342 Zweiter Abschnitt.
(8. 95.)
Besitzern anderer freier Güter nur dann, wenn es für sie durch Provinzialgesetz,
Privileg oder Verjährung besonders begründet war.
Der Begriff des Rittergutes ist für Ost= und Westpreußen durch die Pro-
vinzialrechte festgestellt?, für die übrigen Provinzen fehlt es an einer gesetzlichen Be-
griffsbestimmung; hier sind daher als Rittergüter diejenigen Besitzungen anzusehen, welche
von Anfang an zu adeligen Rechten verliehen sind, und diejenigen, welchen später die
Rittergutsqualität durch den König beigelegt worden ist. 3 Ebenso wie die Rittergutsqualität
konnte auch das Recht, Unterthanen zu haben, jedem Gute, dem es nicht zustand, durch
königliches Privileg verliehen werden. Die Provinzialrechte haben dieses Recht
nicht weiter ausgedehnt, und durch Verjährung, d. h. durch thatsächliche Ausübung
während der Verjährungsfrist ist es einem Gute nur dann erworben, wenn die Ersitzung
nachweislich bereits vor Erlaß des Ediktes v. 9. Okt. 1807 vollendet war, da mit
diesem Edikte die Ausübung des zu ersitzenden Rechtes auf Unterthanen gesetzlich unzu-
lässig wurde.“
Nur Güter, für welche sich der ehemalige Besitz dieses Rechtes auf Unterthanen
aus einem der genannten Titel nachweisen läßt, sind, wenn sie keinem Gemeindeverbande
einverleibt sind, Gutsbezirke älteren Rechtes. Dieser Satz gilt auch für die in Ost= und
Westpreußen häufig vorkommenden kölmischen Güters, auch sie sind nur dann
Gutsbezirke, wenn sie seiner Zeit das Recht auf Unterthanen besessen haben. Die Ver-
leihung nach kölmischem Rechte begründete an sich keine herrschaftlichen Rechte für den
kölmischen Besitzer, sie war überhaupt in keiner Weise bestimmend für die kommunale
Eigenschaft des Gutes 5; kölmische Besitzungen konnten von Anfang an zu einer Dorf-
gemeinde gehören? oder auch außerhalb einer solchen stehen, und letzterenfalls konnten
sie wieder entweder zu adeligen Rechten verliehen sein oder auch nicht; nur mit diesen zu
adeligen Rechten verliehenen kölmischen Gütern war das Recht auf Unterthanen verbun-
den, nur sie sind daher heute bei Vorhandensein der übrigen Voraussetzungen als Guts-
bezirke anzuerkennen.
1 A. L. R., Tl. II, Tit. 7, §§. 91, 92. Bgl.
auch oben S. 51 unter II; O. V. G., XXI,
S. 119; XXII, S. 102.
: Nach dem ostpr. Prov. R. v. 4. Aug. 1801,
dessen Geltungsgebiet außer der heutigen Pro-
vinz Ostpreußen auch den Kreis Rosenberg
und Teile des Kreises Marienwerder umfaßt,
Zusatz 162, §§. 1—3, sind Rittergliter:
1) in Ostpreußen und Litauen Güber,
welche entweder
a) ursprünglich einem Adeligen verliehen, oder
b) einem Nichtadeligen mit adeligen Gerechtig-
keiten oder mit allen Herrlichkeiten, wie die
frühere Herrschaft sie besessen oder genossen
hat oder sie besitzen oder genießen konnte, ver-
schrieben sind, oder
C,) im Jahre 1740 adelige Rechte besessen haben,
oder
d) vor dem Jahre 1612 von einem Adeligen
erworben sind;
2) im Ermlande Güter, welche
a) in den vor Emanation des ostpr. Prov. R.
abgefaßten öffentlichen Registern, Amtsrevisionen
und Tarifen als adelige Güter aufgeführt oder
b) in diesen Urkunden zwar als nichtadelig
bezeichnet sind, bezüglich deren aber von dem
Besitzer nachgewiesen werden kann, daß die
älteste vorhandene Verschreibung einem Adeligen
ohne Auferlegung bäuerlicher Handdienste, Fro-
nen und Scharwerke erteilt und die unadelige
Qualität in jenen Registern, Revisionen und
Tarifen ohne Genehmigung der damaligen Be-
sitzer vermerkt worden ist.
Nach dem westpr. Prov. N. v. 19. April 1844,
#§. 21, sind Rittergüter in Westpreußen die-
jenigen Güter, welche
à) mit adeligen Gerechtigkeiten verliehen sind
oder
b) bei welchen die für die ermländischen Nitler-
güter zu 2 aufgeführten Kriterien zutreffen.
—l——
* O. V. G., VII, S. 180; XXI, S. 124;
XXII, S. 106.
5 Vgl. oben S. 44.
" Vgl. O. V. G., XVI, S. 230: „Die Ver-
leihung nach kölmischem Rechte schließt keines-
wegs die Verleihung herrschaftlicher Rechte über
Unterthanen in sich"“, und O. V. G., XVI,
S. 228: Bezüglich der Vorrechte der kölmischen
Güter sind nach westpr. Prov. R. „die Modali-
täten der Verleihung und die Verjährung ent-
scheidend, während die Qualität als kölmisches
Gut allein nicht ihre kommunale Eigenschaft
bestimmt".
7 Vgl. oben S. 44 und O. V. G., VIII,
S. 96: „Zu dem bäuerlichen Lande im Sinne
des §. 18, II, 7 des A. L. R. gehört in den
Provinzen Ost= und Westpreußen das in
den Dörfern belegene kölmische, schatullkölmische,
erbjreie Land.“
O. V. G., XXI, S. 120; XVI, S. 230,
Anm. 8 Gen zmer, S. 35, daselbst Anm. 2
Eingehendes über die Frage der kommunalen
Qualität derjenigen kölmischen Güter, die weder
zu adeligen Rechten verliehen sind, noch zu einer
Landgemeinde gehören.