Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 99.) 359
fingirt zu veranlagenden Steuersätze der juristischen Personen, Gesellschaften und Forensen.
Der Verbandsausschuß wählt aus seiner Mitte einen Verbandsvorsteher und einen Stell-
vertreter desselben auf sechs Jahre nach den für die Wahl des Gemeindevorstehers gel-
tenden Vorschriften! mit der Maßgabe, daß er den Wahlvorsteher aus seiner Mitte
wählt und von der Wahl von zwei Beisitzern Abstand nehmen kann. Der Verbands-
vorsteher steht unter denselben Disziplinarvorschriften wie der Gemeindevorsteher.? Die
Verteilung der gemeinsamen Ausgaben erfolgt nach den für die Verteilung der Gemeinde-
abgaben geltenden Grundsätzen, sofern nicht zur Ausgleichung der öffentlich -rechtlichen
Interessen der Verbandsmitglieder eine andere Festsetzung stattfindet.]
Die Staatsaufsicht über diese Verbände wird durch dieselben Organe und in den-
selben Formen ausgeübt wie die über die Gemeinden.“
Anhangsweise sei hier endlich noch der eigentümlichen kommunalen Gebilde in den
schleswig-holsteinischen Kreisen Norder-, Süderdithmarschen und Husum gedacht.“
In der ehemals herzoglich holsteinischen Landschaft Dithmarschen hat sich seit
Jahrhunderten, in Anlehnung an das Dithmarsche Landrecht von 1567, auch das
bürgerliche Gemeinleben in den Kirchspielsgemeinden entwickelt. Die Bauer= und
Dorfschaften, aus welchen diese bestanden, überließen ihnen die Sorge für alle
umfassenderen kommunalen Aufgaben, beschränkten ihre eigene öffentliche Thätigkeit da-
gegen auf die Verrichtung der aus der Orts= und Feldgemeinschaft sich ergebenden An-
gelegenheiten — die Unterhaltung der Nebenwege, das Feldhüter-, Nachtwächter= und
Feuerlöschwesen. Die Kirchspielsgemeinden wurden durch Kirchspielskollegien repräsen-
tiert, in welchen entweder die Vorsteher der Bauerschaften als solche oder gewählte
Vertreter ihren Sitz hatten. Bei Einführung der Verordnung v. 22. Sept. 1867 ließ
man diese Verhältnisse bestehen: nicht die Dorf= und Bauerschaften, sondern die Kirch-
spiele wurden als Landgemeinden und prinzipielle Träger der kommunalen Lasten
behandelt. Dem Kreise Husum wurde damals auf dringenden Wunsch seiner Bevölke-
rung eine gleiche Organisation der Gemeindeverhältnisse verliehen, indem auch hier die
Kirchspiele, wenngleich nicht in dem Maße wie in den beiden dithmarschen Kreisen, eine
besondere Bedeutung für das bürgerliche Gemeinleben erhalten hatten. Auch die neue
Landgemeindeordnung für Schleswig-Holstein hat hieran nichts geändert. Gemeinden
im Sinne der Landgemeindeordnung, welche nach §. 2 derselben in ihrer bisherigen
Begrenzung bestehen bleiben, sind die Kirchspiele. Die Dorf= und Bauerschaften inner-
halb dieser Kirchspiele sind jedoch nicht beseitigt, sondern als selbständige öffentliche Körper-
schaften für diejenigen kommunalen Zwecke beibehalten, welchen sie bisher gedient haben,
oder welche sie unter Zustimmung der Kirchspielslandgemeinde und unter Bestätigung des
Bezirksausschusses übernehmen werden. Für die Verfassung dieser Dorf= und Bauer-
schaften soll auch fernerhin noch die Verordnung vom 22. Sept. 1867 maßgebend sein,
jedoch sollen die Vorschriften der Landgemeindeordnung, welche die Gemeindeangehörig-
keit, die Rechte und Pflichten der Gemeindemitglieder und die Wahlen nach dem Drei-
klassensystem betreffen (8§. 7, 8, 9, 10, 13—67), bei ihnen sinngemäße Anwendung
finden. Die Kirchspielslandgemeinde hat auf die Bauerschaften nur insofern einen
direkten Einfluß, als ihr Beschluß, die Abgabepflichtigen mit einem Einkommen von nicht
mehr als 900 Mark zu den Gemeindeabgaben heranzuziehen, auch für die Heranzichung
dieser Personen von ihrem Einkommen zu den Dorfschafts= und Bauerschaftsabgaben
ohne weiteres rechtsverbindlich ist. Im Anschluß an das Herkommen hat die Land-
gemeindeordnung die Zusammensetzung der für die Kirchspielsgemeinden obligatorischen
Gemeindevertretungen bestimmt; sie bestehen meistens aus Vertretern der einzelnen
Bauerschaften.
1 Vxgl. oben S. 190. 6 L. G. O. löltemben. 88. 121a -121f;
2 L. G. O., 88. 143, 145. * Brauchitsch, Ergzbd. f Schleswig- Holstein
2: L. G. O., §. 137. S. 46 ff.; Keil, Die L. G. O. für de- Frovinz
4 L. G. O., 88. 139, 140, 141, 144. Im Schleswig- Hosstein, in v. Stengels Wörterbuch,
Falle der Beteiligung einer Stadtgemeinde ist zweiter Ergzbd., S. 133, §. 4.
§. 145 zu beachten. Der Auflösung des Ver- »
bandsausschusses ist in der L. G. O. nicht gedacht.