Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

410 Dritter Abschnitt. (. 118.) 
schiedenem Umfange beteiligt: Überall sind sie verpflichtet, den Ortsarmenverbänden zur 
Tragung der sogen. außerordentlichen Armenlast, welche in der Unterbringung der Geistes- 
kranken, Ivioten, Epileptischen, Taubstummen und Blinden in die Provinzialheilanstalten 
besteht, gewisse Zuschüsse zu geben, auch können sie die Fürsorge für diese Personen in 
eigenen Anstalten übernehmen 1; in der Provinz Ostpreußen bildet jeder Kreis gleich- 
zeitig einen Landarmenverband und hat als solcher für die Landarmen zu sorgen und 
den unvermögenden Ortsarmenverbänden Beihilfen zu gewähren.? Die Kreise können 
Träger der öffentlichen Krankenversicherung werden, wenn sie beschließen, für die 
Gemeindekrankenversicherung an die Stelle der ihnen angehörenden einzelnen Gemeinden 
zu treten 3; sie nehmen in gewissen Beziehungen teil an der öffentlichen Gesundheitspflege, 
und sie können endlich durch Errichtung von mannigfachen Anstalten, Leihhäusern, Spar- 
kassen u. s. w. den wirtschaftlichen Wohlstand ihrer Angehörigen fördern. 
An der staatlichen Finanzverwaltung nehmen die Kreise insofern teil, als 
die Kreisvertretungen zu den verschiedenen Veranlagungskommissionen Mitglieder zu 
wählen haben 5, der Militärverwaltung gegenüber aber sind die Kreisgemeinden 
besonders als Lieferungsverbände zu gewissen Prästationen verpflichtet. In Kriegs- 
zeiten kann von ihnen zur Füllung der Kriegsmagazine die Lieferung des anderweit nicht 
zu beschaffenden Bedarfs an Vieh, Brot, Hafer, Heu und Stroh nach Maßgabe des 
Reichsgesetzes v. 13. Juni 1873 (R. G. Bl., S. 129)“ und die Unterstützung bedürf- 
tiger Familien der in den Dienst eingetretenen Mannschaften nach Maßgabe des Reichs- 
gesetzes v. 28. Febr. 1888 (R. G. Bl., S. 59) verlangt werden; im Frieden sind sic 
verpflichtet, den Familien der zu Friedensübungen einberufenen Mannschaften nach den 
Bestimmungen des Reichsgesetzes v. 10. Mai 1892 (R. G. Bl., S. 661) in Vertretung 
des Reiches Unterstützungen zu zahlen.7 
  
(G. S., S. 94), Kr. O. schlesw.-holst., §. 13, Abs. 2, 
u. 88. 150, 151, sowie lauenb. Wegerrdnung v. 
7. Febr. 1876 (offizielles Wochenbl., S. 27); 
für den Reg. Bez. Kassel Ges. v. 16. März 
1879 (G. S., S. 225, u. Kr. O. hess. nass., 
88. 115, 116#:: für Hohenzollern Ges. v. 
5. d% 1 G. S., S. 5). Vgl. auch Zust. G., 
88. Z5 ff. 
1 Ges. betr. Abänderung der 88. 31, 65 u. 
68 des Ges. z. Ausf. des Bundesges. über den 
Unterstützungswobnsitz v. 8. März. 1871 (G. S., 
S. 130), v. 11. Juli 1891 (G. S., S. 300). 
: Reglement über die Einrichtung des Land- 
armen- und Korrigendenwesens in Ostpreußen 
v. 26. Sept. 1864 (G. S., S. 621); Ges. über 
den Unterstützungswohnsitz v. 6. Juni 1870 
(B. G. Bl., S. 360), §. 5; Preuß. Ausf. Ges. v. 
8. März 1871 (G. S., S. 130), 8§. 26. 36 u. 
37. — Eigene Landarmenverbände bilden ferner 
noch der Kreis Herzogtum Lauenburg (Lauenb. 
Auef. Ges. v. 24. Juni 1871 loffizielles Wochenbl., 
S. 183). abgeändert durch Ges. v. 4. Nov. 1874, 
15. Juni 1878 u. preuß. Ges. v. 9. März 1879 
[G. S., S. 1340), der Stadtkreis Breslau (Vdg. 
v. 16. Aug. 1871 (G. S., S. 345s], u. Vdg. v. 
16. Febr. 1878 (G. S., S. 91.) und endlich die 
Stadt Berlin. 
2 R. G. v. 10. April 1892, §. 12. Nach dem 
Ges. v. 20. Mai 1887 (G. S., S. 189) bilden 
die Kreise die Sektionen der in jeder Provinz 
für die Unfall= und Krankenversicherung der 
land= und forstwirtschaftlichen Arbeiter einzu- 
  
richtenden Berufsgenossenschaften, und die Kreis- 
ausschüsse können mit den Funktionen des Sek- 
tionsvorstandes betraut werden. 
Die Kreise tragen z. B. die Kosten des 
Impfwesens, Ges. v. 12. April 1875 (G. S., 
S. 191); M. Erl. v. 19. April u. 8. Juni 1875 
(V. M. Bl., S. 99 u. 181); O. V. G., XIV, S. 
14. Die Kreise haben die Hebammenbezirke, 
welche die Mittel zur Ausbildung, Besoldung 
oder Unterstützung einer Bezirkshebamme nicht 
aufbringen können, zu unterstützen. Ges. v. 
28. Mai 1875 (G. S., S. 223), §. 3; über 
die Voraussetzung und den Inhalt dieser Ber- 
pflichtung der Kreisverbände vgl. O. V. G., 
XIV, S. 20. 
5 Vgl. Eink. St. G., §. 34; Ergänzungs- 
steuerges. v. 14. Juli 1893 (G. S., S. 134), 
88. 22 ff.; Geb. St. G. v. 21. Mai 1861 (G. S., 
* Bei der Beschaffung dieser Lieferungen 
können die Kreise sich der Vermittelung der 
Gemeinden bedienen. Bei der Verteilung des 
Bedarfs auf letztere kommt nach Kr. O. ö., 
§s. 116, Z. 2, noch §. 5, Z. 3 des Ges. v. 
11. Mai 1851 (G. S., S. 362) zur Anwen- 
dung. Vgl. oben S. 396, Anm. 3. 
7 Vgl. Bekanntmachung des Bundesrats v. 
2. Juni 1892 (R. G. Bl., S. 668); Cirkular der 
preußischen Minister des Innern u. der Finanzen 
v. 20. Juni 1892 (V. M. Bl., S. 277) u. Erlaß 
derselben v. 12. Okt. 1892 (V. M. Bl., S. 365).
	        
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