Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; geschichtliche Entwickelung der Ortsgemeinden. (F. 10.) 39 
einstimmen; hatte diese doch auch für die Organisation der städtischen Verwaltung keine 
umfangreichen prinzipiellen Neuerungen eingeführt und konnte sie doch nur bezüglich der 
Landgemeinden als revolutionär bezeichnet werden. 
Für die später mit der preußischen Monarchie vereinigten Landesteile sind noch drei 
Städteordnungen erlassen, nämlich für Schleswig-Holstein unterm 14. April 1869, für 
Frankfurt a. M. unterm 25. März 1867 und für einige andere Städte im Regierungs- 
bezirk Wiesbaden unterm 8. Juni 1891; die Städte der übrigen neuerworbenen Gebiets- 
teile sind dagegen im Besitze ihrer alten Verfassungen belassen. In den beiden ehemaligen 
Herzogtümern Schleswig und Holstein hatten sich unter der dänischen Herrschaft die 
Gemeindeverfassungen sehr ungleich und nirgends zu solcher Freiheit wie in Preußen 
entwickelt.: In Schleswig gab es überhaupt keine allgemein gültige Städteverfassung; 
sie beruhte teils auf Lübischem Rechte, teils auf dem Jütischen Low, teils war sie in 
einem besonderen Stadtrechte aufgezeichnet, teils galt sie lediglich als Gewohnheitsrecht. 
In Holstein gab es zwar eine Städteordnung v. 11. Febr. 1854, allein diese übertrug 
noch dem Magistrat die Rechtspflege, betrachtete die Magistratsmitglieder in den wichtigsten 
Beziehungen als unmittelbare landesherrliche Beamten, stimmte auch bezüglich des Bürger- 
rechts, des Besteuerungswesens und der örtlichen Polizeiverwaltung nicht mit preußischen 
Grundsätzen überein und hätte daher mindestens einer weitgehenden Umarbeitung bedurft. 
Diese Umstände gaben die Veranlassung zum Erlaß des ebenerwähnten Gesetzes v. 
14. April 1869, welches für die beiden zu einem Regierungsbezirke vereinigten Gebiets- 
teile Schleswig und Holstein ein einheitliches Städterecht herstellte; es beruht auf der 
Städteordnung von 1853 und hat Abweichungen von dieser nur da angenommen, 
wo solche als Verbesserungen erschienen oder aus Rücksicht auf lokale Besonderheiten 
geboten waren. Dasselbe gilt von dem Gemeindeverfassungsgesetz für Frankfurt v. 
25. März 1867, welches die dem ehemals bundesstaatlichen Charakter dieser Stadt ent- 
sprechende alte Verfassung beseitigte, und in noch höherem Grade von der Städte- 
ordnung für den Regierungsbezirk Wiesbaden außer Frankfurt a. M., welche überhaupt 
keine nennenswerten materiellen Abweichungen von der östlichen aufweist. 
Die neuesten Reformbestrebungen auf dem Gebiete des Städterechtes wurden in den 
siebziger Jahren durch die Emanation der Kreisordnung und der Provinzialordnung für 
die östlichen Provinzen hervorgerufen. Erstere übertrug die Aufsicht über die Ange- 
legenheiten der Kreise und die Entscheidung ländlicher Verwaltungsstreitsachen neben den 
bisher ausschließlich dazu berufenen königlichen Behörden den Kreisausschüssen, letztere 
sprach von einer Mitwirkung der Bezirks= und Provinzialräte bei der Beaufsichtigung 
der Kreis= und Gemeindeangelegenheiten. Dazu kam noch das Gesetz, betreffend die 
Verfassung der Verwaltungsgerichte v. 3. Juli 1875, welches Vorschriften erlassen hatte, 
die unverkennbar darauf abzielten, daß den Bezirksverwaltungsgerichten und dem Ober- 
verwaltungsgerichte bald ein erweiterter Wirkungskreis durch Überweisung von öffentlich- 
rechtlichen Streitsachen zugeteilt werden sollte. Mit diesen Bestimmungen stand die 
Städteordnung von 1853 in Widerspruch, welche, entsprechend der bei ihrem Erlaß be- 
stehenden Organisation der Staatsbehörden, die Aufsichtsführung über die Stadtgemeinden 
und die Entscheidung in städtischen Verwaltungsstreitsachen unterschiedslos und ohne nähere 
Regelung des Verfahrens der Bezirksregierung, dem Oberpräsidenten und in höchster 
Instanz dem Minister des Innern übertrug. Die Regierung sah sich daher veranlaßt, 
diese Differenzen in der Gesetzgebung zu beseitigen und die Intentionen der neuen 
organischen Verwaltungsgesetze auch für die städtischen Kommunalangelegenheiten zur 
Geltung zu bringen. Sie glaubte jedoch, daß dies nicht durch eine Novelle, sondern 
nur durch eine weitgehende Umarbeitung der ganzen Städteordnung erreicht werden 
könnte, und legte demzufolge dem Landtage den Entwurf einer neuen Städteordnung 
v. 9. März 1876 vor.? Dieselbe sollte zunächst nur für die Provinzen Preußen, 
Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen erlassen werden, da sie in erster Linie 
eine Ergänzung der Kreis-, der Provinzialordnung und des Verwaltungsgerichtsgesetzes 
  
1 Über die ältere Kommunalverfassung der : Anlagen zu den stenogr. Berichten über 
Städte in Schleswig-Holstein vgl. Falks Hand= die Verhandlungen des Acdgeordnetenhauses 
kuch des Schleswig-Holsteinschen Priv.-Rechts,,1876, S. 637 ff.; ebendas., S. 650 ff., die Mo- 
II. S. 296 ff. tive zum Entw.
	        
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