Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 83.) 
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solche Agentur des Unternehmens befindet, welche ermächtigt ist, Rechtsgeschäfte im 
Namen und für Rechnung des Inhabers bezw. der Gesellschaft selbständig abzuschließen. 
  
nur nebensächliche, den Abschluß oder die Aus- 
fübrung der wesentlichen Geschäfte unterstützende, 
sondern wesentliche zum eigentlichen Geschäfts- 
gange der Hauptniederlassung gehörende, und 
zwar nicht lediglich nach den von der Haupt- 
niederlassung gegebenen Auweisungen .. . son- 
dern mit einer gewissen Freiheit und Selbstän- 
digkeit der Entschließung“. Jede Zweignieder- 
laßung kann eine besondere Firma haben; hat 
sie keine solche, so muß, wenn sie an einem 
anderen Orte oder in einer anderen Gemeinde 
als die Hauptniederlassung errichtet ist, die Firma 
der lechteren für sie beim zuständigen Handels- 
ericht eingetragen werden (Allg. Disch. H. G. B., 
rt. 21). Die Anmeldung der Firma läßt auf 
das Vorhandensein einer Zweigniederlassung 
schließen, jedoch ist die Anmeldung nicht Voraus- 
setzung für die Ausübung des Besteuerungs- 
rechts seitens der Gemeinde. So auch Nöll, 
S. 110, Anm. 5; Entsch. des R. O. H. G., XIV, 
S. 402; v. Hahn, Kommentar zum H. G. B. 
(4. Aufl.), 1, S. 175; Gareis, Handelsrecht 
8 Aufl. S. 73. Vgl. auch O. V. G., XXIlI, 
Eine Betriebsstätte ist nach den Entschei- 
dungen des O. V. G., XVII, S. 252; XVIII, 
S. 131 Überall da als vorhanden anzunehmen, 
„wo ein Teil der zu einem gewerblichen Unter- 
nehmen erforderlichen Arbeit auf einem Raume, 
der, wenn auch nicht scharf gegen außen ab- 
gegrenzt, doch als ein fester örtlicher Mittel- 
punkt der Arbeitsthätigkeit erkennbar bleibt, 
und nicht bloß vorübergehend, sondern in er- 
kennbarer Absicht fortgesetzter Thätigkeit auf 
derselben Stelle geleistet wird"“. Wesentlich ist 
biernach für den Begriff einer Betriebsstätte, 
wie er auch in der Litteratur anerkannt ist 
(Leidig, S. 257d), daß an einer Stelle Ar- 
beiten verrichtet, d. h. Handlungen vorge- 
nommen werden, daß also eine menschliche 
Thätigkeit im Interesse des betreffenden Ge- 
werbebetriebes entwickelt wird, und zwar muß 
diese Thätigkeit nicht wie die an einer lediglich 
als Sitz eines größeren Unternehmens oder an 
einer lediglich als Verkaufsstätte existierenden 
Stelle entwickelte auf die Leitung des Unter- 
nehmens oder auf den Absatz von Gütern ge- 
richtet sein, sondern sie muß sich direkt auf die 
Produktion der letzteren, die Herstellung 
derselben für den Verkehr oder, sofern es sich 
bei einem Gewerbebetriebe um Leistungen han- 
delt, auf die Hervorbringung dieser Leistungen 
richten. Daher sind Betriebsstätten: die Bahn- 
körper der Pferde-, Dampf= und elektrischen 
Straßenbahnen (O. V. G., XXII, S. 124), die 
oberirdischen Aufbereitungsanstalten, Förder- 
schächte und -stollen und Wasserbaltungsschächte 
bei Bergwerksunternehmungen (vgl. hierüber 
Nöll, S. 110, Anm. 6). Ein Kanal, welcher in 
einem für die Schiffahrt geeigneten Zustande 
hergestellt, unterhalten und zu diesem Gebrauche 
gegen Entgelt dargeboten wird, gilt als eine 
Betriebsstätte (XXIV, S. 105); selbständig ein- 
gerichtete Annahmestellen behufs bloßer Entgegen- 
nahme von Aufträgen und Bestellungen können 
  
