Full text: Sächsisches Realienbuch enthaltend Geschichte, Erdkunde, Naturgeschichte, Physik, Chemie und Mineralogie

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wohl mit aufgehobenem Krückstocke. Trotzdem ließ der Kronprinz heimlich den 
Flötenspieler Quanz aus Dresden kommen und sich von ihm Unterricht erteilen. 
Eines Abends, als die beiden so gemütlich beisammen waren, hörten sie plötzlich 
den Tritt des Königs. Schnell sprang Quanz in ein Versteck; Flöte und Noten wurden 
beiseite gebracht, und Friedrich legte in aller Eile die Uniform an. Der Vater merkte 
dennoch, was geschehen war, warf Schlafrock und Haarbeutel ins Feuer und konnte 
des Scheltens kein Ende finden. Immer strenger wurde von jetzt an der Kronprinz 
bewacht, und nicht selten bekam er den Krückstock zu fühlen. „Fritz ist ein Quer- 
pfeifer und Poet,“ sagte der König zornig, „er wird mir meine ganze Arbeit ver- 
derben.“ 
3. Flucht. Zu dieser harten Behandlung kam noch, daß ihn der König wider 
seinen Willen verheiraten wollte. Das brachte in dem Kronprinzen den Entschluß 
zur Reife, heimlich über Frankreich nach England zu entfliehen. Im Sommer 
1730 machte der König eine Reise nach Süddeutschland; der Kronprinz begleitete 
ihn. Vom Rhein aus wollte er die Flucht ausführen, und zwei seiner Freunde, 
Keith und Katte, sollten ihm dabei behilflich sein. Aber ein aufgefangener Brief 
an den Leutnant Katte hatte den Plan verraten. Friedrich wurde zurückgehalten. 
Der König verbarg zunächst seinen Zorn; erst in Preußen wollte er über den „feigen 
Deserteur“ Gericht halten. In Wesel fand das erste Verhör statt; der König war 
außer sich vor Zorn und zog den Degen, um Friedrich zu durchbohren. Der General 
von Mosel aber warf sich dazwischen und sagte: „Durchbohren Sie mich, aber schonen 
Sie Ihres Sohnes.“ Von hier wurde der Kronprinz auf die Festung Küstrin 
gebracht; ein Kriegsgericht sollte ihn zum Tode verurteilen. 
4. Im Gefängnis. In Küstrin saß Friedrich in einer kleinen Zelle; die Tür 
zu derselben war durch zwei große Vorhängeschlösser versichert und durfte täglich 
nur dreimal geöffnet werden. Der Kronprinz erhielt weder Messer noch Gabel 
zum Essen; auch Tinte und Feder wurden ihm vorenthalten. Anfangs hatte er weder 
Licht noch Bett; keiner von seinen Wärtern sollte ein Wort mit ihm sprechen. Nur 
der Gefängnisprediger durfte mit ihm verkehren, und das einzige Buch, das ihm 
zum Lesen gegeben wurde, war die Bibel. Als sein Freund Katte enthauptet wurde, 
ergriff ihn furchtbarer Schmerz. Sein Gemüt war tief erschüttert, und reumütig 
bat er seinen Vater um Verzeihung. Darauf milderte der König die strenge Haft 
und ließ ihn von jetzt an in der Domänenkammer schriftliche Arbeiten anfertigen. 
Auch sollte er sich hier fleißig um den Landbau und die Viehzucht bekümmern, um 
kennen zu lernen, „wie schwer es dem Bauer falle, so viel Groschen zu erarbeiten, 
als zu einem Taler gehören“. 
5. Bersöhnung. Nach Ablauf eines Jahres, am Hochzeitstage seiner Schwester 
Wilhelmine, ließ ihn der König nach Berlin kommen und führte ihn seiner Mutter 
mit den Worten zu: „Da hast du deinen Fritz wieder!“ Nun wies ihm der König 
Schloß Rheinsberg als Wohnsitz an und gab ihm ein Regiment, das in Ruppin 
stand. Mit Eifer gab sich jetzt der Kronprinz den soldatischen Ubungen hin und suchte 
seinem Vater in jeder Beziehung Freude zu machen. Bald erkannte dieser die großen 
Fähigkeiten und den militärischen Geist seines Sohnes. „O mein Gott!“ rief er 
vor seinem Ende aus, „ich sterbe zufrieden, da ich einen so würdigen Sohn zum 
Nachfolger habe.“ Hier in Rheinsberg umgab sich der Kronprinz mit einem Kreise 
von Gelehrten und Künstlern, in deren Gesellschaft er seine Neigung zu Kunst und 
Geschichte für sechsische Schulen. 7
	        
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