Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

378 Dritter Abschnitt. (F. 105.) 
Grundlage, das räumlich begrenzte Territorium, eine persönliche Grundlage, die Gesamt- 
heit der Kreisangehörigen, und eine Verfassung. Als Gemeinde höherer Ordnung faßt die 
Kreisgemeinde regelmäßig eine Mehrzahl von Ortsgemeinden, Stadt= und Landgemeinden, 
zusammen, nur größere Städte bilden bisweilen einen Kreis für sich. Kreise der letz- 
teren Art werden Stadtkreise genanntt, während Kreise, die aus mehreren Gemeinden 
gebildet sind, ohne Rücksicht darauf, ob sie Stadtgemeinden umfassen oder nicht, Land- 
kreise heißen. In dem Stadtkreise deckt sich die kommunale Organisation des Kreises 
mit der der Gemeinde: die Stadtvertretung bildet gleichzeitig den Kreistag und der 
Stadtvorstand nebst den städtischen Unterbehörden verrichtet die Geschäfte des Kreisaus- 
schusses nach den Vorschriften der Städteordnung."“ Die Kreissteuern im Stadtkreise 
sind lediglich Gemeindesteuern 3, und die ganze Verwaltung der Stadtkreise ist eine um 
die Kompetenzen der Kreise erweiterte Gemeindeverwaltung. Es findet daher der größte 
Teil der Vorschriften der Kreisordnungen auf diese Stadtkreise keine Anwendung.“ 
II. Eine neue Kreisgemeinde kann, da jede Ortschaft — sofern sie nicht schon als 
Stadtkreis für sich einen Kreis bildet — zu einem Kreise gehört, nur dadurch entstehen, 
daß eine bisher kreisangehörige Stadt zu einem Stadtkreise erhoben, oder daß aus Teilen 
eines oder mehrerer vorhandener Kreise ein neuer Kreis gebildet wird. Die Erhebung 
einer Stadt zum Stadtkreise erfolgt durch ministerielle Erklärung oder durch königliche 
Verordnung, jede anderweite Bildung neuer Kreise durch Gesetz. Die Bildung eines 
neuen Landkreises hängt stets vom Ermessen des Gesetzgebers ab; Städten, die eine ge- 
wisse Einwohnerzahl erreicht haben, ist dagegen das Recht zuerkannt, aus dem Kreisver- 
bande, zu dem sie gehören, auszuscheiden und für sich einen Stadtkreis zu bilden. Die 
Einwohnerzahl ist für Westfalen auf 30,000, für die Rheinprovinz auf 40,000 
und im übrigen auf 25,000 festgestellt, jevoch sind die aktiven Militärpersonen außer 
Berechnung zu lassen. Jede Stadt, welche diese Einwohnerzahl nachweist, ist auf ihren 
Antrag durch den Minister des Innern für aus dem Kreisverbande ausgeschieden zu 
erklären; ein Rechtsmittel ist der Stadt gegen einen abweisenden Beschluß des Ministers 
aber nicht gegeben. Städten, welche diese Einwohnerzahl nicht erreichen, kann auf 
Grund besonderer Verhältnisse durch königliche Verordnung nach Anhörung des Provin- 
ziallandtages das Ausscheiden aus dem bisherigen und die Bildung eines eigenen Kreis- 
verbandes gestattet werden. Bevor das Ausscheiden einer Stadt aus einem Landkreise 
ausgesprochen wird, ist stets eine Auseinandersetzung darüber zu treffen, welchen Anteil 
die ausscheidende Stadt an dem gemeinsamen Aktiv= und Passivvermögen des bisherigen 
Kreises sowie an fortdauernden Leistungen zu gemeinsamen Zwecken der beiden nenen 
Kreise zu übernehmen hat; über die Auseinandersetzung beschließt der Bezirksausschuß 
vorbehaltlich der den beteiligten Kreisen binnen zwei Wochen gegeneinander zustehenden 
Klage im Verwaltungsstreitverfahren. 5.“ 
  
Bezirke der Landesverwaltung sind (vgl. z. B. *s Val. O. V. G., XV, S. 40; Pr. B. Bl., 
Kr. O. o 88. 1, 21, *Pän 7* und §§. 76, 134, 
3. 5; L. V. G., Ss. 1 4, 36), kommt bier 
nicht in Betracht. 
1 Kr. O. ö., §. 169; w. u. rh., §. 89; hann., 
. uol: hess. aff., 8. 102; schlesw. holst., 
* M. Erl. v. 15. März 1885 (V. M. Bl., S. 107). 
Sondervorschriften gelten nur für ben Stadt- 
kreis Altona, der aus den beiden Stadtgemein- 
den Altona und Ottensen besteht. Dieser hat 
einen besonderen Kreistag und einen besonderen 
Kreisausschuß, die nach den Bestimmungen der 
g8. 134 - 138 der Kr. O. schlesw.-holst. zusammen- 
gesetzt werden. — Die besonderen Bestimmungen 
für den Stadtkreis Magdeburg, welche die Kr. 
O. ö., §§. 171—175 enthielt, haben ihre recht- 
liche Bedeutung dadurch verloren, daß die zu 
diesem Stadtkreise ehemals gehörigen Städte 
Sudenburg, Neustadt- Magdeburg und Buckau 
mit Altstadt- Magdeburg zu einer Stadt Magde- 
burg vereinigt worden sind. 
  
VIII, S. 385. 
* Nach Abs. 2 der in nebenstehender Anm. 1 
cit. 9§. der Kr. Ordugn. findet auf die Stadtkreise 
keine Anwendung der zweite Abschnitt des ersten 
Titels der Kr. Ordugn. (von den Kreisangehörigen, 
ihren Rechten und Pflichten). Von selbst versteht 
sich aber, daß auch die Vorschriften des zweiten 
Titels der Kr. Ordugn. (von der Gliederung und 
den Amtern des Kreises) in den Stadtkreisen 
keine Anwendung finden können, weil daselbst 
die thatsächlichen Voraussetzungen fehlen. 
5 Sämtliche Kr. Ordugn., §. 3. Abs. 1, u. §. 4; 
A. u. L. O. hohenz., §. 2, Abs. 1; Zust. G., F. 2. 
* Die Auseinandersetzung hat dem Ausscheiden 
hier voranzugehen, während sie bei Grenzver- 
änderungen erst nach der Veränderung der Kreis- 
grenzen vorzunehmen ist. Vgl. Kr. O., §. 4, 
Abs. 4 („zuvor“) mit 8. 3, Abs. 2 Ginfolge-). 
ber die allgemeinen, bei der Auseinander- 
lcbung zu berücksichrigenden Gesichtspunkte vgl. 
O. V. G., II, S. 15 (Stadt Charlottenburg:;
	        
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