Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 99.) 
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öffentlichen Armenpflege durch gemeinschaftliche Organe und auf gemeinsame Kosten be- 
zwecken, Gesamtverbände im Sinne des §. 12 des Gesetzes v. 8. März 1871 sind.! 
über die infolge einer Neubildung, Veränderung oder Auflösung von Gemeinde- 
verbänden etwa notwendig werdende Regelung der Verhältnisse zwischen den Beteiligten 
beschließt der Kreis-(Bezirks-)ausschuß, vorbehaltlich der ihnen gegen einander zustehen- 
den Klage im Verwaltungsstreitverfahren. Bei dieser Regelung sind erforderlichenfalls 
Bestimmungen zur Ausgleichung der öffentlich-rechtlichen Interessen der Verbandsglieder 
zu treffen. Insbesondere können einzelne Gemeinde= oder Gutsbezirke zu Voraus- 
leistungen verpflichtet werden, wenn viejenigen, mit welchen sie verbunden werden sollen, 
für gewisse Verbandszwecke bereits vor der Verbindung für sich allein in genügender 
Weise Fürsorge getroffen oder aus anderen Gründen nur einen geringeren Vorteil von 
der Verbindung haben. 
II. Die Zweckverbände sind zunächst Vertragsverhältnisse; auf ihren Antrag können 
ihnen jedoch mit königlicher Genehmigung die Rechte öffentlicher Korporationen 
beigelegt werden.) Im übrigen sind ihre Rechtsverhältnisse durch ein Statut zu 
regeln, welches 
1) von den Beteiligten im Wege freier Vereinbarung festzustellen ist 
und der Bestätigung des Kreisausschusses unterliegt.) Das Statut muß enthalten“: 
a) die Bezeichnung derjenigen Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke, welche den Ver- 
band bilden, b) die Bezeichnung der von dem Verbande wahrzunehmenden Angelegen- 
heiten, c) die Benennung des Verbandes und die Angabe des Ortes, wo die Verwaltung 
geführt wird, d) die Festsetzung der Art und Weise, in welcher über die gemeinsamen 
Angelegenheiten des Verbandes Beschluß gefaßt wird5, e) eine Bestimmung über die Wahl 
oder die sonstige Art der Berufung des Verbandsvorstehers, sowie über die Vertretung 
des Verbandes nach außen 6, f) die Bestimmung des Maßstabes für die Verteilung der 
Beiträge zu den gemeinsamen Ausgaben auf die Verbandsmitglieder. Das Statut ist 
durch das Regierungsamtsblatt und das Kreisblatt zur öffentlichen Kenntnis zu bringen, 
  
1 L. G. O., §. 131. Durch diese Vorschrift 
sollte verhindert werden, daß gleichzeitig neben- 
einander Gesamtarmenverbände nach der L. G. O. 
die Aufnahme solcher ist aber dem Belieben der 
Beteiligten überlassen. 
* Aus den Motiven zur L. G. O.: „Hinsicht- 
und nach dem Ges. v. S. März 1871 besteben, und 
die auf Grund des letzteren Gesetzes errichteten 
Gesamtarmenverbände sind demgemäß ver- 
anlaßt worden, ihre Statuten der L. . O. ent- 
sprechend umzuarbeiten. Was die sonstigen, 
z. Z. der Emanation der L. G. O. bereits vor- 
handenen Zweckverbände anlangt, „so ist — 
wie die Ausf. Anw. zur L. G. O., III. 5 aus- 
drücklich hervorhebt — „wenn sie ihren Aufgaben 
genügen und die Beteiligten nicht selbst ihre 
Umgestaltung beantragen, deren unverändertes 
Vorkbestehen durch das Gesetz nicht ausgeschlossen. 
oweit aber eine nähere Prüfung der Verhält- 
nisse ergiebt, daß bestehende Zweckverbände in 
ihrer dermaligen Gestaltung den Anforderungen, 
welche an sie gestellt werden müssen, nicht in 
ausreichender Weise entsprechen, ist deren Um- 
gestaltung nach Maßgabe der neuen Bestim- 
mungen herbeizuführen“. Auch wenn bestebende 
Verbindungen zwischen Gutsbezirken und Ge- 
meinden auf Rezessen beruhen, ist ihre Umbildung 
auf dem erwähnten Wege zulässig, da die frag- 
lichen Bestimmungen der Rezesse einen öffentlich- 
rechtlichen Charakter haben und infolgedessen auch 
einer Abänderung durch Akte des öffentlichen 
Rechtes or Freytag, Komm. z. L. G. 
O. ö., 
« §129Abs2 
§131Abs2 
«LG § 132 Natürlich kann das 
Statut noch weitere Bestimmungen enthalten, 
  
lich der Festsetzung der Art und Weise, in welcher 
über die gemeinsamen Angelegenheiten des Ber- 
bandes Beschluß zu fassen ist, folln die zu einem 
Verbande zusammentretenden Gemeinden und 
Gutsbezirke nicht durch formale Vorschriften ein- 
geengt werden; es bleibt ihnen überlassen, ob 
sie einen Verbandsausschuß wählen oder etwa 
.. bestimmen wollen, daß der Gutsbesitzer zu 
den Beratungen der Gemeindeversammlung über 
die gemeinsamen Angelegenheiten eingeladen 
wird und in derselben der Gemeinde Fegenüber 
eine selbständige Stimme führt. ei einer 
solchen oder ähnlichen Regelung wird darauf zu 
achten sein, daß in das Statut eine Bestimmung 
darÜüber aufsgenommen wird, wie es gehalten 
werden soll, wenn eine Einigung der Beteiligten 
nicht erzielt. wird, oder wenn bei Gleichheit der 
Stimmen ein güliiger Beschluß nicht zu stande 
kommt, ob also insbesondere in solchen Fällen 
die Beschlußfassung des Kr. A. über die hervor- 
getretene Meinungsverschiedenheit erfolgen soll.“ 
* Aus den Motiven zur L. G. O.: „Zu Nr. 5 
ist zu bemerken, daß es nicht unbedingt not- 
wendig ist, in dem Statute die Wahl eines 
Verbandsvorstehers vorzusehen; es würde viel- 
mehr auch zulässig sein, beispielsweise zu be- 
stimmen, daß der Vorsteher einer zum Verbande 
gehörigen Gemeinde oder der Besitzer eines zum 
Verbande gehörigen Gutsbezirks stets z ugleich 
auch der Vorsteher des Verbandes sein so
	        
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