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Er besteht aus dem sogenannten Kuchen, der auf einem Teller liegt, und dem
Deckel. Der Kuchen wird von Hartgummi oder einer Harzmasse gebildet, der
Teller von einer Blechplatte oder einem mit Stanniol (dünn gewalztem Zinn)
überzogenen Brette, der Deckel von einer runden Blechscheibe oder einer eben—
falls mit Stanniol überzogenen Pappscheibe. Zum Handgriffe des Deckels dient
ein Nichtleiter, z. B. ein Stab aus Hartgummi. Erwärmt man den Kuchen
mäßig und schlägt ihn alsdann mit einem Fuchsschwanze, so wird er auf seiner
Oberfläche stark negativ elektrisch. Bedeckt man hierauf den Kuchen mit dem
Deckel, so werden die beiden im Deckel befindlichen Elektrizitäten voneinander
geschieden. Die positive Elektrizität des Deckels wird von der negativen Elek-
trizität des Kuchens gebunden, d. h. an der den Kuchen berührenden
Seite des Deckels festgehalten, die negative Elektrizität des Deckels dagegen
wird frei und sammelt sich an der anderen Seite des Deckels. Berührt
man den Deckel mit dem Finger, so entweicht die negative Elektrizität durch
den Körper in den Erdboden. Jetzt ist also der Deckel nur mit positiver
Elektrizität geladen. Hebt man ihn auf, so wird diese frei und springt als
Funke in einen Leiter, den man in seine unmittelbare Nähe bringt, z. B. in
die Fingerknöchel.
100. Leydener Flasche. a) Die Leydener Flasche (Fig. 43) dient zur An-
sammlung größerer Mengen von Elektrizität. Sie besteht aus einem Zylinder-
glase, das auf der Innen= und Außenseite mit Stanniol belegt ist, jedoch so,
daß der obere Teil 5—6 em hoch frei bleibt. Auf dem Halse des Glases sitzt
ein gefirnißter Holzdeckel, durch den ein Draht geht. Der Draht ist am oberen
Ende mit einem Knopfe versehen und trägt am unteren Ende eine Kette oder
Metallplatte, die die innere Belegung der Flasche berührt.
b) Um die Flasche zu laden, bedient man sich des Elektrophors oder der
Elektrisiermaschine. Will man die Flasche mit dem Elektrophor laden, so setzt
man sie auf einen mit der Erde verbundenen Leiter, nähert den mit positiver
Elektrizität geladenen Deckel dem Knopfe der Flasche und läßt positive Elektrizität
in ihn überspringen. Indem man dieses Verfahren mehrmals wiederholt, kann
man an der inneren Belegung der Flasche eine bedeutende Menge positiver
Elektrizität ansammeln. Diese wirkt dann durch das Glas hindurch verteilend auf
beide Elektrizitäten des äußeren Stanniols, zieht die negative an, die positive
aber stößt sie ab. Da durch Berührung der äußeren Belegung mit der Hand
die positive Elektrizität in den Erdboden geleitet wird, so erhalten wir zuletzt
auf der äußeren Belegung nur negative Elektrizität, während sich auf der inneren
positive angesammelt hat. Sobald man nun mit der einen Hand die äußere
Belegung, mit der anderen aber den Knopf berührt, können sich die beiden
Elektrizitäten vereinigen, indem sie ihren Weg durch den menschlichen Körper
nehmen. Man empfindet dabei eine heftige Nervenerschütterung, den elektrischen
Schlag. Statt einer Person können auch mehrere Personen die leitende Ver-
bindung herstellen, wenn sie sich anfassen und die erste die äußere Belegung
berührt, die letzte aber den Finger dem Knopf nähert. Mittels des Ausladers,
eines an einem Glasgriffe befestigten, halbkreisförmig gebogenen Drahtes, dessen
Enden mit Kugeln versehen sind, läßt sich die Flasche entladen, ohne daß man
einen Schlag bekommt.
Realienbuch A. (IV. Naturlehre) 13 4