Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 84.) 309 
Flächenverhältnis und die den beteiligten Gemeinden durch das Vorhandensein der Be— 
triebsstätte, Station u. s. w. erwachsenden Kommunallasten maßgebend sein.! 
II. Ist jemand? in einer preußischen Wohnsitz= oder Aufenthaltsgemeinde und 
gleichzeitig in einer oder mehreren preußischen oder außerpreußischen Gemeinden als 
Forense steuerpflichtig, so gilt folgender Verteilungsmodus: In der Wohnsitz= bezw. 
Aufenthaltsgemeinde ist das gesamte Einkommen des Steuerpflichtigen zu besteuern, so- 
weit dasselbe nicht außerhalb des Gemeindebezirks (d. h. in anderen preußischen oder nicht- 
preußischen Gemeinden) 38 aus Grundvermögen, Handels= und gewerblichen Anlagen, ein- 
schließlich der Bergwerke, aus Handels= und Gewerbebetrieb, einschließlich des Bergbaues, 
sowie aus der Beteiligung an dem Unternehmen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung 
gewonnen wird.“ Dieses Einkommen darf nur in den berechtigten Forensalgemeinden zur 
Steuer herangezogen werden. Eine Einschränkung kann das Recht der Forensalgemeinden 
auf die Besteuerung dieses Einkommens jedoch zu Gunsten der Wohnsitzgemeinde dadurch 
erfahren, daß diese stets berechtigt ist, mindestens ein Vierteil des Gesamteinkommens des 
Pflichtigen zu besteuern; erreicht der ihrer Besteuerung unterliegende Einkommensteil in- 
folge der Außeransatzlassung des Forensaleinkommens nicht diese Höhe, so kann die Wohn- 
sitzgemeinde durch besonderen Gemeindebeschluß das volle Vierteil des Gesamteinkommens 
für sich in Anspruch nehmen, und dieser Anspruch verteilt sich, falls der Wohnsitzgemeinde 
mehrere Forensalgemeinden gegenüberstehen, verhältnismäßig auf die einzelnen aus diesen 
dem Steuerpflichtigen zufließenden Einkommensteile. Soweit nun die dabei in Betracht 
kommenden Forensalgemeinden preußische sind, wird das ihnen zur Besteuerung zufallende 
Einkommen um die Höhe des von der Wohnsitzgemeinde gegen sie erhobenen Anspruchs 
ekürzt. 
r Mehrere Wohnsitzgemeinden desselben Steuerpflichtigen sind berechtigt, zusammen 
jenes Vierteil zur Besteuerung zu beanspruchen; untereinander teilen sie sich in dasselbe 
nach den unter III anzugebenden Grundsätzen 6, d. h. zu gleichen Teilen. 
Noch in einer zweiten Beziehung ist die Wohnsitzgemeinde der Forensalgemeinde 
gegenüber begünstigt, nämlich hinsichtlich der Berechnung des Steuersatzes: Während die 
Forensalgemeinde den Forensen zu der dem in der Gemeinde ihm zufließenden Forensal- 
einkommen entsprechenden Steuerstufe selbständig veranlagt, schätzt die Wohnsitzgemeinde 
den Steuerpflichtigen nach seinem Gesamteinkommen ein und setzt dann den für dieses 
ermittelten Steuerbetrag dem Verhältnis des außer Berechnung zu lassenden Einkommens 
zu dem Gesamteinkommen entsprechend herab. Das für die Wohnsitzgemeinde vorteil- 
haftere Resultat dieser Berechnungsart ergiebt sich aus der progressiven Gestaltung des 
Einkommensteuertarifs.“ 
  
1 Nöll, S. 169, Anm. 17. 
2 Es handelt sich bier natlirlich nur um phy- 
sische Personen, denn nur diese können einen 
Wohnsitz haben. Nöll, S. 173, Anm. 5. 
„ Nöll, S. 173, Anm. 6. 
1. K. A. G., §. 49, Abs. 1, Satz 1 in der 
Fassung der Novelle. 
* K. A. G., §. 49, Abs. 2, Satz 1 u. 2 in 
der Fassung der Novelle. Beispiel: Entstammen 
von einem Gesamteinkommen von 8000 Mark 
6000 Mark der preußischen Forensalgemeinde A 
und 2000 Mark der außerpreußischen Forensal- 
gemeinde B, während in der preußischen Wohn- 
sitzgemeinde C nichts gewonnen wird, so erhält 
C trotzdem 2000 Mark zur Besteuerung, und A 
muß sich eine verhältnismäßige Kürzung seines 
Steuerobjekts, d. h. um 1500 Mark gefallen 
lassen und kann also nur 4500 Mark besteuern. 
— Siehe auch flgde. Anm. 7, zweites Beispiel. 
* K. A. G., S§. 49, Abs. 2, Satz 3 in der 
Fassung der Novelle. 
7 K. A. G., §. 49, Abs. 1, Satz 2. Beispiel 
für die Ermittelung des Steuersatzes in der 
Forensal= und in der Wohnsitzgemeinde: Hat 
  
jemand ein Gesamteinkommen von 10,000 Mark, 
wovon 5000 Mark Forensaleinkommen sind, so 
zablt er 300 Mark Staatssteuer. Die Wohnsitz- 
gemeinde ermittelt nun den für sie maßgeben- 
den Prinzipalsteuersatz (J) aus der Gleichung 
10,000: 5000 = 300: 1 oder X — 150 Mark. 
Die preußische Forensalgemeinde dagegen muß 
die auf sie entfallenden 5000 Mark selbständig 
nach dem Staatsstenertarif veranlagen und erhält 
für diese den infolge des degressiven Tarifs viel 
eringeren Prinzipalsatz von 118 Mark. „That- 
sichlich ist hierdurch also derjenige, dessen Ein- 
kommen zum Teil aus Forensalbesitz stammt, 
soweit die Degression des Steuertarifs reicht, 
besser gestellt als derjenige, dessen Einkommen 
nur in der Wohnsitzgemeinde zur Besteuerung 
herangezogen wird.“ — Beispiel mit Kürzung 
des Besteuerungsrechts der Forensalgemeinden zu 
Gunsten der Wohnsitzgemeinde: Hat jemand, der 
in der Gemeinde A seinen Wohnsitz bat, ein Ein- 
kommen von 10,000 Mark und gewinnt hiervon 
aus den preußischen Forensalgemeinden B, C, D 
4000 bezw. 3000 bezw. 2000 Mark, so stehen 
der Wobnsitzgemeinde an sich nur 1000 Mark
	        
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