Kreisgemeinden; das geltende Recht. (F. 119.) 411
Zweites Stück.
Das Finanzrecht insbesondere.
I. Die einzelnen Finanzquellen.
8. 119.
A. Das Kreisvermögen.!
Das Finanzrecht der Rreisgemeinden entspricht seinem ganzen Wesen nach dem
der Einzelgemeinden, nur in den Abgabensystemen beider Kommunalverbände finden sich
erheblichere Verschiedenheiten. Es kann daher hier besonders auf die prinzipiellen Er-
örterungen über den Begriff und das System dieses Finanzrechts oben S. 209 ver-
wiesen werden. Die Kreisordnungen selbst regeln eingehender nur das Abgabenwesen;
hinsichtlich der Verwaltung der übrigen Einnahmequellen, welche hier zunächst besprochen
werden soll, enthalten sie nur vereinzelte Bestimmungen.
Das Kreisvermögen ist der Inbegriff aller der Kreisgemeinde gehörigen beweg-
lichen wie unbeweglichen Sachen und Rechte. Zu ihm gehören namentlich auch die jähr-
lichen Renten, welche die Landkreise nach Maßgabe der Dotationsgesetze aus der Staats-
kasse beziehen. Die Höhe dieser Renten, auf welche die Kreise einen gesetzlichen Anspruch
haben, ist bei der oben S. 375 ff. erwähnten Verteilung ein für allemal festgesetzt, sie
kann sich für den einzelnen Kreis nur dadurch verändern, daß eine Stadt aus einem
Landkreise ausscheidet, um für sich einen Stadtkreis zu bilden. Bei Eintritt dieses Falles
wird nämlich derjenige Teil der dem Landkreise überwiesenen Jahresrente, welcher nach
dem allgemeinen Verteilungsmaßstabe auf die ausscheidende Stadt entfallen würde, nach
demselben Maßstabe auf sämtliche Landkreise der betreffenden Provinz verteilt und die
Dotation jedes Landkreises der Provinz entsprechend erhöht.? — Von öffentlich-rechtlichen,
nicht unter die eigentlichen Kreisabgaben fallenden Einnahmen der Kreise sind hier noch
die Jagdscheingelder und die in Orten von nicht mehr als 2000 Einwohnern auf-
kommende Wanderlagersteuer“" zu erwähnen.
Die Verwaltung des Kreisvermögens erfolgt durch den Kreisausschuß, und zwar
lediglich nach den vom Kreistage aufgestellten Grundsätzen. Der Kreistag hat die freie
Disposition über dieses Vermögen, er beschließt besenders über alle aus demselben zu
machenden Ausgaben; einer Bestätigung, die dann vom Bezirksausschusse zu erteilen ist,
bedürfen seine diesbezüglichen Beschlüsse nur, wenn sie die Veräußerung von Grund-
stücken oder Immobiliarrechten des Kreises betreffen. Zur Deckung außerordentlicher
Bedürfnisse kann der Kreistag die Aufnahme von Anleihen beschließen, er bedarf dazu
der Genehmigung des Bezirksausschusses, wenn durch die betreffende Anleihe der Kreis
mit einem Schuldenbestande belastet oder der bereits vorhandene Schuldenbestand ver-
größert werden würde; zur Übernahme von Bürgschaften auf den Kreis ist die Ge-
nehmigung des Bezirksausschusses stets erforderlich. Ohne die vorgeschriebene Bestätigung
sind die betreffenden Kreistagsbeschlüsse nichtig.7
1 v. Stengel, Organisation, S. 255; Born= drittel-Majorität der Kreistagsbeschlüsse vgl. oben
0est St. R., II, S. 286 ff.; Grotesend, I.3 unter VI, 2.
S. 689. * Will der Kreis Anleihen in der Form der
1 Dotationsges. von 1875, §. 27. Begebung von Inhaberpapieren (Kreisobliga-
* Jagdscheingesetz für die preuß. Monarchie tionen, jetzt Kreisanleiben) aufnehmen, so kom-
mit Ausnahme der Insel Helgoland v. 31. Julimen die oben S. 331, Anm. 5 angegebenen Be-
1895 (G. S., S. 304), §. 4, Abf. 4. stimmungen zur Anwendung. Vgl. hierüber
Bgl. oben S. 327. sowie über die sogen. Konvertierungsanleihen
5 Kr. O. ö., §. 116, Z. 3 u. 6, S. 134, Z. 2, bes. v. Brauchitsch, II, S. 167 ff., Anm. 454,
8. 176, Z. r w. u. r., 8. 61, Z. n. 6, §. 79, wie auch die daselbst S. 369 u. 376 mitgeteilten
3. 2, 8 , Z. 4; hann., S. 73, Z. 3 u. 6, M. Erl. v. 1. Juni 1891 (V. M. Bl., S. 84)
5 91, F 2 5 103, Z. 4; bess. nas. 8. 74, und v. 6. Aug. 1892 (V. M. Bl., S. 321).
3. 3 u. 6, §. 92, Z. 2, F. 101, Z. 4; schlesw., 7 Kr. O. ö., S. 176; w. u. rh., §. 91; hann.,
bolst., §. 103, Z. 3 u. 6, S. 122, Z. 2. 8. 139, 8. 103; hess. Nass., 8. 16 4 ;lK. 139:
Z. 4; A. u. L. O. Fohzeng.e §. 26, 3. 3 u. 6, F. 43, * u. #k O. hohenz., §. 80; für Posen Ges. v.
3. 2, §. 80, Z. 3; für Posen Ges. v. 19. Mai 19. Mai 1889, Art. V, B, 5e.
1889 Art. V, B, 5c. Über die erforderliche Zwei-