fullscreen: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

— 229 — 
Bevor er den Sitzungssaal verließ, ging er noch auf den bahgyerischen 
Regierungsrat Herrmann zu und reichte diesem, der sich tief verbeugte, die Hand. 
Welche Bedeutung Bismarck der von Hamburg aufgeworfenen Verfassungs- 
frage beilegte, geht daraus hervor, daß er am darauffolgenden Tage in seiner 
Eigenschaft als preußischer Minister der auswärtigen Angelegenheiten nach- 
stehende Note an die preußischen Gesandten bei den deutschen Bundesstaaten 
richtete. 
Berlin, den 6. Mai 1880. 
„Auf Eurer 2c. gefälligen Bericht V9r. vom . . d. M. erwidere ich 
ergebenst, daß die hamburgische Frage inzwischen in den vereinigten Zoll= und 
Handelsausschüssen gestern ausführlich erörtert und infolgedessen der einstimmige 
Beschluß beider Ausschüsse gefaßt wurde, dem Bundesrat über die technische 
Seite der Anträge Preußens und Hamburgs Bericht zu erstatten, ohne die 
verfassungsrechtliche Frage zur Entscheidung zu stellen. Zu dieser Entscheidung 
hat, wie ich glaube, insbesondere die Erwägung Anlaß gegeben, daß Ent- 
scheidungen über zweifelhafte Auslegungen der Reichsverfassung Schwierigkeiten 
und Bedenken darbieten; die preußische und die hamburgische Auslegung des 
Art. 34 der Verfassung stehen sich entgegen und schließen einander aus. Ent- 
scheidet sich die Mehrheit der Stimmen im Bundesrat für die preußische Aus- 
legung, so wird Hamburg die Verfassung zu seinem Nachteil für verletzt halten; 
gewinnt dagegen die hamburgische Meinung die Mehrheit, so wird Preußen die 
Ueberzeugung haben, daß diese Entscheidung gegen die Verfassung und gegen die 
derselben zu Grunde liegenden Verträge laufe. Da diese Schwierigkeiten sich 
bei jedem Streit über Interpretationen der Verfassung wiederholen, so bin ich 
seit Einrichtung des Bundesrats mit Erfolg bemüht gewesen, zu verhüten, daß 
Fragen der Art zur Entscheidung gestellt werden, und ich werde auch in dem 
vorliegenden Falle in demselben Sinne jede Gefährdung der Eintracht unter 
den Bundesregierungen abzuwenden suchen. 
Als Vertreter Preußens habe ich die Pflicht, die Rechte Preußens im Bunde 
zu wahren und für die Interessen derjenigen preußischen Unterthanen einzutreten, 
welche durch die gegenwärtige Gestaltung des hamburgischen Freihafenbezirks 
geschädigt und im Genuß der ihnen auf Grund der nationalen Einigung 
Deutschlands und des Artikels 33 der Verfassung zustehenden Rechte beein- 
trächtigt werden. Als Reichskanzler aber liegt mir die Pflicht ob, die ver- 
fassungsmäßigen Rechte des Bundesrats wahrzunehmen und die Gesamtheit der 
verbündeten Regierungen in der Ausübung derselben zu vertreten, sowohl gegen 
die Wirkung partikularistischer Bestrebungen und Sympathien der Einzelstaaten 
wie gegen die zentralistische Neigung, verfassungsmäßige Rechte des Bundesrats 
zu Gunsten des Reichstags zu verkürzen. 
Im Namen Preußens verlangt die Königliche Regierung die Ausscheidung
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.