Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

380 Dritter Abschnitt. (8. 107.) 
Gemeinde- oder Gutsbezirksgrenzen, welche zugleich Kreisgrenzen sind, oder wird ein 
Grundstück, welches bisher einem Gemeinde- oder Gutsbezirk nicht angehörte, mit einem 
in einem anderen Kreise belegenen Gemeinde- oder Gutsbezirk vereinigt, so verändern 
sich damit auch ipso jure die Kreisgrenzen. Jede Veränderung der Kreisgrenzen ist 
durch das Amtsblatt bekannt zu machen. 
über die infolge einer solchen Grenzveränderung notwendig werdende Auseinander= 
setzung zwischen den beteiligten Kreisen beschließt, unbeschadet der Privatrechte Dritter, 
der Bezirksausschuß; dieser Beschluß hat den Charakter einer vorläufigen Festsetzung, 
welche in eine definitive übergeht, wenn innerhalb zwei Wochen keiner der beteiligten 
Kreise gegen den anderen die Klage beim Bezirksausschuß erhoben hat, um eine ander- 
weite Feststellung im Verwaltungsstreitverfahren zu erzielen. 
B. Die persönliche Grundlage. 
I. Kreisangehörige sind mit Ausnahme der nicht angesessenen servisberechtigten 
Militärpersonen des aktiven Dienststandes? alle diejenigen, welche innerhalb des Kreises 
einen Wohnsitz haben. Die Kreisangehörigkeit wird ebenso wie die Gemeindeangehörig- 
keit nach den neueren Gemeindeordnungen nicht durch besondere Verleihung erworben, 
sondern sie ist die ipso jure eintretende Folge der Wohnsitznahme im Kreise. Der Be- 
griff des Wohnsitzes ist in den Kreisordnungen nicht näher definiert, die Begründung 
desselben erfordert nach allgemeinen Grundsätzen die thatsächliche Niederlassung an einem 
Orte und die Absicht, daselbst den bleibenden Aufenthalt zu nehmen. Begründet jemand 
in mehreren Kreisen einen Wohnsitz, so besitzt er eine mehrfache Kreisangehörigkeit und 
hat gegenüber jedem der Kreise Rechte und Pflichten. Giebt jemand seinen Wohnsitz in 
einem Kreise auf, so verliert er damit auch seine kommunale Zugehörigkeit zu dem Kreise.“ 
Der Inhalt der Kreisangehörigkeit entspricht dem der Gemeindeangehörigkeit: 
Die Rechte der Kreisangehörigen bestehen 1) in der Teilnahme an der Ver- 
waltung und Vertretung des Kreises, welche im aktiven und passiven Wahlrechte ihren 
Ausdruck findet 2, und 2) in der Befugnis zur Mitbenutzung der öffentlichen Einrich- 
tungen und Anstalten des Kreises nach Maßgabe der für dieselben erlassenen Ordnungen, 
Reglements u. s. w.“ 
Die Pflichten der Kreisangehörigen bestehen 1) in der Verpflichtung, zur 
Befriedigung der Bedürfnisse der Kreisgemeinde Abgaben zu zahlen 7, und 2) in der 
Verpflichtung, unbesoldete Amter in der Verwaltung und Vertretung des Kreises zu 
übernehmen. 
Die Verpflichtung der Kreisangehörigen, im Ehrenamte die Funktionen eines Kreis- 
tagsverordneten, eines Kreisdeputierten, eines Mitgliedes des Kreisausschusses oder einer 
Kreiskommission 8 während der Amtsdauer zu versehen, welche allein in Posen nicht 
besteht, ist zeitlich auf drei Jahre beschränkt. Beträgt die Amtsdauer mehr als drei 
  
1 Sämtliche Kr. Ordugn., §. 3; A. u. L. O. * Sämtliche Kr. Ordugn., §. 6. Gleiche Vor- 
bohenz., §. 2; Zust. G., §. 2. In der Provinz schriften gelten bezöglich der hohenzgollernschen 
Posen feblen Vorschriften über die Verände- Amtsangebörigkeit, A U. L. O. bohenz., §. 3. 
rung der Kreisgrenzen, sie ist jedoch auch hier * M. Erl. v. 11. März 1874 (V. M. Bl., 
in letzter Zeit stets durch Gesetz angeordnet wor- S. 99). 
den. Bornhack, St. R., II, S. 261 —262. *5 Sämtliche Kr. Ordugn., §. 7; A. u. L. O. 
Betreffs der Auseinandersetzung zwischen den be-bohenz., §. 4. 
teiligten Kreisen vgl. jetzt Ges. v. 19. Mai 1889, 7 Sämtliche Kr. Ordugn., §. 9; A. u. L. O 
Art. V, B, 1. bohenz., 8. 6, Abs. 1. 
: Über die servisberechtigten Militärpersonen * Motive des Entw. von 1869 zu §. 8. Die 
des aktiven Dienststandes vgl. oben S. 84, dort weiter genannten Amter, welche i. S. der 
Anm. 5; nur die nichtangesessenen sind von der Kr. O. ö. „unbesoldete Amter in der Verwaltung 
Kreisangehörigkeit ausgeschlossen. Angesessene und Vertretung des Kreises sind“, das Ge- 
Militärpersonen sind kreisangehörig und daber meindevorsteher= und Schöffenamt und das Amt 
auch wahlberechtigt und wählbar zum Kreistage. eines Amtshauptmannes (jetzt Amtsvorstehers) 
Vgl. die Erklärung der Staatsregierung in der gehören nicht hierber, das letztgenannte ist über- 
Sitzung des A. H. v. 22. Nov. 13/2 (S tenogr. haupt kein Kommunalamt, die beiden ersten 
Ber., S. 69); auch O. V. G., I, S. 74, u. §s§s. 47, sind keine Kreisämter; vgl. über dieselben oben 
49 des Neichsmilitärgesetzes v. 2. Mai 1874. S. 172, Anm. 1. 
Vgl. oben S. 82; auch O. V. G., X, S. 1. 
VIII, S. 16. l 
 
	        
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