als Betriebsstätten angesehen werden (nach einer 
von Strutz, S. 106 citierten Entsch. des 
O. V. G. v. 28. Mai 1885 und dem Komm. 
Ber. des A. H., S. 48). Auf den Umfang 
der an der Betriebsstätte entwickelten mensch- 
lichen Thätigkeit kommt es für den Begriff der 
Betriebsstätte nicht an, die menschliche Thätig- 
keit kann sich beschränken auf die Beaufsichtigung, 
Leitung und Instandhaltung der sie ganz oder 
teilweise ersetzenden Maschinen oder Naturkräfte; 
nur darf sie nicht gänzlich sehlen. Daher sind 
Gasröhren, Wasserleitungsröhren, elektrische Lei- 
tungen, welche das an der Betriebsstätte mittels 
Arbeit gewonnene Produkt seinem Verbrauche 
zufübren, an sich keine Betriebsstätten; wohl 
aber kann man ein ganzes System solcher Lei- 
tungen unter Umständen insofern als eine Be- 
triebsstätte auffassen, als eine dauernde mensch- 
liche Thätigkeit zur ¼Uberwachung derselben er- 
forderlich ist. „Wo diese Grenze überschritten ist, 
wann insbesondere bei den sogen. selbstthätigen 
Maschinen ein Betrieb und darum auch eine Be- 
triebsstätte nicht mehr angenommen werden darf, 
ist eine Thatfrage.“ Vgl. die beiden Entscheidun- 
gen des O. V. G., betr. das Röhrennetz einer 
Gasanstalt und das Röhrennetz und die gesamten 
Gewinnungsanlagen eines Wasserwerkes, XVII, 
S. 250 ff. — Ein besonderes Lokal, das als 
Betriebsstätte dient, ist nicht erforderlich. Der 
dem Börsenmakler im Börsengebäude für sein 
Pult überlassene Raum ist eine Betriebsstätte. 
O. V. G., XIV, S. 121; siehe auch O. V. G., 
XVII. S. 252. Dagegen wird für die Betriebs- 
stätte wie für den Gewerbebetrieb selbst eine 
gewisse Stetigkeit erfordert, es muß die Absicht 
fortgesetzter und dauernder Vornahme gewerb- 
licher Handlungen an derselben Stelle erkenn- 
bar sein. O. V. G. XV, S. 206; XVII, 
S. 253; auch XVIII, S. 128. 
10 Eine gewisse Selbständigkeit brauchen die 
Betriebsstätten gewerblicher Unternehmungen 
nicht zu baben, um das Besteuerungsrecht ihrer 
Belegenheitsgemeinde zu begründen; anders 
beim Eisenbahnbetrieb. Vgl. vorangehende 
Seite. Anm. 5, und O. V. G., XV, S. 196 ff. 
11 Eine Verkaufsstätte ist da vorhanden, wo 
der Betriebsunternehmer selbst oder durch Be- 
vollmächtigte gewerbsmäßig Verträge über 
den Verkauf der den Gegenstand seines Unter- 
nehmens bildenden Waren abschließt. Die Ver- 
kaufsstätte setzt das Bestehen einer Nieder- 
lage nicht voraus, wohl aber müssen an ihr 
Einrichtungen getroffen sein, welche darauf 
schließen lassen, daß erscheinenden dritten Per- 
sonen an diesem Orte der Abschluß von Kauf- 
geschäften ermöglicht ist. O. V. G., XV, S. 206; 
XVI. S. 111; auch die Entscheidungen im Pr. 
V. Bl., XI, S. 120, und X, S. 45. Auf die 
Zahlung des Kaufpreises und die Tradition der 
gekauften Sache kommt es nicht an. Vgl. auch 
Nöll, S. 113, Anm. 13, und Leidig, S. 258. 
1 Ist ein Agent nur für einzelne Zweige des 
von ihm vertretenen Unternehmens oder auch 
innerhalb eines Zweiges nur für einzelne Arten 
von Rechtsgeschäften zum selbständigen Abschluß
	        
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