Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 66.) 253 
ipso jure eintretenden Erwerbe des Bürgerrechts zu entrichten ist, ohne daß ein Gemeinde- 
organ irgendwie thätig wird. .2 
Die Erhebung dieser Abgabe ist teils gesetzlich angeordnet, so in Hannovers und 
Nassau“, teils dem Belieben der Städte überlassen, so in den alten Provinzen, 
im Geltungsgebiete der Städteordnung für den Regierungsbezirk Wiesbaden und 
in Kurhessen.3 In Schleswig-Holstein ist das Bürgerrechtsgeld überhaupt ver- 
boten und nur die Erhebung einer angemessenen Ausfer tigungsgebühr für Erteilung 
des Bürgerbriefes zugelassen.“ 
Genauere Vorschriften über das Bürgerrechtsgeld enthält nur die hannöversche 
Städteordnung und das Gesetz über das städtische Einzugs-, Bürgerrechts= und Einkaufs- 
geld v. 14. Mai 1860 (G. S., S. 237), welches, unter Abschaffung der damals in den 
Städten der alten Provinzen zur Hebung gelangenden Eintritts= und Hausstands- 
gelder, die Erhebung von Bürgerrechtsgeldern neu regelte; die Vorschriften dieses Gesetzes 
sind in das Gemeindeverfassungsgesetz für Frankfurt a. M. und in die Städteordnung 
für den Regierungsbezirk Wiesbaden übergegangen.7“ 
1) In den letztgenannten Rechtsgebieten kann durch einen vom Bezirksausschuß zu 
bestätigenden Gemeindebeschluß? die Entrichtung von Bürgergeld bei Erwerb des Bürger- 
rechts angeordnet werden. Abstufungen in dem Betrage der Abgabe sind zulässig. Sie 
darf jeroch innerhalb derselben Gemeinde von niemand zweimal erhoben werden; verliert 
also jemand sein Bürgerrecht, so ist er bei einem Wiedererwerbe desselben nicht nochmals 
zur Zahlung von Bürgerrechtsgeld verpflichtet. Überhaupt befreit vom Bürgerrechtsgelde 
sind: a) die unmittelbaren und mittelbaren Staatsbeamten, die Geistlichen und Lehrer, 
wenn sie gemäß dienstlicher Verpflichtung ihren Wohnsitz in der Stadt nehmen oder ihn 
nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienste zum erstenmal verlegen, b) die Militär- 
personen, welche sich zwölf Jahre im aktiven Dienststande befunden haben, bei ihrer 
ersten Niederlassung nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienste, und c) die Gewerbe- 
treibenden, sofern sie nicht aus anderen Gründen als wegen ihres Gewerbebetriebes — 
Grundbesitz, Census — das Bürgerrecht erwerben, oder vor Ablauf eines dreijährigen 
Zeitraumes nach begonnenem Gewerbebetriebe zum Bürgerrecht zugelassen werden wollen. 10 
2) In Hannover muß in jeder Stadt für die Gewinnung des Bürgerrechts eine 
Gebühr erhoben werden. Die Höhe derselben ist im Ortsstatut zu bestimmen. Ab- 
stufungen sind zulässig, besonders kann für die von der Stadt Angestellten ein ermäßigtes 
Bürgergewinngeld oder auch die gänzliche Freilassung von demselben vorgeschrieben 
werden. Das Bürgerrecht muß auf Antrag ohne Entgelt den nicht aus einem besonderen 
  
1 Das alte Bürgerrechtsgeld (im alten preuß.] gewinngeld“ und wird ausdrücklich „Gebühr“ 
Staat zuerst durch einen M. Erl. v. 25. Juni 
1809, dann durch die St. O. von 1831 und schließ- 
lich für die ganze Monarchie einheitlich durch Kab. 
Ordre v. 28. Juli 1838 geregelt) wurde durch 
die G. O. von 1850 verboten. Die neueren 
preuß. St. Ordugn. (St. O. ö., §. 52; w., S. 51) 
führten statt seiner dann Abgaben für den An- 
zug und die Begründung eines Hausstandes ein 
(Eintritts= und Hausstandsgelder). Diese wurden 
1860 durch die neuen Bürgerrechtsgelder ersetzt. 
Siehe oben den weiteren Text. 
2 Diesen verschiedenen Charakter des Bürger- 
rechtsgeldes in der Einwohner= und in der 
Bürgergemeinde bringen die betreffenden Gesetze 
selbst klar zum Ausdruck. Die St. O. hann., 
G. O. kurh., G. G. nass. sprechen hier richtig 
von einer Abgabe, die für, also als Gegen- 
leistung für die Verleihung des Bürgerrechts zu 
entrichten ist, die für die altpreußischen Landes- 
teile geltenden St. Ordugn. sprechen dagegen nur 
von einer bei, also gelegentlich des auch ohne 
Gegenleistung eintretenden Erwerbes des Bürger- 
rechts zu entrichtenden Abgabe. 
St. O. hann., §. 28; hier heißt es „Bürger- 
  
genannt. 
41 G. G. nass., §. 84, Z. 2, u. §. 85; hier 
heißt es „Aufnahmegeld“. 
° G. O. kurh., §. 31; hier heißt es „Bürger- 
geld“. 
St. O. schlesw.-holst., §. 15. 
St. O. wiesb., §. 52; frkf., 8. 16. 
8 Die G. O. kurh. bestimmt in F. 31 nur, 
daß über die Höhe des in Städten etwa zu er- 
hebenden Bürgergeldes der Gemeinderat und 
der Gemeindeceschß mit Genehmigung des 
Bez. A. zu beschließen haben, und daß die zum 
Erwerbe des Bürgerrechts Berpflichteten, welche 
kein Gewerbe betreiben dürfen (Beamte), auch 
zur Zahlung des Bürgergeldes nicht verpflichtet 
sind. Das G. G. nass. bestimmt in §. 85, daß 
der Betrag des Aufnahmegeldes durch Gemeinde- 
beschluß mit Genehmigung des Bez. A. (Kr. A.) 
von 5 zu 5 Jahren festzusetzen ist und in der Regel 
die Summe von 60 fl. (= 102 Mark 80 Pf.) 
nicht übersteigen darf. 
Eines Statuts bedarf es nicht. O. V. G., 
XXV, S. 16. 
10 Vgl. oben S. 88, besonders Anm. 5.
	        
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