Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Kreisgemeinden; das geltende Recht. (8. 109.) 387 
Kreises; b) juristische Personen, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien 
durch einen Pächter oder mit Generalvollmacht versehenen Administrator eines im Kreise 
belegenen größeren Gutes! oder durch einen Vertreter aus der Zahl der ländlichen 
Grundbesitzer des Kreises; Korporationen nach Maßgabe ihrer Statuten oder Verfassungen?; 
c) Eltern, welche die Bewirtschaftung selbständig verwalteter Güter ihren Söhnen über- 
tragen haben? durch diese; d) unverheiratete Besitzerinnen" durch Vertreter aus der Zahl 
der ländlichen Grurdbesitzer des Kreises; e) die Mitglieder regierender Häuser und die 
Mitglieder gewisser standesherrlicher Familien 3 durch ein Mitglied ihrer Familie oder 
einen Vertreter aus der Zahl ihrer Beamten, ihrer Gutspächter oder der ländlichen 
Besitzer des Kreises; f) die gemeinschaftlichen Besitzer eines größeren Grundeigentums 
durch einen Mitbesitzer, und die Teilnehmer eines gewerblichen Unternehmens durch 
einen derselben; 8) Ehefrauen, groß= wie minderjährige durch ihren Ehemann, Kinder 
unter väterlicher Gewalt durch ihren Vater, bevormundete Personen durch ihren Vor- 
mund oder Pfleger, oder wenn Vormundschaft und Pflegschaft durch eine weibliche Per- 
son geführt wird, nach den Bestimmungen unter 1. 
Die Vertreter, mit Ausnahme derjenigen von Ehefrauen und Kindern (g8), müssen in 
dem Kreise entweder einen Wohnsitz haben oder Grundeigentum besitzen und wahl- 
berechtigt sein. Außerdem müssen alle Vertreter die zur Wahlberechtigung erforderlichen 
persönlichen Voraussetzungen (Alter, Selbständigkeit u. s. w.) erfüllen.“ 
2) Im Wahlverbande der Städte erfolgt die Wahl der Abgeordneten oder, wenn 
mehrere Städte zu einem Wahlbezirke vereinigt sind, die Wahl der Wahlmänner durch 
den Stadtvorstand und die Stadtvertretung. Voraussetzung für die Teilnahme an den 
Wahlen ist hier also die Mitgliedschaft in einem der beiden städtischen Organe.7 
3) Im Wahlverbande der Landgemeinden wählen nach den obigen Ausführungen 
einerseits Gemeinden (S. 384, 3 a) und andererseits Einzelpersonen (S. 384, 3 b u. c). 
Letztere sind nur dann zur persönlichen Teilnahme an den Wahlen berechtigt, wenn bei 
ihnen diejenigen Voraussetzungen zutreffen, von deren Erfüllung die persönliche Aus- 
übung des Stimmrechtes im Wahlverbande der größeren Grundbesitzer abhängig ist. 
Die Landgemeinden beteiligen sich als solche an den Wahlen zum Kreistage nur indirekt, 
indem sie nur Vertreter in die Wahlversammlung ihres Wahlverbandes entsenden. Diese 
Vertreter der einzelnen Landgemeinden (Wahlmänner) werden in jeder Gemeinde von 
der Gemeindeversammlung und in denjenigen Gemeinden, in welchen eine gewählte 
Gemeindevertretung besteht, von dieser und dem Gemeindevorstande aus der Zahl 
der stimmberechtigten Gemeindemitglieder gewählt. Wahlberechtigt sind also bei diesen 
Urwahlen die Mitglieder des Gemeindevorstandes und der Gemeindevertretung oder die 
  
1 Es ist nicht erforderlich, daß dieses Gut 
einen selbständigen Gutsbezirk bildet, oder daß 
der Besitz desselben die Wahlberechtigung im 
Wahlverbande der größeren Grundbesitzer ge- 
währt; erforderlich- ist nur, daß der Vertreter 
Pächter u. s. w. eines größeren Grundbesitztums 
ist, welches man seiner räumlichen Ausdehnung 
und seiner thatsächlichen wirtschaftlichen Selbst- 
ständigkeit halber im gewöhnlichen Sprachge- 
brauche ein „Gut"“ nennt. O. V. G., V, S. 1. 
: O. V. G., XXIV, S. 26. 
2 Die Güter brauchen den Söhnen nicht ver- 
pachtet zu sein, es genügt Überlassen zur selbst- 
ständigen Bewirtschaftung. O. V. G., III, S. 
64; XIII. S. 29. 
4 Zu diesen gehören auch die Witwen. O. V. G., 
XIII. S. 29. 
* Dies sind: in der Provinz Sachsen die 
Grafen von Stolberg-Wernigerode, Stolberg- 
Stolberg und Stolberg-Roßla für die Kreise 
Wernigerode und Sangerhausen (Kr. O. ö., 
§. 181, u. Ges. v. 18. Juni 1876 sG. S., S. 
245; v. Brauchitsch, II, S. 174|)); in der 
Provinz Hannover der Herzog von Arenberg 
  
für die Kreise Meppen, Aschendorf und Hümm- 
ling, der Herzog von Looz-Corswaren für den 
Kreis Lingen, der Fürst von Bentheim für den 
Kreis Bentheim und die Grafen von Stolberg- 
Wernigerode und Stolberg-Stolberg für den 
Kreis Ilfeld (Kr. O. hann., §. 53, Abs. 2); in 
der Provinz Hessen -Nassau und in der 
Rheinprovinz ohne Beschränkung auf be- 
stimmte Kreise die Mitglieder sämtlicher ehe- 
mals reichsunmittelbarer Familien, in Hessen- 
Nassau auch die Mitglieder des nassauischen 
und bessischen Fürstenbauses (Kr. O. hess.-nass., 
§. 54, Abs. 2; rh., §. 45, Abs. 1, Z. 5). 
* Kr. O. ö., §. 97; w. u. rh. 8. 45; hann., 
g. 230 hess.-nass., §. 54; schlesw. Fech, §. 83. 
r. O. ö., §. 104; w. u. rh., 8. 48; hann., 
g. 0 beif -nass. 8. si; schlesw. holst., §. 90. 
8 Diese Personen können nach denselben 
Grundsätzen wie die im Wahlverbande der 
Großgrundbesitzer stimmberechtigten sich in der 
Ausübung ihres Stimmrechtes vertreten lassen. 
Kr. O. ö., §. 98, Abs. 2; hann., §. 54, Abs. 2; 
hefs.-nass., §. 55; schlesw.-holst., §. 84, Abs. 3 
25“
	        
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