Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

248 Zweiter Abschnitt. (F. 65.) 
des bestehenden Systems gerichtet sein, dabei sind stets die Gründe anzugeben und es ist eine 
Frist zu setzen, innerhalb welcher die Gemeinde der Anordnung zu entsprechen hat. Die 
Einführung neuer und die Erhöhung bestehender indirekter Steuern darf jedoch nicht 
angeordnet werden; auch hat die Aufsichtsbehörde bei ihren Anordnungen stets im Auge 
zu behalten, daß ihr dieses weitgehende Recht des positiven Eingriffs nur zur Herstellung 
eines den Vorschriften des Gesetzes entsprechenden Zustandes eingeräumt ist, sie darf es 
daher, abgesehen von dem Falle c, nicht ausüben, um ihr bloß zweckwidrig erscheinende 
Verhältnisse zu beseitigen. 
Zuständig zum Erlaß solcher Anordnungen sind nicht die unter 1 genannten Kollegial- 
behörden, sondern bei Stadtgemeinden der Regierungspräsident und bei Landgemeinden 
der Landrat als Vorsitzender des Kreisausschusses. Gegen die Anordnung findet inner- 
halb vier Wochen nach Ablauf der in ihr gestellten Frist die Klage im Verwaltungs- 
streitverfahren statt, und zwar für die Stadtgemeinden bei dem Oberverwaltungsgericht, 
für die Landgemeinden beim Bezirksausschusse. Bis zum Ergehen einer rechtskräftigen 
Entscheidung kann der Bezirksausschuß bezw. der Kreisausschuß durch Beschluß vorläufig 
das Steuerwesen ordnen. Wird die Klage innerhalb der Frist nicht erhoben oder wird 
sie rechtskräftig abgewiesen, so ist die Aufsichtsbehörde befugt, die erforderliche Ordnung 
des Steuerwesens auf Grundlage der erlassenen Verfügung selbst festzustellen. Wird 
die Klage endgültig für begründet erkannt, so tritt die Anordnung außer Kraft. 
VIII. Das neue Koemmunalabgabengesetz ist, wie bereits erwähnt, am 1. April 1895 
(die Novelle am 1. April 1896) in Kraft getreten. Mit diesem Tage haben alle ihm 
widersprechenden gesetzlichen und die diesen gleichstehenden gewohnheitsrechtlichen 
Satzungen ihre Gültigkeit verloren, und in der ganzen preußischen Monarchie regelt 
sich das Gemeindeabgabenwesen nach den nämlichen Vorschriften. Diese gelten in gleicher 
Weise für Stadt= unr Landgemeinden und machen zwischen beiden nur hinsichtlich der Zu- 
ständigkeit der sie beaufsichtigenden und ihre Beschlüsse bestätigenden Behörden einen Unter- 
schied. — Ausnahmen vom Gesetz sind zu Gunsten besonderer Steuerordnungen 
der Gemeinden, welche zur Zeit seines Inkrafttretens in Geltung waren, nachgelassen. 
Diese Steuerordnungen sollen auch fernerhin so lange bestehen bleiben, bis sie durch rechts- 
gültigen Gemeindebeschluß oder durch Anordnung der Aufsichtsbehörde abgeändert sind.! 
) Gebühren und Beiträge. 
8. 65. 
a) Die Gebühren.: 
I. Gebühren sind Abgaben, welche von der Gemeinde als spezielle Entgelte für 
die Inanspruchnahme gemeindlicher Einrichtungen erhoben werden. Sie bilden im Gegen- 
satz zu den Stenern eine spezielle Gegenleistung für einen speziellen, seitens der Gemeinde 
dem Pflichtigen geleisteten Dienst. Sie zerfallen in Verwaltungsgebühren und Be- 
nutzungsgebühren, je nachdem sie für die Inanspruchnahme einer Amtsthätigkeit gemeind- 
licher Organe oder für die Benutzung einer gemeindlichen Veranstaltung zu entrichten 
sind. Sie sind stets im voraus nach festen Normen und Sätzen zu bestimmen, jevoch 
ist eine verschiedene Abstufung der Gebührensätze, insbesondere eine angemessene Berück- 
sichtigung Unbemittelter nicht ausgeschlossen.) 
  
1 K. A. G., §. 96, Abs. 4 u. 5. Auch die außer Kraft, sofern sie bis dahin nicht von den 
Steuerordnungen sind aber am 1. April 1895 zuständigen Ministern besonders genehmigt sind. 
außer Kraft getreten, soweit sie Vorschriften überK. A. G., §. 23, Abf. 4. 
eine besondere, dem F. 37, Abs. 1 des K. A. G. : Leidig, S. 223; v. Möller, St., §. 73; 
nicht entsprechende Einkommensteuer enthielten L., F. 53. 
und nicht bis dabin vom Minister besonders s K. A. G., 88. 4. 5. z; Ausf. Anw., Art. 4. 
genehmigt waren. K. A. G., §. 37, Abs. 2. Daselbst beißt es Z. 3: „Die Feststellung der 
Das Weitergelten äiserer Ordnungen über die Voraussetzungen für do Entrichtung von Ge- 
Miets= und Wobnungssteuern ist zeitlich be= bühren, der Gebübrensätze und der Art und Weise 
grenzt, diese treten nämlich am 1. April 1898 der Erhebung erfolgt zweckmäßig durch Gebübren- 
 
	        
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