Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Rechf. (F. 16.) 69 
rechtes befähigten Gemeindeglieder sich dafür erklärex, und die zum Gemeinderechte be- 
fähigten Gemeindeglieder der übrigen beteiligten Ortschaften gleichfalls mit ihrer Er- 
klärung gehört worden sind.½2 " 
Die Landgemeinde hört auf als solche zu existieren, wenn sie in einen Guts- 
bezirk umgewandelt, wenn sie mit der städtischen Verfassung beliehen und damit zu 
einer Stadtgemeinde erhoben, oder endlich wenn sie aufgelöst und damit überhaupt 
als Gemeinde zerstört wird. In allen drei Fällen ist eine königliche Verordnung er- 
forderlich. 
Die Umwandlung einer Landgemeinde in eine Stadt geschieht nur mit ihrem Willen 
und setzt einen Antrag derselben sowie die Erfüllung gewisser Formalitäten voraus.v 
Die Auflösung einer Gemeinde, welche besonders in der sstlichen und schleswig- 
holsteinschen Gemeindeordnung vorgesehen ist, hat von Amts wegen und wider Willen der 
Gemeinde zu erfolgen, wenn dieselbe außer stande ist, ihre öffentlich-rechtlichen Ver- 
pflichtungen zu erfüllen." 
Die Umwandlung einer Landgemeinde in einen Gutsbezirk wie auch die eines Guts- 
bezirkes in eine Landgemeinde erfolgt nach denselben Grundsätzen, nach welchen ganze 
Lanrgemeinden bezw. Gutsbezirke anderen inkommunalisiert werden. 
Sie sind bei den 
Bezirksveränderungen in §. 41, II, besonders unter 2 eingehend behandelt.5 
  
1 L. G. O. rh., §§. 1, 2 u. 6; Ges. v. 15. Mai 
1856. Art. 11. 
2 Ist die Eigenschaft eines Ortes als Land- 
gemeinde strittig, so wird es auf den Nachweis 
ankommen, daß der betr. Ortschaft durch den 
erforderlichen Staatshoheitsakt (Genehmigung 
des Königs, des Oberpräsidenten) diese Eigen- 
schaft beigeleggt ist. Dieser Nachweis wird aber 
nur von Landgemeinden erbracht werden dürfen, 
welche nach Emanation der Gesetze, die den 
betr. Staatsakt fordern, existent geworden sind. 
Behauptet eine Ortschaft, schon bei Inkrafttreten 
des betr. Gesetzes als Landgemeinde bestanden 
zu haben und durch das Gesetz nicht beseitigt 
zu sein, so ist zu untersuchen, ob sie in dem 
edachten Zeitpunkte nach den damaligen 
gchtsbegriffen als Landgemeinde existkierte. 
Diese waren in den einzelnen Rechtsgebieten 
verschiedene. Im Gebiete des A. L. R. kann 
schon seit Emanation desselben keine Landge- 
meinde mehr ohne königl. Genehmigung entstehen. 
Nach §. 25, Tl. II, Tit. 6 desselben bedarf es 
zur Erlangung der Rechte der Korporationen 
und Gemeinen der staatlichen Genehmigung, 
zu deren Erteilung nach unserer Gesetzgebung 
mangels besonderer Delegation nur der Landes- 
berr befugt ist. Gleichzeitig hat das A. L. R. 
in F. 18, Tl. II, Tit. 7, den rechtlichen Be- 
stand der z. Z. seiner Emanation bereits vor- 
bandenen Dorfgemeinden, welche nach ihm aus 
der Gesamtheit der bäuerlichen Besitzer der in 
einer Feldmark gelegenen bäuerlichen Grund- 
stücke bestehen, anerkannt und ihnen in §. 19 
eod. allgemein die Rechte der öffentlichen 
Korporationen beigelegt. Das Erfordernis 
einer ausdrücklichen Verleihung dieser Rechte läßt 
sich daher für diese vorlandrechtlichen Land- 
gemeinden nicht rechtfertigen, es genügt viel- 
mehr, wie bereits das O. V. G. entschieden 
  
hat, der Nachweis des vorlandrechtlichen Be- 
stehens ihrer Feldmark als einer bäuerlichen 
mit bäuerlichen Besitzern. O. V. G., VII, S. 
201 u. IX, S. 91. In der Rheinprovinz wird 
es zum Beweise der rechtlichen Existenz als 
Landgemeinde genügen, wenn eine Ortschaft 
nachweist, daß sie z. Z. der Emanation der G. 
O. einen eigenen Haushalt für Kommunalbe- 
dürfnisse hatte (G. O. rh., 98. 1 u. 2), in 
Kurhessen, wenn sie nachweist, daß sie bereits 
1834 einen Marktflecken oder einen Dorfver- 
band bildete. (G. O. kurh., §S. 4). 
* Bgl. L. G. O. z., schlesw. = holst., dazu 
Ausf. Anw., II, 7; L. G. O. w. und St. O. rh., 
§. 1, Kr. O. rh., §. 21, Abs. 2. Die formellen 
Voraussetzungen, von deren Erfüllung die Be- 
leihung mit der St. O. abhängt, sind nach den 
einzelnen G. Ordugn. verschieden: Anhörung 
des Kreistages, des Provinziallandtages, quali- 
fizierter Gemeindebeschluß. Bei den Beratungen 
der L. G. O. ö. führte der Min. d. J. auf eine 
Anfrage in der Komm. des A. H. aus, daß 
materielle Bedingungen für die Annahme der 
St. O. nicht beständen, sondern daß der bisber 
maßgebende §. 17 des Ges. v. 17. April 1856 
nur formelle Voraussetzungen aufstelle und 
außerdem die Allerh. Genehmigung erfordere. 
Bei Einholung der Genehmigung werde, wenn 
es sich um Annahme der St. O. für eine Land- 
gemeinde handle, geprüft, ob letztere fähig sei, 
die den Städten obliegenden Lasten zu tragen, 
und ihre Umwandlung in eine Stadt zweck- 
mäßig erscheine. Diese Ausführungen haben 
allgemeine Bedeutung. Freytag, Komm., 
S. 78, Anm. 3. 
* L. G. O. ö. u. schlesw. holst., §. 2, Z. 2. 
Ausf. Anw. II, 2. 
5 L. G. O. ö. u. schlesw.-bolst., §. 2, Z. 3, 
letzter Satz.
	        
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