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Zweiter Abschnitt. (8. 75.)
selben in eigener Person oder durch Beauftragte ausübt.! Dabei stehen ebenso wie bei
der Grundsteuer juristische Personen den physischen, Personenmehrheiten (offene Handels-
gesellschaften, Kommanditgesellschaften u. s. w.) den einzelnen Personen gleich.
II. Befreit von dieser Abgabe sind — und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie
als eine besondere Steuer oder in Form von Prozenten erhoben wird — nur diejenigen
Betriebe, für welche eine Befreiung durch ausdrückliche gesetzliche Anordnung begründet
ist. Dies sind:
a) die Gewerbebetriebe des Reiches?;
b) gewisse gewerbliche Unternehmungen der Kommunalverbände 3, nämlich: a) die
zu gemeinnützigen Zwecken dienenden Geld= und Kreditanstalten, als Sparkassen, Landes-
kreditkassen, Landeskultur-Rentenbanken, Bezirks= und Provinzial-Hilfs= und Darlehens=
kassen " u. s. w., 8) Kanalisations= und Wasserwerke, letztere jedoch nur, soweit sich der
Betrieb auf den Bezirk der unternehmenden Gemeinde beschränkt, J) Schlachthäuser und
Viehhöfe, 5) Markthallen, e) Volksbäder, 5) Anstalten zur Beleihung von Pfandstücken?;
1 Auch Exterritoriale, welche ein Gewerbe in
der Gemeinde betreiben, unterliegen der Pflicht
zur Nohlung der kommunalen Gewerbesteuer.
G. Meyer, Verw. R., II, S. 295.
* Zu den Gewerbebetrieben des Reiches ge-
bört nicht die im K. A. G., §. 28, Z. 6, aus-
drücklich für gewerbesteuerpflichtig erklärte Reichs-
bank. Sie hat eine vom Reiche verschiedene
juristische Persönlichkeit und kann zur kommu-
nalen Gewerbesteuer herangezogen werden. Von
der staatlichen Gewerbesteuer war sie freizulassen.
(Gew. St. G., §. 3, Z. 2), weil ihr diese Befreiung
durch das Reichsbankges. v. 14. März 1875,
§. 21 (R. G. Bl., S. 177) ausdrücklich zuge-
sichert war. Ausf. Anw., Art. 19, Z. 4; Nöll,
S. 73, Anm. 9; Strutz, S. 88, Anm. 9 u.
10: Mot. z. K. A. G., S. 45 zu 8. 23 des Entw.
2 K. A. G., 8. 28, Abs. 2; Gew. St. G., §. 3,
Abs. 1, Z. 4. Nicht befreit von der kommunalen
Gewerbesteuer sind dagegen die nach §. 3, Z. 3
des Gew. St. G. von der staatlichen Gewerbe-
steuer früher befreiten landschaftlichen Kreditver-
bände, sowie die öffentlichen Versicherungsver-
bände. Diese sind nach §. 28 des K. A. G.
kommunalsteuerpflichtig, indem hier nur die in
8. 3, Z. 4 des Gew. St. G. bezeichneten Betriebe
der Kommunalverbände für gewerbesteuerfrei,
alle anderen Betriebe kommunaler und anderer
öffentlicher Verbände aber für gewerbesteuer-
pflichtig bezeichnet werden (Abs. 2 u. Abf. 1, Z. 5).
Dieser Ansicht ist wohl auch Adickes, welcher
S. 340 die landschaftlichen Kreditverbände und
die öffentlichen Versicherungsverbände nicht unter
den in Zukunft gewerbesteuerfreien Betrieben
aufzählt. And. Ans. Nöll, S. 72, Anm. 7. Er
führt aus, daß nach der Begründung des Entw.
des K. A. G. und nach den Kammerverhand-
lungen die Z. 5 des §. 28 (F. 23 des Ento.),
welche „die Gewerbebetriebe kommunaler und
anderer öffentlicher Verbände“ für kommunal-=
steuerpflichtig erklärt, sich nicht auf die in §. 3,
Z. 3 des Gew. St. G., sondern nur auf die in
Z. 4 daselbst bezeichneten Betriebe beziehen sollte
und daß, nachdem man diese schließlich in Abs. 2
des §. 28 doch wieder für steuerfrei erklärte, die
Z. 5 „gegenstandslos“ geblieben ist. Dem
ist nicht beizutreten: die ursprüngliche Absicht
des Gesetzgebers kann nicht in der Weise maß-
gebend sein für die Interpretation des Ges.,
daß man eine positive Vorschrift desselben, die
einen sehr guten Sinn giebt, für ganz gegen-
standslos erklärt, weil sie ihr widerspricht. Daß
Abs. 1, Z. 5 des §. 28 aber nicht nur auf §. 3,
Z. 4 des Gew. St. G., sondern ebenso gut auf
#§. 3, Z. 3 des Gew. St. G. bezogen werden
kann, ist zweifellos, denn sie spricht ausdrücklich
von Betrieben anderer — nicht kommunaler —
öffentlicher Verbände, zu denen eben die Kredit-
verbände und Versicherungsanstalten gehören.
Nicht unbedingt maßgebend für die Interpreta-
tion sind auch die Zusatzbestimmungen v. 5. März
1894 zur Ausf. Anw. v. 10. April 1892, betr.
die Veranlagung der Gewerbesteuer, auf welche
Nöll sich beruft. Auch Strutz, S. 87, Anm. 8,
bält Abs. 1, Z. 5 des §. 28 einfach für gegen-
standslos.
* Die hier nach dem Gew. St. G. ausdrücklich
aufgeführten Geld= und Kreditanstalten, also
auch die Sparkassen, genießen stets Steuerfrei-
heit, ohne daß es einer besonderen Feststellung
bedarf, ob sie gemeinnützigen Zwecken dienen.
(And. Ans. betreffs der Sparkassen Adickes,
S. 371 und früher auch Strutz, vgl. 1. Aufl.,
S. 76, Anm. 3, und dagegen 3. Aufl., S. 87,
Anm. 8.) Die Steuerfreiheit anderer Geld= und
Kreditanstalten der Kommunalverbände hängt
dagegen von der Feststellung dieser Voraussetzung
ab. Diese wird stets dann gegeben sein, wenn
die Verwaltung der Anstalt an erster Stelle auf
Förderung des öffentlichen Wohles und Nutzens
gerichtet ist, die Erzielung eines Gewinnes nur
in zweiter Linie im Auge hat. Ausf. Anw.,
Art. 19, Z. 1, Abs. 2.
5* Vgl. im einzelnen Art. 5 der Ausf. Anw.
zum Gew. St. G. v. 10. April 1892. Nach §. 3,
Abs. 2 des Gew. St. G. ist der Finanzminister
ermächtigt, auch für andere als die oben bezeich-
neten, im öffentlichen Interesse unternommene
gewerbliche Betriebe der Kommunalverbände
Steuerfreiheit zu gewähren, und er muß die
Steuerfreiheit auf Antrag gewähren, solange
solche Betriebe ertragslos sind. Nach AbsK. 3
daselbst ist der Finanzminister ferner ermächtigt,
auch Unternebmungen anderer Korporationen,
Vereine und Personen, welche nur wohlthätige
oder gemeinnützige Zwecke unter Ausschluß eines
Gewinnes für die Unternehmer vrfelzen (öffent-
liche Volksküchen, Kaffeeschänken, Volksbiblio-