314 Zweiter Abschnitt. (8. 86.)
Durch besondere, den Vorschriften des Einkommen= bezw. Ergänzungssteuergesetzes!
nachgebildete Bestimmungen sucht das Kommunalabgabengesetz einerseits Richtigkeit und
Vollständigkeit der Auskunftserteilung und andererseits Geheimhaltung derselben Dritten
gegenüber zu sichern:
a) Jeder, der zu einer Auskunftserteilung aufgefordert, in der Absicht der Steuer-
hinterziehung unrichtige oder unvollständige Angaben? macht, wird mit dem vier= bis
zehnfachen Betrage der stattgehabten oder beabsichtigten Verkürzung?, mindestens aber
mit einer Geldstrafe von 100 Mark bestraft. Ist eine unrichtige oder unvollständige
Angabe, welche geeignet ist, eine Verkürzung der Steuer herbeizuführen, zwar wissentlich,
aber nicht in der Absicht der Steuerhinterziehung, also z. B. durch Rechtsirrtum erfolgt,
so tritt Geldstrafe von 3 bis 100 Mark ein. Straffrei bleibt jedoch, wer seine un-
richtige oder unvollständige Angabe, bevor Anzeige erfolgt oder eine Untersuchung ein-
geleitet ist, an zuständiger Stelle berichtigt oder ergänzt und die vorenthaltene Steuer
in der ihm gesetzten Frist entrichtet.
b) Der Gemeindevorstand bezw. die einzelnen Mitglieder desselben, die Mitglieder
der Steuerausschüsse, sowie die bei der Veranlagung beteiligten Gemeindebeamten werden
mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark oder mit Gefängnis bis zu drei Mcnaten bestraft,
wenn sie die in amtlicher Eigenschaft zu ihrer Kenntnis gelangten Erwerbs-, Vermögens-
und Einkommensverhältnisse Dritten offenbaren.“
e) Verschieden ist die Strafverfolgung in den Fällen zu a und b geregelt.3 Wegen
Verletzung der Amtsverschwiegenheit findet nur das gerichtliche Strafverfahren statt;
Voraussetzung desselben ist ein Antrag, der von dem Steuerpflichtigen, seinem Vertreter
oder dem Gemeindevorstande oder, wenn dieser selbst oder einzelne seiner Mitglieder
in den Anklagezustand versetzt werden sollen, bei Landgemeinden vom Landrat, bei Stadt-
gemeinden vom Regierungspräsidenten zu stellen ist. Bei einer unvollständigen oder
falschen Angabe dagegen kann zunächst ein administratives Strafverfahren stattfinden.
Der Gemeindevorstand kann die Gelodstrafe vorläufig festsetzen und den Beschuldigten
zur Einzahlung des Strafbetrages nebst den durch das Verfahren entstandenen Kosten
an die Gemeindekasse binnen einer ihm bekannt gemachten Frist auffordern. Zahlt der
Beschuldigte innerhalb der ihm gesetzten Frist Strafe und Kosten nicht freiwillig an die
Gemeindekasse 5, so hat der Gemeindevorstand die entstandenen Verhandlungen an die
Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichts zur Herbeiführung der gerichtlichen Ent-
scheidung abzugeben. Das gerichtliche Verfahren hat unmittelbar stattzufinden, wenn
der Beschuldigte in Preußen keinen Wohnsitz hat, wenn er auf die vorläufige Straf-
festsetzung des Gemeindevorstandes verzichtet oder wenn der Gemeindevorstand aus sonstigen
Gründen von dieser Abstand zu nehmen erklärt. — Die festgesetzten Geldstrafen sind,
wenn sie nicht beitreibbar, nach Maßgabe der für Übertretungen geltenden Bestimmungen
der §§. 28 und 29 des Reichsstrafgesetzbuchs in Haft umzuwandeln.]
Auskunft von dem Vater, Pfleger oder Vormund
zu erteilen, für Ehefrauen, sofern sie nicht selbst-
ständig veranlagt werden, von dem Ehemann,
für juristische Personen und Erwerbsgesellschaften
von den Vorstandsmitgliedern, für den Fiskus von
den betreffenden Behörden, wie Eisenbahndirek-
tionen, Oberbergämtern und Regierungen. Die
Erfüllung der Steuererklärungspflicht seitens
eines von mehreren Verpflichteten befreit die
übrigen von ihrer Verbindlichkeit. Nöll, S. 210,
Anm. 7.
„ Ein. St. G., §§. 66 ff.; Erg. St. G., §. 43.
2 K. A. G., z. 79. In erster Linie werden
die Bestimmungen dieses §. bei der Veranlagung
besonderer Gemeindesteuern zur Anwendung
kommen, jedoch nicht nur bei diesen, sondern
auch bei Zuschlägen zur Einkommensteuer, wenn
nicht das ganze der Staatsbesteuerung zu Grunde
gelegte Einkommen von der Kommune besteuert
wird, so bei der Forensalbesteuerung. Voraus-
setzung für die Anwendung des §. 79 ist, daß
die falschen Angaben gegenüber der zuständigen
Gemeindebehörde bei besonderer Veranlagung
von Gemeindesteuern gemacht sind. Daher kann
ein Censit, der bei der Staatseinkommensteuer-
veranlagung falsche Angaben gemacht hat, wenn-
gleich durch diese Angaben auch die Zuschläge
erhebende Gemeinde geschädigt wird, nicht noch
auf Grund des §. 79 bestraft werden; er ist
lediglich nach §. 66 des Eink. St. G. zu be-
strafen. Stenogr. Ber. des A. H., S. 2176 ff.
* Vgll. Nöll, S. 247, Anm. 7; Strutz,
S. 178, Anm. 4.
#K. A. G., §. 80.
5 K. A. G., 8. 81.
* Eine Beitreibung dieser vorläufig festgesetz-
ten Strafen im Verwaltungszwangsverfabren
ist unzulässig. Ausf. Anw., Art. 48.
* Auch wenn wegen Verletzung der Amts-
verschwiegenheit eine Geldstrafe auferlegt ist,
kann diese hinterher nur in Haft, nicht in Ge-
fängnis verwandelt werden.