Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

348 Zweiter Abschnitt. (8. 96.) 
b) der Gutsbesitzer kein Angehöriger des Deutschen Reiches ist, 
e) der Gutsbesitzer nicht seinen beständigen Aufenthalt im Gutsbezirke oder in 
dessen unmittelbarer Nähe hat, oder 
d) wegen Krankheit oder aus anderen in seiner Person liegenden Gründen außer 
stande ist, die Pflichten eines Gutsvorstehers zu erfüllen. 
Endlich kann für die vom Hauptgute entfernt gelegenen Teile eines selbständigen 
Gutsbezirks von dem Kreisausschusse die Bestellung besonderer Stellvertreter angeordnet 
werden, sofern dies für eine ordnungsmäßige örtliche Verwaltung erforderlich erscheint; 
die rechtliche Einheit des Gutes wird durch diese Bestellung mehrerer Gutsvorsteher für 
räumlich getrennte Bezirke nicht berührt.1 
Für den ernannten Gutsvorsteher kann auf Antrag des Gutsbesitzers wiederum ein 
Stellvertreter für den Fall der Behinderung ernannt werden. 
3) Sowohl der Gutsbesitzer, der die Funktionen des Gutsvorstehers in Person aus- 
üben will, wie auch der von ihm bestellte Stellvertreter bedürfen in der Eigenschaft als 
Gutsvorsteher der Bestätigung des Landrats. Diese Bestätigung kann nur unter 
Zustimmung des Kreisausschusses versagt werden. Der beteiligte Gutsvorsteher wird 
vor seinem Amtsantritte von dem Landrat vereidigt. Unterläßt aber der Guts- 
besitzer in den Fällen der notwendigen Stellvertretung oder wenn ihm die Bestätigung 
als Gutsvorsteher versagt ist, die Bestellung eines Stellvertreters, oder befindet sich der 
Gutsbesitzer nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte, oder ist er in Konkurs ver- 
fallen, so ernennt der Landrat von sich aus unter Zustimmung des Kreisausschusses 
den Stellvertreter." 
Die Dienstentschädigung des Stellvertreters hat der Gutsbesitzer aus seinen Mitteln 
zu gewähren. 
Die Festsetzung der Höhe derselben ist, wenn die Ernennung des stell- 
vertretenden Gutsvorstehers durch den Gutsbesitzer selbst erfolgte, lediglich Privatsache 
der Beteiligten. 
Im Falle der Ernennung durch den Landrat beschließt dagegen der 
Kreisausschuß über die zu gewährende Vergütung.5 
Eine Verpflichtung zur Übernahme des Amtes eines stellvertretenden Gutsvorstehers 
besteht nicht. 
Alle mit der Stellvertretung verbundenen Rechte und Pflichten enden 
von selbst, sobald der Besitzer des Gutes den Auftrag oder im Falle der notwendigen 
Stellvertretung der Landrat die Ernennung zurückzieht. 
4) Inhaltlich sind die dem Gutsvorsteher zustehenden obrigkeitlichen Rechte und 
Pflichten dieselben wie die des ländlichen Gemeindevorstehers, auch findet gegen den 
Gutsvorsteher eventuell dasselbe Disziplinarverfahren wie gegen letzteren statt. 
  
1 O. V. G., XIV, S. 231. 
: L. G. O. ö. u. schlesw.-Holst., §. 124; vgl. 
dazu Freytag, Komm., S. 273, den Auszug 
aus der Begründung zu dem §.; Kr. O. hann., 
§. 37; hess.-nass., §. 38. Die L. G. O. w. enthält 
in §. 67 nur die allgemeine Bestimmung: „Der 
Gutsbesitzer muß einen solchen Stellvertreter be- 
stellen, wenn er die gedachten Amtsverrichtungen 
selbst wahrzunehmen nicht im stande oder geeig- 
net ist.“ 
2 Kr. O. hann., §. 38; hess.-nass., §. 39; w., 
§. 26. Verweigert der Kr. A. dem Landrat die 
Zustimmung zur Versagung der Bestätigung, so 
kann diese in Hessen-Nassau durch den Re- 
gierungspräsidenten ergänzt werden. Im übrigen 
gilt das oben S. 191, Anm. 3 Ausgeführte. 
In den östlichen Provinzen und in Schles- 
wig-Holstein kann die Vereidigung im Auf- 
trage des Landrats auch von dem Amtsvorsteber 
(in Posen vom Distriktskommissarius) vorgenom- 
men werden. L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., 8. 125. 
4 L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., §. 126. Kr. O. 
hann., §. 39; hess.-nass., §. 40; w., §. 26. 
* L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., §. 127; Kr. O. 
bann., §. 39; hesfs.-nass., §. 40; w., §. 26. Die 
  
Dienstentschädigung des stellvertretenden 
Gutsvorstehers ist, wenugleich- er ein mittel- 
barer Staatsbeamter wie der Gemeindevorsteher 
ist, kein „Diensteinkommen“ im Sinne der 
Vdg. v. 23. Sept. 1867 (G. S., S. 1648). Bgl. 
oben S. 291, Anm. 3, Abs. 3. Er erhält die 
Entschädigung nicht als Beamter — das Guts- 
vorsteheramt ist an sich ein Ehrenamt —, sondern 
als Vertreter des Besitzers des Gutes aus den 
Mitteln des letzteren. Der stellvertretende Guts- 
vorsteher ist daber von dieser Dienstentschädigung 
in vollem Umfange kommunalsteuerpflichtig und 
genießt hinsichtlich derselben nicht die Privilegien 
der Beamten. O. V. G., VI. S. 119. 
* O. V. G., V, S. 110; VII. S. 183. 
7 Vgl. oben S. 193 u. 199. Zust. G., §. 36; 
L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., §. 143. Das 
ordentliche Disziplinarverfahren auf Entlassung 
aus dem Amte findet gegen den stellvertreten- 
den Gutsvorsteher nur dann Anwendung, wenn 
die Entfernung aus dem Amte von der Auf- 
sichtsbehörde wider den Willen desjenigen berbei- 
geführt werden soll, der den stellvertretenden 
Gutsvorsteher angestellt hat. O. V. G., UVIl, 
S. 183. Anderenfalls bedarf es nur der Zurück-
	        
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