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oft bis an die Achse in den lehmigen Boden ein. Gegen 2 Uhr stiegen in östlicher
Richtung kleine Rauchwölkchen auf. Der Kronprinz war da. Um 3 Uhr hatte die
Garde den Schlüssel der feindlichen Stellung, die Höhe von Chlum, erstürmt. Alle
weiteren Anstrengungen der Osterreicher waren vergeblich. Sie mußten sich in
trostloser Verfassung zurückziehen. Nur die Sachsen unter Kronprinz Albert,
die auf dem linken Flügel (bei Problus) der Elbarmee erfolgreich widerstanden
hatten, gingen in guter Ordnung zurück und deckten den Rückzug der fliehenden
Osterreicher.
Der König war den ganzen Tag im Sattel und teilte alle Anstrengungen und Gefahren
mit seinen Truppen. Als er dem feindlichen Granatfeuer zu nahe kam, bat ihn Bismarck
bringend, sich nicht so großer Gefahr auszusetzen. „Ich kann doch nicht davonreiten, wenn meine
brave Armee im Feuer steht!“ war die Antwort des Königs. Am Abend traf er den Kron-
prinzen auf dem Schlachtfelde und schmückte ihn mit dem Verdienstorden. An die Königin
sandte er folgenden Drahtbericht: „Einen vollständigen Sieg über die österreichische Armee
haben wir heute in einer achtstündigen Schlacht erfochten. Ich preise Gott für seine Gnade.
Der Gouverneur soll Viktoria schießen.“ Nun ging es gerade auf Wien los. Bald war das
Heer nur noch 20 km davon entfernt; die Wiener konnten vom Stephansturme schon die preu-
LKischen Wachtfeuer sehen.
4. Langensalza. Während so der Hauptschlag gegen Österreich in Böhmen geführt
wurde, entbrannte gleichzeitig ein Krieg im Westen Deutschlands. Bald nach erfolgter Kriegs-
erklärung rückte der blinde König Georg von Hannover mit seiner Armee nach Süden, um sich
mit den Bayern und Württembergern zu vereinigen. General Fließ wurde ihm entgegen-
geschickt, um ihn aufzuhalten. Es kam zu einem Gefecht bei Langensalza (27. Juni), worin
9000 Preußen gegen 18000 Hannoveraner kämpften. Die Hannoveraner siegten; dennoch
mußten sie sich am folgenden Tage ergeben, da sie von allen Seiten von einem nachfolgenden
preußischen Heere eingeschlossen wurden. Die hannöverschen Soldaten entließ man in die
Heimat; der König Georg aber begab sich nach Wien.
5. Mainfeldzug. Gegen die Bayern, Württemberger, Badener und Hessen rückte
Vogel von Falkenstein mit einer Armee heran. Er besiegte die Bayern bei Kissingen
und besetzte dann die alte Bundesstadt Frankfurt, später auch Nassau und Oberhessen. Als
er darauf nach Böhmen gerufen wurde, um dort Gouverneur über das eroberte Land zu werden,
übernahm General von Manteuffel den Oberbefehl und besiegte die süddeutschen Truppen
in heißen Gefechten.
6. Friede. Jetzt sah sich der Kaiser von Osterreich genötigt, um Waffenstill-
stand zu bitten. Dieser wurde ihm im Vorfrieden zu Nikolsburg gewährt. Am
23. August kam der Friede zu Prag zustande. Darin wurde festgesetzt, daß
Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt a. M.
an Preußen fallen sollten. Osterreich mußte aus dem Deutschen Bunde aus-
scheiden. Die andern besiegten Staaten, darunter auch Sachsen, hatten nur eine
Kriegskostenentschädigung zu zahlen.
7. Der Norddeutsche Bund. Preußen errichtete nun unter seiner Führung
den Norddeutschen Bund, dem alle Staaten nördlich des Mains beitraten.
König Johann von Sachsen erklärte beim Eintritt Sachsens in den neuen Bund:
„Mit derselben Treue, mit welcher ich zum alten Bunde gestanden, werde ich zur
neuen Verbindung halten.“
Die zu dem Bunde gehörenden Fürsten und freien Städte waren durch Gesandte
im Bundesrat vertreten und das Volk durch seine gewählten Abgeordneten im
Reichstage. Bundesrat und Reichstag berieten die Gesetze. Die Regierungs-
geschäfte leitete der Bundeskanzler Graf Bismarck. Heer, Flotte, sowie Zoll-,
Post- und Telegraphenwesen waren gemeinsame Angelegenheiten des Bundes.