Full text: Die Reichsregierung.

Die zweite Kategorie von Stellvertretern, die das Gesetz ein- 
führt, bilden die Spezialstellvertreter des Kanzler. Für diese 
hatte der Bundesrat an dem preußischen Entwurfe einschneidende 
Abänderungen vorgenommen, Einschränkungen in persönlicher 
und sachlicher Beziehung. Vor allem kann ein solcher Spezial- 
stellvertreter nicht für jeden Amtszweig bestellt werden, sondern 
nur „für diejenigen einzelnen Amtszweige, welche sich in der 
eigenen und unmittelbaren Verwaltung des Reiches befinden“, 
Es können daher nur für Reichsverwaltungsbehörden, nicht 
für richterliche und verwaltungsrichterliche Behörden, nicht für 
den Rechnungshof des Deutschen Reichs Stellvertreter ernannt 
werden )). 
Durch Beschränkung der Stellvertretung auf die in eigener 
und unmittelbarer Verwaltung des Reichs?) befindlichen Amts- 
zweige, also für diejenigen Materien, für welche dem Reiche 
eine vollziehende Gewalt im eigentlichen Sinne des Wortes zu- 
steht), wollte man verhindern, daß die Aufsichtsbefugnisse des 
Reichs durch einen Stellvertreter des Kanzlers wahrgenommen 
würden. Man wünschte seitens der Regierungen der einzelnen 
Staaten, daß diese Aufsichtsbefugnisse nicht bloß von dem mehr 
technischen Standpunkte eines Chefs eines einzelnen Ressorts 
gehandhabt würden, sondern von einem allgemeinen höheren 
politischen Standpunkte aus, der die Erhaltung gedeihlicher 
Verhältnisse unter den einzelnen Bundesstaaten sich zum Ziel 
setzt‘). 
1) Auch nicht für die Reichsschuldenkommission, die Reichsschuldenverwaltung 
Bezüglich des Reichsbankdirektoriums besteht die Möglichkeit. 
2) Ueber die zur Spezialstellvertretung geeigneten Amtszweige vgl. Joäl, a.a. O 
S. 768 ff. 
3) Vgl. Hänel, Deutsches Staatsrecht, Leipzig 1892, Teil I, S. 324 ff. übe 
die eigene und unmittelbare Verwaltung des Reichs. 
4) So der sächsische Bundesratsbevollmächtigte v. Nostiz - Wallwitz (Sten 
Ber., S. 391).
	        
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