Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 69.) 269
in ihren Sätzen erhöht werden pürfen. Gestattet ist die Beibehaltung bestehender
Steuern auf den Verbrauch der ebenbezeichneten Gegenstände, insbesondere können
hiernach auch Mahl- und Schlachtsteuern in denjenigen Gemeinden, auf welche das
Gesetz v. 25. Mai 1873 keine Anwendung findet, im bisherigen Umfange forterhoben
werden. 1
III. Die Erhebung dieser Steuer erfolgt, wenn das belastete Objekt außerhalb
des Gemeindebezirkes produziert oder für den Verbrauch hergerichtet wird, bei seiner
Einbringung in den Gemeindebezirk, so bei Wildbret, Kartoffeln, Getreide, sonst in
einem bestimmten Stadium der Produktion oder der Herrichtung des Gegenstandes zum
Gebrauch, so beim Mahlen des Mehles, beim Schlachten des Viehes, beim Brauen des
Bieres, beim Brennen des Branntweins u. s. w. Verpflichtet zur Entrichtung der
Verbrauchsabgabe ist jeder, der das betreffende Objekt in den Gemeindebezirk einführt,
oder innerhalb desselben die fragliche wirtschaftliche Handlung vornimmt.?
wollen, bei denen eine Versendung von Ort zu
Ort stattfinden könne, nicht dagegen an Stoffe
wie Gas gedacht, bei denen eine soche nicht in
Frage komme. Sie halten eine Gassteuer in
zerbindung mit einer solchen auf elektrisches
Licht für zulässig. Für Petroleum ist die ver-
schiedene Beantwortung der Frage übrigens ohne
praktische Bedeutung, da dieses schon wegen des
auf ihm lastenden Eingangszolles von 6 Mark
pro 100 Kilegramm (Nr. 29 des Zolltarifes v.
24. Mai 1885 (R. G. Bl., S. 1111) nicht mehr
mit kommunalen Verbrauchsabgaben belegt wer-
den darf (oben S. 266).
Milch und Reis, deren Erwähnung Schwartz
(Anm. 1 zu §. 14) in §. 14 des K. A. G. ver-
mißt, dürfen schon deshalb nicht von den Ge-
meinden besteuert werden, weil sie nicht zu den
in Art. 5, Z. II, S. 7, Abs. 2 u. 3 a. a. O. auf-
gezählten Gegenständen gehören. Auf Reis lastet
überdies ein Eingangszoll von 4 Mark pro 100
Kilogramm (Nr. 25 '8 des genannten Zolltarifs).
1 Es sind dies alle Gemeinden, in welchen
1873 die Mahl= und Schlachtsteuer nicht für
den Staat erhoben wurde. Mahl= und Schlacht-
steuern außerhalb des Geltungsgebietes des Ges.
von 1873 werden gegenwärtig in einigen Städten
Hannovers und in einer größeren Anzahl Ge-
meinden Hessen= Nassaus erhoben, und zwar
sind diese kommunalen Schlachtsteuern nicht den
Beschränkungen des Ges. von 1873 unterworfen.
Die Befreiungen der Militärspeiseeinrichtungen
und ähpnlicher Anstalten (vgl. oben S. 268,
Anm. 3) finden auch hier statt. 8. 11 der Vdg.
v. 23. Sept. 1867 (G. S., S. 1648).
: And. Ans. Leidig, S. 305. Derselbe
will zu den Verbrauchsabgaben nur die Ein-
wohner, die sich länger als drei Monate im
Gemeindebezirke aufhaltenden Fremden und
die Militärpersonen (letztere wegen der aus-
drücklichen Bestimmung in §. 11 der Vdg. v.
22. Dez. 1868 (B. G. Bl., S. 57 1) eranziehen
S Sept 1867 IG. S., S. 1648 ziehen,
nicht dagegen Forensen, Verbandepersonen und
erst kürzere Zeit in der Gemeinde aufhaltsame
Fremde. Von den anderen, im folgenden §. zu
esprechenden indirekten Abgaben, den Lustbar-
keits- und Luxussteuern, will er auch die Militär=
personen freilassen (S. 302). Wegen der Militär-
personen kann jetzt hinsichtlich aller dieser Abgaben
kein Zweifel mehr herrschen: sie alle sind nach dem
K. A. G. indirekte Steuern, und daher müssen
zu ihnen Militärpersonen „gleich anderen Ge-
meindeeinwohnern beitragen“ (F. 11, a. a. O.).
Ebenso sind auch Forensen und Neuanziehende und
zwar letztere ohne Rücksicht auf die Zeit ihres Auf-
enthaltes, steuerpflichtig. Diese Steuern sollen
eben an bestimmte Gegenstände oder Handlungen
geknüpft sein; zahlen muß man sie nicht, wie die
persönlichen Gemeindeabgaben, weil man Unter-
than der Gemeinde ist, sondern lediglich deshalb,
weil man diese Gegenstände im Gemeindebezirke
besitzt oder weil man diese Handlungen im Ge-
meindebezirke vornimmt. §. 8 des Freizügigkeits-
g#sm#utzes v. 1. Nov. 1867, nach welchem Neuanziehende
erst dann zu Gemeindelasten herangezogen werden
können, wenn sie sich länger als drei Monate
im Gemeindebezirke aufhalten, schützt die Neu-
anziehenden nicht gegen Belastung mit indirekten
Steuern: Gemeinveabgaben im Sinne des F. 8
a. a. O. heißt zweifellos Abgaben, die den „Ge-
meindeeinwohnern“ als solchen obliegen, d. h.
ibre Person bezw. ihr Einkommen erfassen, be-
zieht sich aber nicht auf Abgaben realen Cha-
rakters, Verbrauchs= und andere indirekte Steuern.
Alle Gesetze, welche gewisse Personenkategorien,
Militärpersonen (Vdg. v. 23. Sept. 1867),
Staatsbeamte, Geistliche, Lehrer (Ges. v. 11. Juli
1822 (G. S., S. 184] und Vdg. v. 23. Sept.
1867) für steuerfrei erklären, befreien sie immer
nur von den rein persönlichen Abgaben. „Zu
den indirekten Gemeindeabgaben muß aber ein
jeder und auch die von den direkten Gemeinde-
beiträgen befreiten Personen beitragen“ (§. 12
des Ges. v. 1822). Derselben Ansicht v. Reitzen-
stein, „Gemeindesteuern“, in v. Stengels Wör-
terbuch, II, S. 526, §. 6; wohl auch Nöll,
- und G. Meyer, Verw. R., II, S. 302
u. 292. «