388 Dritter Abschnitt. (§. 109.)
der Gemeindeversammlung; bildet letztere die Urwahlversammlung, so nehmen jedoch die-
jenigen ihrer Mitglieder an der Wahl nicht teil, welche zum Wahlverbande der größeren
Grundbesitzer gehören.
In den westlichen Provinzen werden in den Wahlverbänden der Landbürger-
meistereien (Amtsverbände) die Kreistagsabgeordneten bezw. die Wahlmänner durch die
Bürgermeistereiversammlung (Amtsversammlung) gewählt, also sind nur Mitglieder dieser
wahlberechtigt.
II. Wählbar zum Kreistagsabgeordneten und zum Wahlmann ist:
1) im Wahlverbande der Städte jeder Einwohner der im Kreise belegenen Städte,
welcher sich im Besitz des Bürgerrechts, resp. wo ein solches nicht besteht, des Gemeinde-
stimmrechts befindets;
2) in den beiden anderen Wahlverbänden a) jeder seit einem Jahre in dem Kreise
angesessene ländliche Grundbesitzer, ohne Rücksicht auf die Größe seiner Besitzung und ohne
Rücksicht auf seinen Wohnsitz, sowie b) jeder, der in einer Versammlung dieser Verbände
ein Wahlrecht ausübt" und seit einem Jahre dem Kreise durch Wohnsitz, in der Rhein-
provinz und Hessen-Nassau durch Wohnsitz oder Grunbdbesitz angehört; ausgeschlossen
sind jedoch in den beiden westlichen Provinzen diejenigen Personen, welche ein der
Aufsicht des Landrats unterstelltes besoldetes Amt bekleiden.
Im übrigen sind für die Wählbarkeit ebenso wie für das Wahlrecht Reichsange-
hörigkeit, Selbständigkeit und Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte stets erforderlich. Das
passive Wahlrecht geht verloren, sobald eines der vorstehenden Erfordernisse bei dem bis
dahin Wählbaren nicht mehr zutrifft, und es ruht unter denselben Voraussetzungen wie
das aktive. 2#
5) Das Wahlverfahren.
I. Die Wahlen zur regelmäßigen Ergänzung des Kreistages finden alle drei Jahre
im Monat November statt, sofern nicht durch statutenmäßige Anordnung seitens des
Kreistages ein anderer Termin bestimmt wird.* Dabei erfolgen die Wahlen im Wahl-
verbande der Landgemeinden (Bürgermeistereien und Amtsverbände) vor den Wahlen in
dem Verbande der größeren Grundbesitzer. Außergewöhnliche Wahlen zum Ersatze inner-
halb der Wahlperiode ausscheidender Mitglieder finden statt bei Eintritt des Bedürfnisses.
Ergänzungs= und Ersatzwahlen sind von denselben Wahlverbänden, Stadtgemeinden,
Landbürgermeistereien (Amtsverbänden) und Wahlbezirken vorzunehmen, von denen der
Ausscheidende gewählt war. Wo in städtischen und ländlichen Wahlbezirken die Wahl
von Wahlmännern durch die Kreisordnungen vorgeschrieben ist, erfolgt diese aufs neue
vor jeder Ergänzungswahl, nicht dagegen bei den außerordentlichen Ersatzwahlen, bei
welchen die früheren Wahlmänner fungieren.“
1 Kr. O. ö., §. 98, Abs. 1, Z3. 2 u. 3, u.den soll. M. Erl. v. 24. Nov. 1873 (V. M. Bl.
Abs. 2; §. 100, Abs. 2 u. 4; hann., 8§. 54. 56;
hess. nass. 88. 55, 57; schlesw.= bolsi. 88. 84, 80.
2 Kr. O. rh. u. w., §. 46.
* Ohne den Besitz des Bürgerrechts kann
auch der Bürgermeister oder ein anderes be-
soldetes Magistratsmitglied nicht gewählt wer-
den. O. V. G., V, S. 11.
* Dahin gebören die persönlich wahlberech-
tigten Gewerbetreibenden und Bergwerksbesitzer
und auch die nur als Vertreter eines Wahl-
berechtigten fungierenden Personen. v. Brau-
chitsch, II, S. 137, Anm. 343; O. V. G., III,
S. 21, 31, 35.
* Kr. O. ö., §. 106; w. u. rh., §. 50; shamm.t
8. 62;: hess.-nass., §. 63; schlesw. 92.
Staatsbeamte bedürfen zur unelll, . eines
Kersisnlil Ten keiner Genebmigung ihrer vor-
gesetzten Dienstbehörde, müssen aber behufs
Teilnahme an den Kreistagssitzungen rechtzeitig
Urlaub nachsuchen, der ihnen nur, wenn der
Staatsdienst es dringend erfordert, versagt wer-
1874. S. 94).
* Vgl. die oben S. 382, Anm. 1 cit. M. Justr.
v. 10. März 1873 und das Cirk. des Ministers
des Innern betr. die Ergänzungswahlen für den
Kreistag v. 2. Mai 1888 (V. M. Bl., S. 103;
abgedr. bei v. Brauchitsch, II, S. 333 ff.).
8 Eine Abweichung von der Bestimmung, daß
die regelmäßigen Ergänzungswahlen mangels
anderweiter statutarischer Feststellung im No-
vember stattzufinden baben, macht die Wahlen
nicht notwendig ungültig. O. V. G., XXII, S. 1.
Kr. O. ö., §. 108; w. u. rh., §. 52; hann.,
8. 64; hess.-nass., §. 665; schlesw.-holst., 8. 94.
Vor außerordentlichen Ersatzwahlen sind nur
dann neue Wahlmänner zu wählen, wenn die
früberen Wahlmänner durch Tod, Wegzieben
oder aus einem anderen Grunde ausgeschieden.
oder Wahlmännerwablen nicht zu stande gekommen
oder für ungültig erklärt sind. M. Erl. v. 10. Aug.
1877 (V. M. Bl., S. 209); 2 V. G., XVII,
S. 28; v. Brauchitsch, II, S. 139, Anm. 352.