäuser u. s. w., andererseits auch solche, die neben ihrer
Hauptbestimmung, werbendes Vermögen zu sein, unmittelbar administrative Bedürfnisse
befriedigen, so Gemeindeforsten, welche dem Publikum gleichzeitig als Promenaden zu-
gänglich sind — und oft wird es in concreto schwer zu entscheiden sein, ob ein Ver-
mögensobjekt mehr dem administrativen oder dem finanziellen Zwecke dient. Hier sind
nur die Rechtssätze über das werbende Vermögen zu erörtern, nur sie bilden einen Teil
des kommunalen Finanzrechts; bezüglich der Normen, nach welchen das kommunale Ver-
waltungs-(Gebrauchs-) Vermögen zu verwalten ist, muß auf die entsprechenden Disziplinen
des allgemeinen Verwaltungsrechtes (Wege-, Wasser-, Sparkassenwesen u. s. w.) ver-
wiesen werden.
Einige Gemeindeordnungen, so besonders die nassauische, heben endlich aus der
Gesamtheit des Gemeindevermögens noch ein Grundstockvermögen besonders hervor,
welches den Nachkommen auf jede Weise ungeschmälert erhalten, stets wieder ergänzt
und bei Uberschüssen vermehrt werden muß.* Das Grundstockvermögen kann sowohl
1 beidig. S S. 203 ff.; v. Möller, St., : St. O. ö. u. wiesb., §. 49; w., §. 48; t
§§. 76; L., §§. 56; Steffenhagen, §s. 109; §. 45; schlesw. -bolst., 88. 19, 20; schl.. 8.
m Verw. R., S. 185, §.39, ; G. Meyer, hunn; 8. 114; G. O. kurh., S. 70) G. G. rurl
Deutsches Verw. R., II, S. 284 fl.; 'v. Reitzen-88. 3, 31. W. G. O. ö. u. sheien e wonn 8. 68
stein, „Cemeindevermgene in v. Stengelshan 8. 60.
Wörterbuch, I, S. 541. Vgl. auch Blodig, * G. G. nass., 9§. 42, 44 u. 53; vgl. dazu
SüturochU. S. 223 ff. Bertram, S. 56, §. 120. G. O. sigm., §. 54.