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97. Gute und schlechte Leiter. Befestige an einem seidenen Faden in einer
Entfernung von 15—20 cm voneinander zwei Holundermarkkugeln, ebenso zwei
andere an einem Drahte oder leinenen Faden. Jedes dieser Kugelpaare hänge
an einem seidenen Faden auf. Berühre die eine der beiden Kugeln am Drahte
mit einer geriebenen Siegellackstange, nähere der zweiten ein Wollflöckchen,
so wird dieses von der zweiten Kugel angezogen. Es zeigt sich also auch die
zweite Kugel am Drahte elektrisch. Machen wir dagegen diesen Versuch bei
einer der Kugeln, die durch den Seidenfaden verbunden sind, so bleibt die
zweite unelektrisch. Der Draht hat also die Elektrizität weitergeleitet, der Seiden-
faden nicht. Bei einigen Körpern verbreitet sich die Elektrizität auf
der Oberfläche schnell von einem Teilchen zum anderen, bei anderen
nicht. Wir unterscheiden demnach gute und schlechte Leiter. Gute
Leiter sind: Metalle, Leinen, Baumwolle, Kohle, Kork, Holundermark, Wasser,
überhaupt alle feuchten Körper. Schlechte Leiter sind: Glas, Harz, Schwefel,
Seide, Haare u. dgl. Will man daher Elektrizität in einem Körper ansammeln
oder festhalten, so muß man ihn mit Nichtleitern (Isolatoren) versehen. Gewöhnlich
nimmt man dazu Glassäulen oder, wie auf Telegraphenstangen, Porzellanglocken.
98. Elektroskop und elektrische Verteilung. Elektroskop (Fig. 43): In eine
weite Glasflasche führt durch den Kork ein Messingdraht. An seinem unteren
Ende hängen zwei gleichlange Streifen aus Goldschaum; der
Draht endigt oben in eine Messingkugel. Man nähert der
Kugel des Elektroskops eine geriebene Kautschukstange. Die
Goldblättchen spreizen; sie sind also elektrisch. Entfernt man
den Stab, so werden sie wieder unelektrisch. Nur während
der Nähe des elektrischen Stabes war das Elektroskop geladen.
Dasselbe geschieht, wenn man die eine Kugel des Entladers
(5 100b) an die Elektroskopkugel legt und dem andern Ende
des Entladers den geriebenen Stab nähert. Führt man dann
aber den Stab und den Messingdraht, ohne deren gegen-
seitige Lage zu ändern, von dem Elektroskop weg, so bleibt
es geladen. Bringt man dann den Hartgummistab in seine
Nähe, so vergrößert sich der Ausschlag; also ist das Elektroskop negativ geladen.
Berührt man es mit dem Messingdraht, so wird es entladen; mithin war dieser
positiv geladen. In dem ganzen Leiter ist die Elektrizität nur durch die Nähe
eines elektrischen Körpers, also ohne Mitteilung erregt worden. Auch wurden
dadurch „beide Arten von Elektrizität“ erzeugt, und zwar wird das dem negativ
elektrischen Stab nahe Ende positiv, das entfernte negativ. Der negativ
elektrische Stab stößt die negative Elektrizität im Leiter ab; dadurch entsteht in
der Nähe des Stabes im Leiter Mangel (positiv); man sagt dann, „beide
Elektrizitäten“ seien von Natur in jedem Körper, höben sich aber in ihrer
Wirkung gegenseitig auf. Durch die Nähe eines elektrischen Körpers würden sie
in einem Leiter getrennt. Man nennt dieses Trennen in freie Elektrizität und
in Mangel an solcher elektrische Verteilung.
99. Der Elektrophor, d. h. Elektrizitätsträger, ist geeignet, eine geringe
Menge Elektrizität zu erzeugen, zugleich aber, sie längere Zeit aufzubewahren.