Ortsgemeinden; das geltende Recht. (§. 14.) 59
speziellen Charakters deckt. Zunächst sollen die Quellen des geschriebenen allgemeinen
Gemeinderechts besprochen werden. Zu diesen gehören in erster Linie die Gemeinde-
verfassungsgesetze. Daneben kommen noch in Betracht zahlreiche königliche Verordnungen,
Ministerialerlasse (insbesondere Instruktionen zu den verschiedenen Gemeindegesetzen) und
Polizeivorschriften staatlicher Organe. Auch finden sich in der Reichsgesetzgebung, in
der Gewerbeordnung, im Freizügigkeitsgesetz u. s. w. zahlreiche Vorschriften, welche die
Gemeindeverfassung betreffen. Hier sind nur die verschiedenen Gemeindegesetze und gleich-
zeitig ihre Geltungsgebiete näher zu betrachten.
Zur Zeit stehen in Preußen nicht weniger als 23 Gemeindeverfassungsgesetze nebst
ihren Ergänzungsgesetzen in Kraft, von welchen zwölf der preußischen, die übrigen
älterer, nicht preußischer Gesetzgebung angehören. Sie zerfallen in drei Klassen, je
nachdem sie sich lediglich auf die Verfassung der Städte (Städteordnungen), oder lediglich
auf die Verfassung der Landgemeinden (Landgemeindeordnungen), oder gleichzeitig auf die
Verfassung beider Arten von Ortsgemeinden beziehen. Zur ersten Klasse gehören neun,
zur zweiten acht und zur dritten sechs Gemeindegesetze; die letzteren entstammen sämtlich
der älteren nichtpreußischen Gesetzgebung und gehören dem hessischen und hohen-
zollernschen Rechtskreise an.
Im Folgenden sollen nun die einzelnen Gemeindeverfassungsgesetze aufgezählt und
gleichzeitig die Geltungsgebiete derselben bestimmt werden. Der territoriale Umfang des
Geltungsbereiches des einzelnen Gemeindegesetzes bestimmt sich von selbst nach dem Ge-
biete, für welches es erlassen ist. Hier handelt es sich aber besonders noch darum, bei
denjenigen Gesetzen, welche nicht gleichzeitig für Stadt und Land gelten, festzustellen, auf
welche Gemeinden innerhalb ihres territorialen Geltungsgebietes sie Anwendung finden,
d. h. welche Gemeinden in ihrem Sinne als Stadt= oder Landgemeinden zu betrachten sind.
Bei dieser Erörterung scheint es im Interesse der UÜbersichtlichkeit zweckmäßig, nach den
einzelnen Provinzen vorzugehen. Es gelten:
1) In den Provinzen Ost= und Westpreußen, Posen, Schlesien, Branden-
burg, Sachsen und Pommern:
a) die Städteordnung v. 30. Mai 1853 (G. S., S. 261).1 Sie findet, abgesehen
von den neuvorpommerschen und rügischen Städten, auf alle diejenigen Städte dieser
sieben Provinzen Anwendung, welche 1853 auf dem Provinziallandtage im Stande der
Städte vertreten waren, oder in welchen bei Fehlen dieses Erfordernisses früher eine der
beiden Städteordnungen von 1808 und 1831 gegolten hat; in den übrigen Ortschaften,
für welche keine dieser Voraussetzungen zutrifft, in denen aber auch vor Erlaß der
folgen die Kommentare von Genzmer (Berlin
wissenschaftlichste wie im Hinblick auf das Ge-
« 1892); Halbey (Berlin 1892); Hahn (Berlin
setze= und Verordnungsmaterial vollständigste
Kommentar zu dieser St. O. ist der von
Ortel (2. Aufl., Liegnitz 1893). An ihn reihen
sich die Kommentare von Kotze (2. Aufl.,
Berlin 1883) und von Marcinowski und
Hoffmann (3. Aufl., Berlin 1890) (enthält
im Anhang die St. O. schlesw.-holst.); dann die
kleineren von Plagge (Berlin 1893); Steffen-
bagen (10. Aufl., Berlin 1890); Zander
(4. Aufl., Berlin 1892); Zelle (2. Aufl., Berlin
1888). Ferner sind kommentiert von: Haack
die St. O. w. u. rh. (Berlin 1891); Steffen-=
hagen die St. O. w., rh., bann., schlesw.=
bolst. (Berlin 1887—88); v. Detten die St. O.
u. L. G. O. w. (Paderborn 1888); Lindemann
die St. O. u. L. G. O. w. (Dortmund 1886);
v. Bohlen die St. O. rh. (Remscheid 1887).
Von den Landgemeindeordnungen kann nur die
neue L. G. O. ö. umfangreichere Kommentare
aufweisen. Die eingehendsten derselben sind der
von Freytag (Breslau 1892) und der von
Keil (Freiburg 1896) lletzterer erst während des
Druckes dieses Buches erschienen, konnte nur
noch bei der Korrektur berücksichtigt werden); dann
1891), und die kleinen Textausgaben des Ges.
mit kurzen Erläuterungen von Horn (Berlin
1891); Menzen (Hannover 1891); Zander
(Berlin 1892). Zur L. G. O. w. vgl. die ge-
nannten Kommentare von v. Detten und
Lindemann; zur L. G. O. rh. die Kommen-
tare von: Dasbach (Trier 1888); Massen
(Köln 1887); Harnisch (Düsseldorf 1890).
Für die in der Prov. Hessen-Nassau gelten-
den Gemeindegesetze kommen in Betracht: Alt-
haus, Gemeindeordnung für Kurhessen (Kassel
1878), und Bertram, Nassauische Gemeinde-
gesetzgebung (Wiesbaden 1887).
Eine Zusammenstellung des Textes der in
den Städten Preußens geitenden Gemeinde-
esetze (St. O. ö., w., rh., schlesw. holst., frkf.,
hann. Ges. f. Neuvorpommern u. Rügen. G.
kurh. u. G. G. nass.) enthält Backoffner, Die
Städteordnungen der preußischen Monarchie
(Berlin 1880).
1 Dazu erging eine Ausf. Instr. unterm
20. Juni 1853 (V. M. Bl., S. 138).