Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 90.) 323
g. 90.
2) Die Einnahmen der Gemeinden auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschriften.
Unter diesem Rubrum soll eine Anzahl von Abgaben behandelt werden, welche die
Gemeinden nicht auf Grund ihrer Finanzgewalt erheben, sondern zu deren Entrichtung
gewisse der gemeindlichen Finanzgewalt nicht unterworfene physische und juristische Per-
sonen durch besondere gesetzliche Vorschriften lediglich deshalb verpflichtet sind, weil ihnen
allgemeine Einrichtungen der Gemeinde zu gute kommen, oder weil sie der Gemeinde
besondere Lasten verursachen, die sie ihr nicht speziell vergüten. Dahin gehören die
steuerlichen Leistungen der außerhalb des Gemeindeverbandes stehenden Offiziere, die
Zuschüsse, welche Betriebsgemeinden anderen Gemeinden zu den Kosten bestimmter Ver-
waltungszweige zu leisten haben, ferner die Wegeunterhaltungsbeiträge der Fabrik= und
Bergwerksunternehmer und endlich die Wanderlagersteuer.
a) Die steuerlichen Leistungen der Offiziere.!
Nach der königlichen Verordnung v. 23. Sept. 1867 (G. S., S. 1648), welche gemäß
der Bundespräsidialverordnung v. 22. Dez. 1868 (B. G. Bl., S. 571) für die Heran-
ziehung der Militärpersonen zu den Kommunalauflagen im ganzen Bundesgebiete maß-
gebend war, waren die aktiven?" Offiziere nur in demselben Umfange wie alle anderen
servisberechtigten Militärpersonen des aktiven Dienststandes gemeindeabgabenpflichtig. Ihr
Diensteinkommen wie ihr Privateinkommen war freizulassen; nur zu den auf den Grund-
besitz oder das stehende Gewerbe oder auf das aus diesen Quellen fließende Einkommen
gelegten Kommunallasten mußten sie beitragen, wenn sie im Kommunalbezirk Grundbesitz
hatten oder ein Gewerbe betrieben; Militärärzte waren außerdem noch hinsichtlich ihres
Einkommens aus einer Civilpraxis steuerpflichtig. Diese Steuerfreiheit nicht nur des
dienstlichen, sondern auch des größten Teiles des außerdienstlichen Einkommens der
Offiziere bildete Decennien hindurch den Gegenstand erbitterter Parteikämpfe, welche für
Preußen im Jahre 1886 durch zwei Gesetze eine im wesentlichen alle Beteiligten be-
friedigende Erledigung fanden. Durch das Reichsgesetz v. 28. März 1886 (R. G. Bl.,
S. 65), betreffend die Heranziehung von Militärpersonen zu den Gemeindeabgaben,
wurde zunächst die Bundespräsidialverordnung insoweit außer Kraft gesetzt, als sie
der Heranziehung des außerdienstlichen Einkommens der im Offiziersrange stehenden
Militärpersonen entgegenstand 3, und gleichzeitig der Landesgesetzgebung anheimgegeben,
über die Heranziehung dieser Einkommensteile zu den Gemeindeabgaben nähere Be-
stimmungen zu treffen. Auf Grund dieser reichsgesetzlichen Ermächtigung hat dann
Preußen durch Gesetz v. 29. Juni 1886 (G. S., S. 181), betreffend die Heranziehung
von Militärpersonen zu Abgaben für Gemeindezwecke, die Heranziehung der Offiziere
zu den Gemeindelasten eingehend geregelt.“
1 Leidig, S. 327; Steffenhagen, 8. 36;
Grotefend, §. 256; L. Herrfurth, Gemeinde-
abgabenpflicht der Militärpersonen (Berlin 1887,
ist im Folgenden citiert: „Herrfurth“); Brü-
ning, Die Heranziehung der Beamten und Offi=
ziere zu Gemeindesteuern, in Schmollers Jahrb.
f. Gesetzgebung und Verwaltung, VII, 1883;
L. Herrfurth und Schanz, Die Heranziehung
der Militärpersonen zu den Gemeindeabgaben
in den deutschen Staaten, in Schanz' Finanz-
archiv, V, 1888. Vgl. auch Nöll, S. 289;
Ortel, St. O., S. 43 ff.
2 Über die Abgabenpflichtigkeit der verab-
schiedeten und der mit Pension zur Disposition
gestellten Offiziere vgl. oben S. 288, Anm. 3.
Nach der Vdg. von 1867, §. 1, Z. 2, war
auch die Pension der mit Pension zur Disposi-
tion gestellten Offiziere gänzlich frei von Kom-
munalabgaben; auch dice Vorschrift der Bdg.
wurde durch das R. G. von 1886 außer Kraft
gesetzt. Vgl. über die jetzige Heranziehung dieser
Pension oben S. 288, Anm. 3, und S. 292.
Dieses Gesetz ist durch Ges. v. 22. April
1892 (G. S., S. 101) in einzelnen Punkten ab-
gränderrr und mit den Vorschriften des neuen
ink. St. G. in Einklang gebracht. Zu dem Ges.
von 1892 erging dann eine Ausf. Anw. v. 9. Juni
1892 (in den Rineilungen aus der Verwaltung
der direkten Steuern, Nr. 25, S. 98) und eine Allg.
Verf. v. 30. April 1894 (daselbst Nr. 30, S. 105).
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