Kreisgemeinden; geschichtliche Eutwickelung der Kreisgemeinden. (8. 104.) 375
bezüglichen Vorschriften der Kreisordnung aufhob. Im Jahre 1876 traf dann das
Zuständigkeitsgesetz v. 26. Juli ergänzende Vorschriften über das Verfahren, insbesondere
in Beschlußsachen. Infolge dieser Abänderungsgesetze fanden sich die auf die Verfassung
der Kreise, der Amtsbezirke und auf die in der Kreisordnung berührten Verhältnisse der
ländlichen Gemeinden bezüglichen Vorschriften nicht mehr in einem Gesetze vereinigt,
sondern in verschiedenen zerstreut. Um diesen Übelstand zu beseitigen, das Zusammen-
gehörige wieder zusammenzubringen und das Grundgesetz der Kreisverfassung wieder zu
einem in sich geschlossenen Ganzen zu gestalten, erging die Novelle zur Kreisordunng v.
19. März 1881 (G. S., S. 155), welche überwiegend den Charakter eines redaktionellen
Gesetzes an sich trägt, die Grundlagen der Kreisordnung von 1872 aber unberührt läßt.
Noch vor dem Inkrafttreten der Kreisordnung wurden die Kreise vom Staate mit
Geldmitteln ausgestattet, welche ihnen die Durchführung der Kreisordnung, insbesondere
die Bestreitung der Kosten des Kreisausschusses und der Amtsverwaltung ermöglichen
bezw. erleichtern sollten. Zu Zwecken der Amtsverwaltung überwies bereits die
Kreisordnung den in ihrem Geltungsbereich belegenen Kreisen diejenigen Summen,
welche infolge ihrer Emanation durch das Eingehen der königlichen Polizeiverwaltungen,
durch den Wegfall der Schulzenremunerationen und anderer Polizeiverwaltungskosten für
den Staat erspart waren; die Überweisung weiterer Fonds stellte sie in Aussicht. Diese
Verheißung wurde erfüllt durch das erste Dotationsgesetz v. 30. April 1873 (G. S.,
S. 187). Dasselbe überwies den Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern,
Schlesien und Sachsen zur Durchführung der Kreisordnung und den übrigen
Provinzen und Landesteilen zur Durchführung zu erlassender ähnlicher Gesetze zu-
sammen die Summe von jährlich einer Million Thaler. Auf die einzelnen Provinzen
war diese Summe zur einen Hälfte nach dem Maßstabe des Flächeninhalts, zur anderen
Hälfte nach dem Maßstabe der durch die Zählung v. 1. Dez. 1871 festgestellten Zahl
der Civilbevölkerung zu verteilen. Nach demselben Maßstabe erfolgte denn auch die
Unterverteilung der auf jede der Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern,
Schlesien und Sachsen entfallenden Summen auf die Landkkreise dieser Provinzen.
b) Die übrigen Landesteile.
I. Unmittelbar nach Emanation der Kreisordnungsnovelle von 1881 ging die Re-
gierung daran, die moderne Kreisverfassung auf die westlichen und die neu erworbenen
Landesteile auszudehnen. Zunächst war auch hier ihr Bemühen erfolglos. Ein in der
Session 1881/82 vorgelegter Entwurf einer Kreisordnung für Hannover gelangte im
Landtage nicht zur Erledigung, und ein solcher für Schleswig-Holstein kam nicht ein-
mal über den Provinziallandtag hinaus, dem er zur Begutachtung vorgelegt worden war.
Seit dem Jahre 1884 gelang es jedoch, jedes Jahr die Reform der Kreisverfassung auf
eine weitere Provinz auszudehnen, und so ergingen fünf neue Kreisordnungen, nämlich
die Kreisordnung für die Provrinz Hannover v. 6. Mai 1884 (G. S., S. 181),
Hessen-Nassau v. 7. Juni 1885 (G. S., S. 193),
„ „ „ „ „ Westfalen v. 31. Juli 1886 (G. S., S. 217),
„ Rheinprovinz v. 30. Mai 1887 (G. S., S. 209),
„ Provinz Schleswig-Holstein v. 26. Mai 1888 (G. S.,
S. 139).3
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1 Dotationsges. v. 30. April 1873, F. 1, Z. 2,
#§ 2 u. 3. Außer dieser dauernden Dotation
erhielten die Kreise der fünf alten Kreisord-
nungsprovinzen, gemäß §. 4 des Dotationsges.,
vom 1. Jan. 1873 ab bis zum Inkrafttreten der
Provinzialordnung v. 29. Juni 1875, also bis
zum 1. Jan. 1876 aus der den Provinzen über-
wiesenen Dotation von 2 Mill. Tolrn., jährlich
480,000 Thlr., welche auf die Land kreise dieser
Provinzen nach dem oben bezeichneten Maßstabe
verteilt wurden. — Bezüglich der einstweiligen
Verwendung derjenigen zu Kreiszwecken bestimm-
ten Summen, welche bei der Verteilung der
einen Million Thaler auf solche Provinzen und
Landesteile entfielen, in denen die neue Kreis-
verfassung noch nicht eingeführt war, vgl. §. 26
des Dotationsges. v. 8. Juli 1875 (G. S., S.
497) und die folgende Seite. — Über den Be-
griff des Landkreises im Gegensatz zum Stadt-
kreise vgl. unten S. 378.
2 Eine besondere Dotation erhielten die Kreise
und auch die kreiserimierten Städte der alten
wie der neuen Provinzen durch die Zuweisung
der nach dem Feldzuge den Reservisten gewährten
Darlehen. Ges. v. 31. März 1873 ((G. S., S. 176).
! Diese Kr. O. gilt jedoch zum größten Teile
nicht in dem durch Ges. v. 23. Juni 1876 (G. S.,
S. 169) der Monarchie einverleibten und mit