226 Zweiter Abschnitt. (F. 61.)
aber sämtlich treffende sein sollte. Trotzdem haben die Stadtverordneten öfters allerlei
indirekte Steuern, wie Wege-, Brücken-, Thorzölle, Verbrauchsabgaben u. s. w. erdacht und
beschlossen, welche teils die Lasten der Stadtgemeinde auf Fremde wälzten, die nach den
Gesetzen nicht zur Mittragung derselben verpflichtet waren, teils dem Steuersystem des
Staates schadeten. Die Magistrate unterließen die Beanstandung solcher gesetzwidriger
Beschlüsse, und die Regierungen konnten gegen sie von Amts wegen nur selten ein-
schreiten, da ihnen die Etats nicht vorgelegt wurden, sie von diesen vielnrehr erst aus
den Rechnungsextrakten am Jahresschluß Kenntnis erhielten.
Die ersten gesetzlichen Beschränkungen dieses städtischen Besteuerungsrechts brachte
§. 13 des Gesetzes über Einrichtung des Abgabenwesens v. 30. Mai 1820 (G. S.,
S. 134), indem er vorschrieb, daß Gemeindeabgaben in Form von Zuschlägen zur
Klassen= oder Mahl= und Schlachtsteuer nur mit Genehmigung der Regierung, andere
Auflagen und Aufschläge aber nur so weit zugelassen werden sollten, als sie bereits be-
standen, und das Bedürfnis nach ihnen noch fortdauerte, oder als sie in der Verfassung
oder auf landesherrlicher Bewilligung beruhten 2, in allen Fällen aber nur, sofern sie
„den Bestimmungen der allgemeinen Steuergesetze und der Freiheit des inneren Verkehrs
nicht hinderlich" wären. Eingehendere gesetzliche Bestimmungen über die Aufbringung der
städtischen Lasten brachte erst die revidierte Städteordnung v. 17. März 1831. Nur
zwei Einzelmaterien erfuhren inzwischen eine besondere Regelung: Durch Gesetz v. 11. Juli
1822 (G. S., S. 184) wurden neue Bestimmungen über die Besteuerung des Dienst-
einkommens der Staatsbeamten getroffen, und durch die Kabinettsordre v. 29. April 18297
wurde den Städten die Einführung einer Hundesteuer gestattet.
Die revidierte Städteordnung macht unter Voranstellung des Satzes, daß alle
Gemeindemitglieder, Bürger oder Schutzverwandte, „nach Berhältnis ihres Vermögens“
zu Geldbeiträgen und persönlichen Diensten verpflichtet sind, alle „nach einem anderen
Maßstabe als dem der Staatssteuern“ aufzubringenden Gemeindeauflagen von ministe-
rieller Genehmigung abhängig. Bezüglich der Frage, zu welchen Staatssteuern Gemeinde-
zuschläge erhoben werden können, und inwiefern diese der Genehmigung bedürfen, ver-
weist sie auf eine Instruktion, die dann auch unterm 18. Febr. 1834 erging"“ und die
1 Publ. der Regierung zu Gumbinnen vom
munalverfassung vereinbar war. Inhaltlich der-
5. März 1821; v. Rönne und Simon, Die
preuß. St. Ordugn., S. 217.
: Zu den in der Verfassung begründeten Ge-
meindeabgaben gehörte nach einem M. Restr.
vom 20. Juli 1839 besonders die städtische Ein-
kommensteuer. Da die Stadtbehörden derjenigen
Städte, in welchen die St. O. von 1808 galt,
verfassungsmäßig berechtigt waren, die zur
Deckung des Kommunalbedürfnisses erforder-
lichen Steuern auf die Einwohner nach Ver-
hältnis ihrer Kräfte und ihres Vermögens zu
verteilen, so war eine Einkommensteuer eine
solche, welche auf der Verfassung beruhte, und
daher der vorherigen Bestätigung der Staats-
behörden nicht bedurfte.
v. Rönne u. Simon, S. 253; v. Kamptz,
Ann., XIII, S. 354.
4 St. O. v. 1831, §§. 117—123. Nach §. 122
bedurfte es der ministeriellen Genehmigung zu
bereits bestehenden oder einzuführenden Auflagen,
die nach einem anderen Maßstabe als dem der
Staatssteuern erhoben werden sollten, nicht,
wenn die staatliche Erlaubnis zur Erhebung der-
selben bereits nach dem Erlaß des Ges. vom
30. Mai 1820 ausdrücklich erteilt worden war.
— Die Instr. v. 1834 wurde an sämtliche Ober-
präsidenten mit der Bestimmung erlassen, sie in
den Städten, in denen die St. O. v. 1831 galt,
vollständig, in den übrigen wenigstens so weit
einzuführen, als sie mit der bestehenden Kom-
selben sind die Gemeindeauflagen in der Regel
im Wege des Zuschlages zu den Staatssteuern
zu erheben, und müssen dergleichen Beiträge auch
der Veranlagung der Hauptsteuer folgen. Die
Regierung hat die Genehmigung zu erteilen,
wenn die Kommunalsteuer erhoben werden soll
als Zuschlag zur Klassensteuer bis zu #/18 des
jährlichen Beitrages, zur Schlacht= und Mahl-
steuer bis zu 25 Prozent, zur Grundsteuer bis
zu 29 Prozent. Soll der Zuschlag zu diesen
Steuern die angegebenen Sätze übersteigen, soll
eine Kommunalsteuer als Zuschlag zur Gewerbe-
und Braumalzsteuer oder überhaupt nicht in
Form von Zuschlägen zu einer Staatssteuer er-
hoben werden, so ist die Genehmigung der Min.
des Innern und der Finanzen erforderlich. Für
jede zu genehmigende Gemeindesteuer ist Vorans-
setzung, daß durch sie weder der freie Berkehr
im Inneren gehemmt, noch der Eingang der
Staatssteuern gefährdet werde. Es war hiernach
abweichend von dem Ges. v. 30. Mai 1820,
welches ja für das Gebiet der St. O. v. 1808
noch bestehen blieb, Genehmigung des Landes-
herrn auch dann nicht erforderlich, wenn es sich
um Einführung einer neuen, nicht schon du
die bestehende Verfassung begründeten Auflage
handelte, es genügte stets die Genehmigung der
Minister. Auch im Gebiete der St. O. v. 1806
wurde von jetzt ab die landesherrliche Geneh-
migung durch die ministerielle ersetzt, bda man