62 Zweiter Abschnitt. (8. 14.)
Der Übergang einer Stadt oder eines Fleckens zur Landgemeindeverfassung und
umgekehrt vollzieht sich auf Antrag der betreffenden Gemeinde nach Anhörung des Kreis-
tages und des Provinziallandtages durch königliche Berordnung. 1
5) In Hannover stehen in Kraft:
a) die revidierte Städteordnung für die Provinz Hannover v. 24. Juni 18538
(hann. G. S., S. 141). Sie gilt nach §. 4 in denjenigen Städten und Flecken,
welchen zur Zeit ihrer Emanation die selbständige Verwaltung der Landesangelegenheiten
zustand, sofern sie die erforderlichen Bedingungen erfüllen können, und kann unter gleicher
Voraussetzung auf die damals amtssässigen Städte mit mehr als 1500 Einwohnern
ausgedehnt werden. Auch Vorstädten mit mehr als 1500 Einwohnern kann, wenn ihre
Vereinigung mit der Stadt unmöglich ist, auf Antrag die städtische Verfassung verliehen
werden. Dasselbe gilt von Landgemeinden. Zu jedem Verfassungswechsel bedorf es
königlicher Genehmigung; «
b) das hannöversche „Gesetz, die Landgemeinden betreffend, v. 28. April 1859“
(hann. G. S., S. 393), welches zusammen mit dem hannsverschen Landesverfassungs-
gesetz v. G. Aug. 1840 (hann. G. S., S. 141) und den zu diesem ergangenen No-
vellen: die Verhältnisse der Landgemeinden in Hannover sowie derjenigen Städte und
Flecken regelt, welche nicht unter die hannsversche Städteordnung fallen. Für diese
Städte und Flecken können jedoch durch vom Kreisausschuß zu bestätigende Statuten ab-
weichende Bestimmungen getroffen , anderen Städten aber kann die Annahme der Land-
gemeindeverfassung durch königliche Verordnung gestattet werden.“
6) In der Provinz Hessen-Nassau gelten acht verschiedene Gemeinderechte, und
zwar sieben davon allein im Regierungsbezirke Wiesbaden. Es besteht hier ein so buntes
Durcheinander von Gemeindeverfassungen wie sonst nirgends in Preußen und, abgesehen
von Mecklenburg, wohl auch nirgends in Deutschland. Der Grund hierfür ist nicht in
inneren, politischen oder sozialen Verhältnissen dieser Landesteile zu suchen — diese sind
im allgemeinen die nämlichen —, sondern in der historischen Entstehung dieser Provinz.
Dieselbe ist gebildet worden aus den drei ehemals selbständigen Staaten Kurhessen,
Nassau und Frankfurt a. M., ferner aus Gebietsteilen Bayerns und endlich noch aus
Gebietsteilen des Großherzogthums Hessen, zu welch letzteren besonders auch das Gebiet
der 1866 dem Großherzogtume angefallenen Landgrafschaft Hessen-Homburg gehörte.
Der preußische Staat hat, wie bereits erwähnt, in die Gemeindeverhältnisse dieser
neuerworbenen Gebietsteile nur insofern eingegriffen, als er erlassen hat:
a) das Gemeindeverfassungsgesetz für Frankfurt a. M. v. 25. März 1867 (G. S.,
S. 401), welches nur für die Stadtgemeinde Frankfurt a. M. einschließlich Sachsen-
hausen, Bockenheim und deren Gemarkungen gilt , und
b) die Städteordnung für den Regierungsbezirk Wiesbaden v. 8. Juni 1891 (G. S.
S. 107), welche in, den Städten Wiesbaden, Biebrich-Mosbach, Homburg v. d. Höhe,
Ems, Hächst, Limburg, Oberlahnstein, Rövelheim, Diez, Oberursel, Rüdesheim, Dillen-
burg, Eltville, Hachenburg, Hadamar, Herborn, Idstein, Langenschwalbach, Montabaur,
Niederlahnstein, Weilburg, Braubach, Cronberg, Friedrichdorf, Geisenheim, Haiger, Hof-
heim, Königstein, Nassau und Usingen gilt und in den Städten Biedenkopf, Camberg,
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schlesw.-holst. und die neue L. G. O. erfahren
hat — und zwar zur leichteren Unterscheidung des
Neuen und Alten in dreierlei Art Druckschrift —
findet sich in v. Brauchitsch, Ergzbd. f. Schles-
wig-Holst., S. 138 ff.
L. G. O. schlesw.-holst., §. 1, Abs. 2.
2 Als Anhang zur L. G. O. hann. ist gleich-
zeitig mit ihr eine M. Bek. betr. die Regelung
der Verbältnisse der Landgemeinden erlassen
worden (bann. G. S., S. 409). Dieselbe ist
bei Brauchitsch, Ergänzungsband f. Hannover,
bearbeitet von v. Gostkowski (Berlin 1891),
abgedruckt, daselbst sind auch die einschlägigen
Vorschriften des bann. Landesverfassungsgesetzes
und seiner Novellen als Zusätze den betreffenden
Bestimmungen der L. G. O. angefügt.
2 L. G. O. hann., §§. 1, 2. M. Bek. zu der-
selben §§. 61— 63 und dazu Zust. G., §. 31.
St. O. hann., §. 4, Abf. 4.
* G. G. frkf., §. 1. Die ehemals kurhess.
Stadt Bockenbeim ist auf Grund eines zwischen
ihr und der Stadt Frankfurt unter dem 12. Febr.
1895 abgeschlossenen Vertrages letzterer durch
Ges. v. 31. März 1895 (G. S., S. 78; daselbft
auch der Vertrag) eingemeindet worden. Seit
dem 1. April 1895 gilt in ihr an Stelle der
G. O. kurh. das G. G. frkf.