Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Kreisgemeinden; das geltende Recht. (88. 106, 107.) 379 
Eine Kreisgemeinde hört auf zu existieren, sobald ihr ganzes Territorium einem 
oder mehreren benachbarten Kreisen zugeschlagen wird; auch hierzu ist stets ein Gesetz 
erforderlich. Jede Neubildung wie jede Aufhebung von Kreisgemeinden bringt eine 
Veränderung der Grenzen anderer bestehender Kreise mit sich 1, vgl. daher auch unten 
§. 107 unter A. 
8. 106. 
II. Rechts= und Handlungsfähigkeit der Kreisgemeinden. 
Die Kreisgemeinde hat rechtlich dieselbe Stellung wie die Ortsgemeinde, sie bildet 
einen Kommunalverband zur Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten mit den Rechten 
einer Korporation.3 Jeder Kreis ist eine juristische Person, und zwar sowohl auf dem 
Gebiete des privaten wie auf dem des öffentlichen Rechtes, er besitzt daher ebenso wie 
die Einzelgemeinde Rechtsfähigkeit, Willens= und Handlungsfähigkeit. Hinsichtlich des 
Umfanges und der Bethätigung dieser drei Fähigkeiten im Rechtsleben kann lediglich auf 
die obigen Ausführungen S. 70 ff. verwiesen werden. Hier sind nur einzelne, speziell 
auf die Kreise bezügliche Vorschriften zu erwähnen: 
Der Wille des Kreises wird gebildet durch die Beschlüsse des Kreistages, des 
obersten Organes der Kreisgemeinde. Nach Maßgabe dieser Beschlüsse wird der Kreis 
durch den Kreisausschuß, das Verwaltungsorgan des Kreises in Kommunalangelegen- 
heiten, vertreten, und den Kreisausschuß vertritt wiererum nach außen, also Dritten 
gegenüber, der Landrat. Dieselbe Vertretung wie beim Abschluß von Rechtsgeschäften 
findet auch den Gerichten gegenüber statt. 
Der allgemeine Gerichtsstand der Kreiskorporation in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten 
ist da, wo die Verwaltung geführt wird, d. h. am Amtssitze des Landrats; Zustellungen 
erfolgen an diesen oder an einen anderen im Geschäftslokale des Kreises anwesenden 
Beamten eder Bediensteten der Korporation." 
Was die Zwangsvollstreckung gegen Kreiskorporationen anlangt, so gilt, soweit es 
sich um Geldforderungen handelt, noch die Vorschrift des Anhangs des §. 153 zu 
Titel 24, Teil I der Allgemeinen Gerichtsordnung, wonach die Gerichte sich wegen der zu 
ergreifenden Maßregeln zunächst mit der Regierung — jetzt dem Regierungspräsidenten — 
ins Einvernehmen zu setzen haben. Werden dagegen dingliche Rechte gegen Kreis- 
korporationen verfolgt, so kommen hinsichtlich der Zwangsvollstreckung die allgemeinen 
gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung.“ 
Zweiter Titel. 
Die Verfassung der Kreisgemeinden. 
F. 107. 
I. Die Grundlagen der Kreisverfassung. 
A. Die dingliche Grundlage. 
Die dingliche Grundlage jeder Kreisgemeinde ist ihr räumlich abgegrenzter Bezirk. 
Veränderungen der bestehenden Kreisgrenzen erfolgen durch Gesetz. Verändern sich jedoch 
  
VII, S. 61 (Stadt Brandenburg); X, S. 10 2 v. Stengel, Organisation, S. 190—193; 
(Stadt Nordhausen); auch v. Brauchitsch, II, Grotefend, 5§. 262. 
S. 24. Anm. 20. Sämtliche Kr. Ordugn., §. 2; A. u. L. O. 
Der auf die ausscheidende Stadt entfallende hohenz., FS. 1. 
Dotationsanteil ist gemäß §. 27 des Dotations- 4 u. P. O., 8§. 19, 23, 157 u. 169; v. Brau- 
gesetzes von 1875 auf sämtliche Landkreise der chitsch, II, S. 20, Anm. 4. 
Provinz zu verteilen. * v. Stengel, Organisation, S. 195, 196, 
1 Sämtliche Kr. Ordugn., §. 3, Abf. 1; A. u. 200 ff.; Grotefend, 8§. 263, 264; Born- 
L. O. hohenz., §. 2, Abs. 1. back, St. R., II, F. 118. 
 
	        
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