282 Zweiter Abschnitt. (§§. 76, 77.)
S. 76.
J) Die Besteuerung eines Gewerbebetriebes in mehreren Gemeinden.
Erstreckt sich ein und derselbe Gewerbebetrieb über mehrere Gemeinden, so darf er
behufs Vermeidung der gewerblichen Doppelbesteuerung in jeder derselben nur zu einem
gewissen Teile zur Gewerbesteuer herangezogen werden. Die Art und Weise, in welcher
hier der Umfang der Berechtigung der einzelnen Gemeinde festgestellt wird, ist verschieden,
je nachdem es sich um die Erhebung von Prozenten der staatlich veranlagten Gewerbe-
steuer oder um die Erhebung besonderer Gewerbesteuern handelt.
I. Für den ersteren Fall hatte bereits das Gewerbesteuergesetz Bestimmungen
getroffen. Diese sind durch das Kommunalabgabengesetz aufrecht erhalten und auch hin-
sichtlich derienigen Betriebe für anwendbar erklärt, welche erst durch das Kommunalabgaben-=
gesetz der staatlichen Veranlagung unterworfen sind. Danach hat bereits der veranlagende
Steuerausschuß den Steuersatz, welchen er für den ganzen über mehrere Gemeinden sich
erstreckenden Gewerbebetrieb ermittelt hat, in die auf die einzelnen Betriebsorte ent-
fallenden Teilbeträge zu zerlegen, und die einzelne Gemeinde hat dann den ihr zugewiesenen
Teilbetrag ihrer Erhebung von Prozenten ebenso zu Grunde zu legen wie den Steuer-
satz, welcher für ein in ihr allein betriebenes Gewerbe festgestellt ist.1
II. Werden besondere Gewerbesteuern umgelegt, so erfolgt die Veranlagung wie
bei jeder besonderen Steuer selbständig durch den Gemeindevorstand. Jeder der beteiligten
Gemeindevorstände hat den Betrieb nur nach Maßgabe des in der betreffenden Gemeinde
belegenen Teiles zu veranlagen, z. B. bei einer Besteuerung nach dem Anlage= und
Betriebskapital nach dem in der Gemeinde befindlichen Teile desselben, bei einer Be-
steuerung nach Arbeitern oder Motoren nur nach den in der Gemeinde thätigen. Soll
der Ertrag den Maßstab der besonderen Gewerbesteuer bilden, so sollen die Grundsätze
über die Vermeidung der Doppelbesteuerung des aus dem Gewerbebetriebe fließenden
Einkommens siungemäß zur Anwendung kommen, es wird dann also zunächst der Gesamt-
ertrag des Gewerbes eingeschätzt und dann der auf die einzelne Gemeinde entfallende
Teil desselben gemäß den unten S. 307 erörterten Vorschriften vom Gemeindevorstande
ermittelt werden müssen.
S. 77.
55) Die Betriebssteuer.
Die Betriebssteuer ist eine Abgabe, welche von dem Betriebe gewisser Gewerbe,
nämlich der Gastwirtschaft, der Schankwirtschaft, sowie des Kleinhandels mit Brannt-
wein und Spiritus, neben und unabhängig von der ordentlichen Gewerbesteuer erhoben
Gemeindebezirkes, somit nicht als Gewerbe-
treibende beizutragen haben. Diese Vorschrift
allein rief den §. 22 des K. A. G. hervor, im
übrigen bestehen auch für Standesherren keine
einer interessierten Gemeinde oder des Gewerbe-
treibenden zu bewirken, nach Abschn. II der
Zusatzbestimmungen v. 5. März 1894 hat nun-
mehr jeder Steuerausschuß viese Zerlegung im
„Vorschriften, welche eine Befreiung von der
Gewerbesteuer in sich schließen"“. §. 22 des
K. A. G. hat also nur für das ehemalige kurh.
Gebiet Bedeutung. Komm. Ber. des A. H., S. 54
—56; Ausf. Anw., Art. 14, Z. 2; dazu Strutz,
S. 232, Anm. c, u. Adickes, S. 328—329.
1 K. A. G., §. 32, Abs. 1; Ausf. Anw., Art. 21;
Gew. St. G., §.38. Nach den Mot. des Gew. St.
G., S. 56, und auch nach Art. 55 der Ausf. Anw.
v. 10. April 1892 hatte der Steuerausschuß diese
Zerlegung des Steuersatzes nur auf Antrag
unmittelbaren Anschlusse an die Veranlagung
von Amts wegen vorzunehmen. Der die Ber-
teilung aussprechende Beschluß ist sowobl den
beteiligten Kommunen wie dem Steuerpflichtigen
zuzustellen. Den Kommunen wie dem Steuer-
pflichtigen steht binnen einer Ausschlußfrist von
vier Wochen die Berufung an die Bezirksregie-
rung und gegen den Berufungsbescheid in gleicher
Frist die *:* an das Oberverwaltungs-
gerich zu. Gew. St. G., § 38.
K. A. G., §. 32, Abl. 2