Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Kreisgemeinden; das geltende Recht. (8. 107.) 381 
Jahre, so kann das Amt nach Ablauf von drei Jahren niedergelegt werden. Auch kann 
derjenige, welcher ein unbesoldetes Amt während der vorgeschriebenen regelmäßigen Amts- 
dauer versehen hat, die Übernahme desselben oder eines gleichartigen 1 für die nächsten 
drei Jahre ablehnen. Im übrigen berechtigen zur Ablehnung oder vorzeitigen Nieder- 
legung solcher Amter nur: a) anhaltende Krankheit, b) Geschäfte, die eine häufige und 
lange Abwesenheit vom Orte mit sich bringen, c) Alter von 60 Jahren, d) die Ver- 
waltung eines unmittelbaren Staatsamtes und e) sonstige besondere Verhältnisse, welche 
nach dem Ermessen des Kreistages eine gültige Entschuldigung begründen. — Wer sich 
ohne einen dieser Entschuldigungsgründe weigert, ein unbesoldetes Amt in der Verwal- 
tung oder Vertretung des Kreises zu übernehmen oder das übernommene Amt drei 
Jahre hindurch zu versehen, sowie derjenige, welcher sich der Verwaltung solcher ÄAmter 
trotz vorangegangener Aufforderung seitens des Kreisausschusses thatsächlich entzieht, kann 
zur Strafe für einen Zeitraum von drei bis sechs Jahren der Ausübung seines Rechtes 
auf Teilnahme an der Vertretung und Verwaltung des Kreises für verlustig erklärt und 
um ein Achtel bis ein Viertel stärker als die übrigen Kreisangehörigen zu den Kreisabgaben 
herangezogen werden. Über das Vorhandensein eines Ablehnungsgrundes und eventuell 
über die Verhängung der Strafen beschließt der Kreistag; gegen den Beschluß desselben 
steht binnen zwei Wochen dem Betroffenen die Klage beim Bezirksausschusse offen. 
Die Kreistagsabgeordneten erhalten für ihre Mühewaltung überhaupt keine Ent- 
schädigung, nicht einmal Diäten und Reisekosten. Den Mitgliedern des Kreisausschusses 
und der Kreiskommissionen wird dagegen eine ihren baren Auslagen entsprechende Ent- 
schädigung gewährt, über deren Höhe der Kreistag zu beschließen hat.“ 
II. In einzelnen Beziehungen gehören, ebenso wie bei der Ortsgemeinde, diejenigen 
physischen Personen zur Kreisgemeinde, welche im Kreise Grundeigentum besitzen oder 
ein stehendes Gewerbe betreiben, ohne in ihm einen Wohnsitz zu haben; man kann 
sie Kreisforensen im engeren Sinne nennen, im Gegensatz zu dem weiteren Forensal= 
begriff, den die Kreisordnungen für die Zwecke der Kreisbesteuerung aufgestellt haben. 
Diese Forensen sind in gewissem Umfange der Kreisabgabenpflicht unterworfen und 
nehmen auch an den Rechten der Kreisangehörigen teil. Nach den Motiven der Kreis- 
ordnung von 1872“ sollen sie von der Mitbenutzung der öffentlichen Kreisanstalten 
nicht ausgeschlossen werden, und nach den Gesetzen selbst! sind sie zur Teilnahme an 
den Kreistagswahlen berufen; eine Befugnis zur aktiven Teilnahme an der Verwaltung 
des Kreises durch Führung von Kreisämtern ist ihnen dagegen nicht eingeräumt. Dieselbe 
Rechtsstellung wie die Forensen haben die nach den Kreisordnungen abgabenpflichtigen 
juristischen Personen und wirtschaftlichen Verbände. 
  
1 Ein gleichartiges Amt ist ein solches, wel- 
ches denselben Umfang an Wirksamkeit, Leistung 
und Arbeit erfordert, wie das bisher verwaltete. 
Wer nur als Stellvertreter fungiert hat, kann 
die Wahl zum ordentlichen Mitgliede nicht 
ablehnen. Stenogr. Ber. des A. H. 1872, 
S. 1316. 
: Es liegt ganz im Ermessen des Kreistages, 
die eine Strafe, oder die andere, oder beide zu- 
sammen eintreten zu lassen, auch kann er die 
Zeit der Suspension des Rechts auf Teilnahme 
und das Maß der stärkeren Belastung mit Kreis- 
abgaben innerhalb der gesetzlich firierten Grenzen 
beliebig bestimmen. 
ꝛ Sämtliche Kr. Ordngn., §. 8. Vgl. auch 
oben S. 91, Anm. 2 u. 3. 
In den Hohenzollernschen Landen gilt 
materiell dasselbe Recht, in sormeller Beziehung 
ist jedoch die früher auch im Gebiet der Kr. O. ö. 
bestehende (durch die Novelle von 1881 beseitigte) 
Duplizität des Verfahrens noch nicht beseitigt. 
Es beschließt hier Üüber die Begründetheit der 
Ablehnung eines Amtes die Amtsversammlung, 
über die Folgen unbegründeter Ablehnung da- 
  
gegen der Amtsausschuß. A. u. L. O. hohenz., 
5 
8. 5. 
Kr. O. ö., 88. 114, 164, 168; w. u. rh., 
88. 59, 84, 88; hann., 88. 71, 96, 100; hess.= 
nass., 88. 72, 97, 101; schlesw.oholst., 88. 101 
(gestattet unter gewissen Voraussetzungen die 
Gewährung von Diäten an Kreistagsabgeord- 
nete), 127, 131. In Posen beschließt über die 
Höhe der den Kreisausschußmitgliedern zu ge- 
währenden Diäten der Bez. A.; Ges. v. 19. Mai 
1889, Art. IV, §. 5, Abs. 2. In Hohenzollern 
erhalten auch die gewählten Mitglieder der Amts- 
versammlung eine von dieser festzusetzende Ent- 
schädigung; A. u. L. O. hohenz., §. 87. 
* Sämtliche Kr. Ordugn., §. 14, Abs. 1. 
Kür Posen, Ges. v. 19. Mai 1889, Art. V, 
B, 3. Vgl. auch unten S. 417, §. 122 unter I, 2. 
In der A. u. L. O. hohenz. ist der Begriff der 
Kreisforensen überhaupt nicht definiert. 
" Vgl. Mot. zu F. 6 des Entw. von 1869 u. 
Stenogr. Ber. des A. H. 1872, S. 69. 
7 Vgl. z. B. Kr. O. ö., 8§. 86, 87, 97. 106; 
v. Stengel, Organisation, S. 201, Anm. 1, 
S. 205.
	        
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