Full text: Sächsisches Realienbuch enthaltend Geschichte, Erdkunde, Naturgeschichte, Physik, Chemie und Mineralogie

– 139 — III 
büsch legt er sich auf die Lauer. Endlich knackt es im Gezweige — eine Anti- 
lopenherde kommt zur Tränke. Leise schleicht sich der Räuber heran. Ist er 
nahe genug, dann stürzt er auf seine Beute zu, packt und zerreißt sie. Daß er 
sich immer erst in einer bestimmt abgemessenen Entfernung, etwa von 10—12 
Schritten, niederducke und sich dann in einem ungeheuren Sprunge auf sein 
Opfer werfe, ist eine irrige Meinung. Menschen greift er nur dann an, wenn er 
hungrig ist oder von ihnen gereizt wird; auch gibt es besondere „Mannesser“. 
4. Überfall in der Hürde. Nicht selten zieht der Löwe mit den Nomaden 
auf die Steppen, um aus den Hürden seine Beute zu fordern. Eine solche 
Hürde besteht aus einer 3 m hohen Umzäunung von stachelichten Gewächsen. 
„Alles ist still und ruht in der Hürde. Dunkel senkt sich die Nacht herab. 
Urplötzlich scheint die Erde zu erdröhnen; in nächster Nähe brüllt der Löwe. 
Die Rinder rotten sich mit lautem Angstgestöhn zu wirren Haufen zusammen, 
und die mutigen Hunde heulen kläglich und flüchten sich in den Schutz ihres 
Herrn. Plötzlich, mit gewaltigem Satze, überspringt der Mächtige die Dornen- 
mauer und tötet durch einen einzigen Schlag seiner furchtbaren Pranken ein 
zweijähriges Rind. Dumpfgrollend liegt der Räuber auf seiner Beute. Mit dem 
Schwanze peitscht er die Lust. Einen Augenblick läßt er seine Beute los, faßt 
sie dann mit dem zermalmenden Gebisse von neuem und springt mit dem Rinde 
im Rachen über die stachelichte, 3 m hohe Umzäunung davon.“ 
151. Der Ciger. 
1. Körperbau. Der Tiger gehört wie der Löwe zu den Katzenarten. Er 
kommt dem Löwen etwa an Stärke und Größe gleich, doch ist er viel blut- 
dürstiger und unersättlicher. Der langgestreckte Körper ist ungemein geschmeidig 
und zum Schleichen, Springen und Schwimmen gleich geschickt. Sein Fell zeigt 
auf rotgelber Grundfarbe dunkle Querstreifen. Es ähnelt in der Farbe den 
Dschungeln Indiens, den Wohnstätten des Tigers, so sehr, daß selbst geübte 
Jäger dicht vor ihnen stehende Tiger dort nicht erkannt haben. 
2. Nahrung. Der Tiger streift auch am Tage umher. Seine eigentliche 
Jagdzeit beginnt aber erst in der Dämmerung. Dann legt er sich an Tränke- 
plätzen, Landstraßen und Waldwegen auf die Lauer, um Tiere und Menschen zu 
überfallen. Auf Bäume klettert er nicht, höchstens auf ganz schräg stehende. 
Wo er einmal einen guten Fang gemacht hat, da stellt er sich gern wieder ein. 
Daher bezeichnen auch die Inder solche Unglücksstätten mit einer Stange, woran 
oben ein rotes Stück Tuch als Warnungszeichen hängt. 
3. Frechheit. Wenn der Tiger Hunger hat, so ist er im höchsten Grade frech 
und scheut keine Gefahr. Dann springt er zuweilen plötzlich zwischen einen Trupp 
Reisender und ergreift einen von ihnen. Auch dringt er wohl selbst am hellen 
Tage in ein Dorf ein und holt einen Menschen aus der Hütte heraus. So wurden 
einmal aus einem indischen Dorfe innerhalb zweier Jahre 80 Menschen geraubt. 
Anderwärts sehen ihn die Bewohner als Feldkatze an und hegen keine Furcht vor ihm. 
152. Der gemeine Bär. 
1. Sein plumpes Aussehen. Der Bär ist ein gar plumper Gesell. Sein 
zottiger, brauner Pelz macht ihn noch dicker, als er wirklich ist. Plump erscheint
	        
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