382 Dritter Abschnitt. (8. 108.)
II. Die Organe der Kreisgemeinden.
A. Die Kreisvertretung.
Vorbemerkung: Die rechtliche Stellung der Kreisvertretung ist dieselbe wie die der Ge-
meindevertretung, und die Kreistagsabgeordneten stehen rechtlich den Gemeindeverordneten gleich,
es kann also auf die diesbezüglichen obigen Ausführungen verwiesen werden. Im übrigen ist die
Verfassung der Kreisvertretung eine verschiedene in den Provinzen, in welchen die neuen Kreis-
ordnungen gelten, in Posen und in den Hohenzollernschen Landen; daher die folgende
Dreiteilung in der Darstellung.
1) Die Kreisvertretung in den Provinzen Ost= und Westpreußen, Branden-
burg, Pommern, Schlesien, Sachsen, Westfalen, Rheinprovinz, Han-
nover, Hessen-Nassau und Schleswig Holstein.
K. 108.
a. Die Zusammensetzung der Kreisvertretung und die Wahlverbände.
I. Die Kreisvertretung setzt sich nur aus gewählten Abgeordneten zusammen, es giebt
keine persönlich berechtigten Kreistagsmitglieder. Die Zahl der Abgeordneten be-
stimmt sich nach der Zahl der Kreiseinwohner unter Ausschluß der aktiven Militär-
personen. Die Einheitssätze für die Berechnung der Zahl der Abgeordneten sind wegen
des in den einzelnen Landesteilen sehr verschiedenen Verhältnisses der Bevölkerung der
Kreise zu dem Flächeninhalte derselben in den einzelnen Kreisordnungen verschieden fest-
gesetzt. Danach sind zu wählen:
1) in den östlichen Provinzen und in den rheinischen Regierungsbezirken Aachen,
Köln und Düsseldorf in Kreisen von nicht mehr als 25,000 Einwohnern 25, in
den rheinischen Regierungsbezirken Koblenz und Trier bei gleicher Einwohnerzahl
nur 20 Abgeordnete,
2) in den Provinzen Westfalen und Schleswig-Holstein? bei nicht 20
mehr als 35,000 Einwohnern Abaeord=
3) in der Provinz Hannover bei nicht mehr als 20,000 Einwohnern | *
40 „ „ „ Hessen-Nassau bei nicht mehr als 30,000 Einwohnern ·
In größeren Kreisen tritt für jede weitere Vollzahl von 5000, in Hannover
schon für jede weitere Vollzahl von 2500 ein weiterer Abgeordneter hinzu; erreicht die
Zahl der Einwohner in Hannover jedoch 50,000, in Westfalen und Schles-
wig-Holstein 70,000 oder in den übrigen Provinzen 100,000, so ist in Han-
nover erst für jede weitere Vollzahl von 5000 und in den übrigen Provinzen
erst für jede weitere Vollzahl von 10,000 ein neuer Abgeordneter zu wählen.
II. Die Abgeordneten werden durch drei zu diesem Zwecke innerhalb des Kreises
zu bildende Wahlverbände, den Wahlverband der größeren ländlichen Grunbbesitzer,
den Wahlverband der Städte und den Wahlverband der Landgemeinden, gewählt. In
Kreisen, in welchen keine Stadtgemeinde vorhanden ist, scheidet der Wahlverband der
1 v. Stengel, Organisation, S. 238—241; : Betreffs des Kreises Herzogtum Lauen-
Grotefend, I1, 8§. 265— 270; Bornhack,
St. R., II, S. 264—266. Vgl. zu diesem §.
auch Cirk. u. Instr. des Ministers des Innern
zur Ausf. der die Zusammensetzung des Kreis-
tages betreffenden Vorschriften der Kr. O. ö. v.
10. März 1873 (V. M. Bl., S. 81; abgedr. bei
v. Brauchitsch, II, S. 304 ff.). Zur Aus-
führung der entsprechenden Vorschriften der
übrigen neuen Kr. Ordugn. sind äbnliche In-
struktionen ergangen.
burg vgl. oben S. 375, Anm. 3.
2 Kr. O. ö., §. 84; w. u. rh., §. 33; hann.,
§. 40; hefs.-nass., 8. 41; schlesw.-holst., 8. 70.
In den Kreisen Eiderstedt, Norder= und Süder-
dithmarschen kann die Zahl der Mitglieder durch
statutarische Anordnung des Kreistages erhöht
werden, vgl. S. 70, Abs. 2, und §. 75, Z. 2 der
Kr. O. schlesw.-bolst.