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b) Etwas später entstehen am Boden des Fläschchens größere Blasen. Sie
bestehen aus Wasserdampf (luftförmig gewordenem Wasser). Sobald diese
Dampfblasen beim Emporsteigen in die obere, kältere Wasserschicht gelangen,
zergehen sie wieder und verursachen dadurch das sogenannte Singen des
Wassers.
e) Endlich aber, wenn das Wasser bis auf + 100° C erhitzt ist, steigen
fortwährend Dampfblasen auf, die bis an die Oberfläche gelangen und das
Wasser in wallende Bewegung versetzen. Jetzt kocht oder siedet es. Das
Thermometer steigt in dem siedenden Wasser trotz der hinzukommenden Wärme
nicht über 100° C hinaus, sondern bleibt hier stehen, bis alles Wasser ver-
dampft ist. Die neu hinzukommende Wärme wird nämlich zur Dampfbildung
verbraucht. Beim Sieden wird Wärme verbraucht, d. h. sie geht für das
Gefühl verloren und ist durch das Thermometer nicht mehr nachweisbar.
d) Der Wasserdampf steigt in die Höhe. Er ist also leichter als die Luft.
Unmittelbar über dem siedenden Wasser im Kochfläschchen können wir den
Wasserdampf nicht sehen. Etwas höher dagegen wird er sichtbar. Hier hat er
sich nämlich unter den Siedepunkt abgekühlt. Er verdichtet sich dann zu äußerst
feinen Tröpfchen und erscheint als weißgrauer Dunst. (Hauch im Winter.)
Ein über das siedende Wasser gehaltenes kaltes Glas wird feucht: Durch Ab-
kühlung wird Wasserdampf wieder zu Wasser verdichtet. Daher die
Tropfenbildung unter dem Topfdeckel. Wodurch entsteht das Schwitzen der
Fenster? das Beschlagen eines kalten Trinkglases im warmen Zimmer?
59. Dampfdruck. Wir füllen in ein Kochfläschchen mit langem und gleich-
mäßig weitem Halse oder in ein Reagenzglas Wasser und schieben einen ge-
ölten, gut passenden Kolben in den Hals; auf den Kolben gießen wir noch eine
Schicht Ol, damit er besser schließt. Wir bringen das Wasser zum Kochen.
Der Dampf treibt den Kolben in die Höhe. Kühlen wir jetzt das Fläschchen
mit kaltem Wasser ab, so verdichtet sich der Dampf wieder zu Wasser, und der
Luftdruck bewegt den Kolben abwärts. Der Wasserdampf hat das Bestreben,
sich auszudehnen, und übt daher auf den Kolben einen Druck aus. Infolge
dieses Bestrebens besitzt der Wasserdampf eine gewisse Kraft, die wir Spannkraft
nennen. Der Wasserdampf hat, wie alle luftförmigen Körper, Spann-
kraft. Aus 1 7 Wasser lassen sich 1700 7 Wasserdampf herstellen. Fehlt dem
Wasserdampfe der nötige Raum, sich auszudehnen, so erlangt er, wenn ihm
immer mehr Wärme zugeführt wird, allmählich eine solche Spannkraft, daß er
die stärksten Fesseln gewaltsam zerreißt.
60. Die Dampfmaschine. (Fig. 26.) a) Nachdem man erst die ungeheure
Kraft des Wasserdampfes kennen gelernt hatte, suchte man sie sich dienstbar zu
machen und setzte durch sie große Maschinen in Bewegung. 1699 erfand ein
Engländer die erste Dampfmaschine; sie wurde von James Watt 1763 so be-
deutend verbessert, daß er gewöhnlich der Erfinder genannt wird. Um das
Jahr 1814 erfand man auch noch den Dampfwagen oder die Lokomotive, die
uns in einer Stunde 40 bis 80 km weit fortführt.
b) Der Hauptteil des Dampfwagens ist der Dampfkessel, der von dem
Feuerraume (s. Abb.: F) bis zur Rauchkammer (E) reicht. Er ist mit Wasser
gefüllt und von mehr als 100 Heizröhren durchzogen. In diese schlägt die