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recht. Denn erstens müssen die jungen Leinpflanzen recht viel Feuchtigkeit haben
und können daher die Sonnenstrahlen nicht gut vertragen. Stehen sie recht dicht
beieinander, so schützen sie sich gegenseitig und lassen die Sonnenstrahlen nicht
bis auf den Boden gelangen. Zweitens aber bleiben die Stengel dicht stehender
Leinpflanzen dünner als die Stengel weniger dicht stehender. Je dünner aber
der Stengel ist, desto biegsamer und feiner ist der Bast.
2. Stengel, Blätter und Frucht. Das Leinpflänzchen hat besonders durch
den Stengel eine hohe Bedeutung erlangt. Schlank und glatt schießt er empor,
ohne Kanten, ohne verdickte Knoten. In seinem Innern bildet sich allmählich
ein holziger Körper. Dieser ist ringsum von feinen, 2—4 em langen Bastfasern
umgeben, die eine bedeutende Zähigkeit besitzen. Sie sind es, die uns den Flachs
so wert machen. In der himmelblauen Blüte und der schützenden Fruchtkapsel
tritt uns überall die Fünfzahl entgegen. (Offne eine Kapsel! Wieviel Samen-
fächer?) Als der beste Leinsame gilt der von Riga. Aus dem Samen wird auf
der Olmühle Leinöl gepreßt. Es dient als Speiseöl, als Heilmittel auf Brand-
wunden und zur Bereitung von Firnis. Die Rückstände beim Olschlagen geben
als Leinkuchen ein gutes Viehfutter.
75. Schmarotzer.
Wenn wir im Sommer ein Flachs-, Klee= oder Luzernenfeld besuchen, so
können wir nicht selten beobachten, daß einzelne der dort angebauten Pflanzen
von einem fadenartigen Gewächse umschlungen sind. Dieses Gewächs ist ent-
"„ weder die Klee- oder die Flachsseide. Beide sind sehr
gefährliche Feinde der genannten Futterkräuter und des
Flachses. Im Volksmunde führen sie auch den Namen
„Teufelszwirn"“. Bei den Futterkräutern kommt nur die
Kleeseide vor, beim Flachse auch die Flachsseide. Ihr Keim
dringt unten nur wenig in die Erde. Oben verlängert er
sich fadenförmig und klammert sich an eine Pflanze, z. B.
an einen Leinstengel. Bald dringen an der Berührungsstelle
Saugwurzeln aus ihm hervor. Diese durchbohren die Rinde
des Leinstengels und saugen ihm die Nahrung aus. Unten
stirbt die Seide ab. Pflanzen, die ihre Nahrung anderen
bpPrflanzen entziehen, nennt man Schmarotzer. Zu ihnen
Junge Mistel. gehört auch die Mistel, die z. B. auf Pappeln und Obst-
bäumen wächst und selbst im Winter, wenn ihr Wirt kahl
dasteht, weitergrünt. Auch Klappertopf, Wachtelweizen und Augentrost (S. 35)
treiben ein schmarotzerartiges Leben. Ganz besonders aber gehören hierher viele Pilze.
Pflanzen, die von verwesenden Stoffen leben, heißen Fäulnisbewohner.
Zu ihnen zählen auch viele große und kleine Pilze, z. B. die Schimmelpilze und
die eßbaren und giftigen „Schwämme'“.
Jö. Die Kartoffel.
1. Geschichtliches. Schon vor der Entdeckung Amerikas wurde die Kar-
toffel in den für Mais zu kalten Gegenden Perus angebaut und bald nachher
über Mexiko nach Nordamerika verbreitet. Spanier brachten sie nach Europa;