Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Provinzialgemeinden; das geltende Recht. (8. 132.) 445 
längstens fünf Tagen zu erklären. Wer diese Erklärung nicht abgiebt, wird als ab- 
lehnend betrachtet. 
Die Prüfung der stattgehabten Wahlen steht dem Provinziallandtage zu. Dieser 
beschließt über ihre Gültigkeit ex ofticio oder auf Einsprüche. 1 Letztere können innerhalb 
zwei Wochen nach der Wahl bei dem Vorsitzenden des Wahlvorstandes von jedem Mit- 
gliede der Wahlversammlung erhoben werden.? Gegen den über die Gültigkeit oder 
Ungültigkeit einer Wahl gefaßten Beschluß des Provinziallandtages steht dem Gewählten, 
dessen Wahl für ungültig erklärt ist, und denjenigen, deren Einsprüche als ungerechtfertigt 
verworfen sind 8, innerhalb zwei Wochen die Klage beim Oberverwaltungsgerichte offen. 
Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung, jedoch dürfen bis zu ihrer Erledigung Er- 
satzwahlen nicht vorgenommen werden.“ 
Die Namen der neugewählten Abgeordneten sind von dem Oberpräsidenten durch 
die Amtsblätter der Provinz bekannt zu machen, ihre Einführung hat durch den Vor- 
sitzenden des Landtages zu erfolgen. 
III. Die regelmäßige Wahl der Abgeordneten zum Provinziallandtage erfolgt auf 
sechs Jahre. Die mit Ablauf ihrer Wahlperiode Ausscheidenden sind sofort wieder 
wählbar. 
Vor Ablauf der Wahlperiode kann eine Erledigung des Mandats zunächst mit dem 
Willen des einzelnen Abgeordneten dadurch eintreten, daß er das Mandat niederlegt; 
hierzu ist er jederzeit berechtigt, da eine Verpflichtung zur Annahme oder Fortführung 
von Provinzialämtern nicht besteht. Wider den Willen des Gewählten verliert dagegen 
die Wahl dauernd oder vorübergehend ihre Wirkung, sobald eine der für die Wähl- 
barkeit vorgeschriebenen Bedingungen gänzlich oder zeitweise aufhört. Die Beschlußfassung 
darüber, ob einer dieser Fälle eingetreten ist, liegt dem Provinziallandtage ob. Gegen 
seinen Beschluß findet innerhalb zwei Wochen die Klage beim Oberverwaltungsgerichte 
statt. Diese Klage hat keine aufschiebende Wirkung, jedoch dürfen bis zur Entscheidung des 
Oberverwaltungsgerichts Ersatzwahlen nicht stattfinden. Ist aber der dauernde oder zeit- 
weilige Verlust der Wählbarkeit eines Abgeordneten endgültig festgestellt, so ist für den- 
selben innerhalb der oben Seite 444 unter II angegebenen Fristen ein Ersatzmann zu 
bestellen, der stets nur so lange in Thätigkeit bleibt, als die Amtsperiode des Ausge- 
schiedenen dauert oder, falls dieser nur zeitweilig seine Wählbarkeit verloren hat, so 
lange bis das Ruhen der Wählbarkeit beendet ist.“ 
c) Die Versammlungen des Provinzial-(Kommunal-) Landtages. 
1. Der Provinziallandtag wird vom Könige mindestens alle zwei Jahre, außerdem 
aber so oft es die Geschäfte erfordern, in Hessen-Nassau dagegen, wo die Kommunal= 
landtage mindestens alle drei Jahre zu berufen sind, nur nach Bedürfnis berufen. Der 
  
1 Prov. O., 88§. 23, 24; hess.-nass., §§. 20, 
21. Daß dasjenige Mitglied, dessen Wahl 
Gegenstand der Beschlußfassung ist, bei der Be- 
schlußfassung sich der Abstimmung zu enthalten 
oder sich gar aus dem Lokale zu entfernen habe, 
ist im Gesetze nicht bestimmt, könnte aber zweck- 
mäßig durch die Geschäftsordnung vorgeschrieben 
werden. Die im Entw. der Prov. O., §. 29 
sich findende diesbezügliche allgemeine Bestim- 
mung: „Kein Mitglied darf in eigener Ange- 
legenheit an der Beratung und Abstimmung 
des Provinziallandtags teilnehmen“, wurde in 
der Kommission des Abgeordnetenhauses ge- 
strichen, weil man sie für überflüssig hielt und 
annahm, Ehr= und Anstandsgefühl böten hier 
enügende Garantien. Vgl. zum Text auch die 
mmm. 2—5 auf S. 392, deren Inhalt hier 
analog zur Anwendung kommt. 
: Der Einspruch kann immer erst * die 
stattgehabte Wahl erhoben werden. Vor der 
  
Wahl erhobene Proteste gegen die Vornahme 
derselben haben nicht die Bedeutung des Ein- 
spruches. O. V. G., XII. S. 1. 
* Dem Kreistage, welcher die Wahl vorge- 
nommen hat, steht gegen den dieselbe für un- 
gültig erklärenden Beschluß des Provinzialland- 
tages die Klage nicht zu. v. Brauchitsch, II, 
S. 210, Anm. 37; O. V. G., XVII, S. 1. 
Beklagter ist allein der Provinziallandtag 
(vgl. oben S. 393, Anm. 2 u. 3, u. v. Brau- 
chitsch, II, S. 210, Anm. 36), und dieser wird 
im Streitverfahren, sofern er nicht ein beson- 
deres Organ zur Vertretung seines Beschlusses 
eingesetzt hat, nicht durch den Vorsitzenden oder 
durch den Landesdirektor, sondern nach §. 58 
der Prov. O. durch den Provinzialausschuß 
vertreten. O. V. G., 1, S. 8. 
5 Prov. O., §. 21; hess. nass., §. 18. 
" v. Brauchitsch, II, S. 209, Anm. 32.
	        
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