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findet sich zwischen Fruchtknoten und Narbe noch der Griffel oder Staubweg.
Bei der Tulpe fehlt er. Die Narbe sitzt unmittelbar auf dem großen dreiseitigen
Fruchtknoten. Auf der Narbe befindet sich eine klebrige Flüssigkeit, die den
Blütenstaub festhält, wenn er von den Insekten dorthin gebracht wird. Jedes
Staubkorn treibt einen Schlauch, der in den Fruchtknoten hineinwächst. Hier
stehen viele Samenanlagen. An eine von ihnen legt sich der Schlauch an und
gibt ihr ein winziges Tröpfchen von seinem Safte. Dadurch wird. die Samen-
anlage angeregt, sich zum Samen zu entwickeln. (S. 7.) Der Duft der
Tulpenblüte ist sehr schwach. Sie hat ihn auch nicht nötig, da ihre Farben für
die Insekten weithin leuchten.
FSelbstbestäubung und Fremdbestäubung (Kreuzung).
Man nimmt gewöhnlich an, daß der Blütenstaub auf die Narbe derselben
Blüte fällt und so die Befruchtung bewirkt. (Selbstbestäubung.) Allein dies ist
häufig nicht der Fall. Bei den meisten Pflanzen findet eine Befruchtung nur
dann statt, wenn der Blütenstaub auf die Narbe einer anderen Blüte gelangt.
Diese Art der Befruchtung heißt Fremdbestäubung (Kreuzung). Sie wird ent-
weder vom Winde, von den Insekten oder auch künstlich (vom Gärtner) besorgt.
Auch zwischen zwei ungleichen Arten, z. B. zwischen rankenden und nicht
rankenden Bohnen, kann eine Kreuzung stattfinden. Durch die Kreuzung werden
nicht bloß kräftigere Pflanzen, sondern auch farbenreichere Blüten erzeugt. Das
Stiefmütterchen unserer Gärten ist dafür der beste Beweis. Bis zum Jahre
1810 war es in seiner jetzigen Pracht unbekannt, es wuchs nur auf dem Felde.
Da erwählte es eine junge Engländerin zu ihrer Lieblingsblume und verpflanzte
es in ihren Garten. Ihr Gärtner nahm sich des Blümchens an, und durch
Pflege des Bodens und durch Kreuzung gelang es ihm bald, die prächtigsten
Arten zu gewinnen.
8. Zierpflanzen.
Tulpe, Krokus, Goldlack u. v. a. Pflanzen dienen dem Garten zur Zierde
und werden daher Zierpflanzen genannt. Viele Zierpflanzen, wie z. B. Fuchsien,
Pelargonien und Kallagewächse werden nur in Töpfen gezogen und dann meist
als Stubenpflanzen gehalten. Bei diesen hat man besonders darauf zu achten,
daß sie — je nach den Arten — nicht zu viel und nicht zu wenig Sonne er-
halten. Fuchsien lieben z. B. den Halbschatten, Geranien die Sonne. Zur
Topferde eignet sich für die meisten Pflanzen ein Gemisch von Mistbeeterde (aus
verwestem Pferdedünger mit etwas Erde bestehend), Lauberde und Heideerde.
Zum Begießen nimmt man am besten Regenwasser, in dem man zuweilen
etwas „Blumendünger“ auflöst; dieser ist ein Gemisch von mehreren Salzen.
Einige Zierpflanzen lassen sich leicht durch Stecklinge oder Senker vermehren.
Schneidet man z. B. im Mai oder August einen kleinen Zweig von einer
Fuchsie oder einer Pelargonie ab und steckt ihn in einen Topf mit Erde, so
schlägt er — namentlich wenn er mit einer Glasglocke überdeckt wird (S. 68)
— bald Wurzeln. Auch auf folgende Weise kann man die Pflanze durch Senker
vermehren: Man schneidet den Zweig einer Nelke im Gartenbeete dicht unter-
halb eines Stengelknotens zur Hälfte ein und biegt ihn um. Dann hakt man