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und das liederliche Wesen der Soldaten hervorgerufen wurde. Ihren höchsten
Grad erreichte aber die Not, als das Wetter umschlug und Mangel an Lebensmitteln
sich einstellte. Im Dezember stieg die Kälte bis auf 35 Grad, und hoher Schnee
bedeckte Weg und Steg. Die Soldaten hatten kein Brot und verzehrten die gefallenen
Pferde mit Heißhunger. Ihre Schuhe und Stiefel waren zerrissen; die Füße wurden
mit Lumpen umwickelt; viele hinkten oder gingen auf Krücken. Ganze Haufen
lagen am Morgen tot um die erloschenen Wachtfeuer. Tag und Nacht umschwärmten
Kosaken die Fliehenden, und Tausende fielen in ihre Hände.
Das Schrecklichste auf dem Rückzuge war der Ubergang über die Beresing. Mit vieler
Mühe baute man zwei Brücken über den Fluß, aber mit langsam konnte die Menschenmenge
binüber. Da, am dritten Tage, erschienen die Russen mit Kanonen und beschossen die Brücken.
Nun stürzte alles, was noch auf jener Seite war, auf die Brücken zu. Es entstand ein furcht-
bares Gedränge. Plötzlich brach die eine Brücke. Die Soldaten hinten wußten nichts davon
und drängten die vorderen mit Gewalt in den Fluß hinein. Als man das Unglück entdeckte,
stürzte der Menschenschwarm sich auf die andere Brücke. Wagen, Pferde und Menschen lagen
hier über= und untereinander. Die nachfolgenden Truppen kletterten über die am Boden
liegenden hinweg, und Tausende stürzten in den Fluß. Als Napoleon mit dem Hauptheer
hinüber war, wurde die Brücke abgebrochen. Wer noch drüben war, fiel den Russen in
die Hände. «
Von der Großen Armee erreichten nur etwa 30000 Mann, halb erfroren und
verhungert, die polnische Grenze.
6. York. Als der General Vork, der mit dem preußischen Hilfsheere in den
Ostseeprovinzen stand, die Nachricht von, dem schmählichen Ende des französischen
Hauptheeres erfuhr, erfüllte Freude seine Brust. Nur mit Widerwillen hatte er
für die Sache der Franzosen gekämpft. Jetzt hielt es ihn nicht länger. Am
30. Dezember 1812 trat er mit dem russischen General Diebitsch in Unterhandlungen,
die damit endeten, daß York sich von den Franzosen trennte. Seine Offiziere jubelten
ihm zu. Er zeigte dem König von Preußen seinen Entschluß an und schrieb dabei:
„Ew. Majestät lege ich willig meinen Kopf zu Füßen, wenn ich gefehlt haben sollte.
Ich würde mit der freudigen Beruhigung sterben, wenigstens nicht als treuer Untertan
und wahrer Preuße gefehlt zu haben.“ Als der König diesen Brief empfing, soll
er ausgerufen haben: „Da möchte einen ja der Schlag treffen!“ Vork wurde seines
Kommandos entsetzt. Der Adjutant aber, der ihm diesen Befehl überbringen sollte,
wurde von den Russen aufgefangen und festgehalten, und so blieb York auf seinem
Posten. — Der König verlegte bald darauf seine Residenz nach Breslau.
7. Die Befreiungskriege.
1. Erhebung. Jetzt schien die Zeit gekommen, das Joch Frankreichs abzu-
schütteln; das fühlte jeder. In Ostpreußen begann die Erhebung, die Stein und
Bork leiteten. Die Provinz, obwobl ganz#ich verarm# brachke das größte Opfer,
das je ein deutsches Land gebracht hate sie rüstete auf eigene Kosten 30000 Mann
aus. Auch der König faßte Mut und erklärte, nachdem er sich mit Rußland ver-
bündet hatte, 1813 an Frankreich den Krieg. Am 17. März erließ er von Breslau 1813
aus den Aufruf: „An mein Volk!“ und von allen Seiten strömte alt und jung,
reich und arm herbei. Sie wollten das Vaterland retten oder mit Ehren unter-
gehen. „Das Volk steht auf. Der Sturm bricht los.“ Die Studenten verließen
die Lehrsäle, die Gesellen die Werkstätten. Jünglinge, die kaum dem Knabenalter
entwachsen waren, und Männer, die sich bereits dem Greisenalter näherten, eilten
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